Europaminister Oliver Schenk zu Diskussionsveranstaltung »EU-Strukturfondsförderung nach 2020 – Perspektiven und Erwartungen des Handwerks« in Brüssel
Am 23. Mai 2018 diskutierten auf einer gut besuchten gemeinsamen Veranstaltung der Sächsischen Staatskanzlei und des sächsischen Handwerks in Brüssel der Chef der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten des Freistaates Sachsen Oliver Schenk, der Präsident der Handwerkskammer Chemnitz Frank Wagner, der Direktor der Generaldirektion für Regionalpolitik und Stadtentwicklung der Europäischen Kommission Erich Unterwurzacher und die sächsische Europaabgeordnete Constanze Krehl (S&D) über die Bedeutung der EU-Strukturförderung nach 2020 im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR).
Direktor Unterwurzacher bekannte sich eindeutig dazu, allen Regionen weiterhin europäische Strukturfondsmittel zukommen zu lassen, auch wenn der Fördermitteltopf schon allein wegen des Brexit in geringem Umfang gekürzt werden müsse. Sachsen setzt sich schon lange gemeinsam mit den anderen Bundesländern und vielen anderen europäischen Regionen für eine langfristige Fortsetzung der EU-Kohäsionspolitik ein.
Staatsminister Schenk machte deutlich, dass sich die Statik der EU verändert habe. Die Union stehe vor neuen Herausforderungen. Insofern passe der Leitspruch des Handwerks »Die Zukunft ist eine Baustelle«. Das »Haus Europa« müsse auf der Grundlage gemeinsamer Werte und Ziele moderner gestaltet werden. Bei dieser Umgestaltung könne gerade das sächsische Handwerk besondere Erfahrungen einbringen. Der Minister äußerte sich nicht nur kritisch zu der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Kürzung der Strukturfondsmittel im MFR, sondern forderte auch mehr Flexibilität und eine deutliche Vereinfachung bei der Verwaltung der einzelnen Förderprogramme. Die Erhöhung der Ausgaben für Forschung und Innovation nannte er hingegen ein gutes Signal. Der Freistaat sei ein wichtiger Innovationstreiber.
Handwerkskammerpräsident Wagner betonte ebenfalls die Bedeutung der EU-Strukturpolitik für das sächsische Handwerk. Die europäischen Fördermittel ermöglichten die Weiterentwicklung der besonderen Potenziale des sächsischen Handwerks. Gerade durch den ESF würden u. a. die duale Berufsausbildung gestärkt, die Integration von Migranten gefördert und Wissen für neue Technologien geschaffen.
Constanze Krehl, sächsisches Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP), bemängelte deutlich die unzureichende Vergleichbarkeit der nun von der Kommission vorgelegten Zahlen für den MFR. Sie kritisierte vor allem, dass die Kürzungen im Bereich der Kohäsionspolitik tatsächlich wesentlich höher seien als von der Kommission angegeben. Beim EFRE gehe sie von einer Kürzung von 10 % und bei der ländlichen Entwicklung von 27 % aus. Auch im EFS stünden durch die Einbeziehung der Integration von Flüchtlingen künftig weniger Mittel zur Verfügung. Weiter forderte Krehl mehr Investitionen der EU. Im Übrigen dürfe die Kohäsionspolitik keine Strukturreformen finanzieren.
Mit Blick auf den von der Kommission angestrebten Abschluss der Verhandlungen über den nächsten MFR noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament Ende Mai 2019 zeigte sich Krehl wenig optimistisch. Das Parlament wolle auf jeden Fall zügig arbeiten. Sie werde gemeinsam mit dem bulgarischen EVP-Abgeordneten Andrey Novakov die Berichterstattung für die Allgemeine Strukturfonds-Verordnung übernehmen.
Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden, Dr. Andreas Brzezinski, schloss die Veranstaltung mit dem eindringlichen Appell, bei der künftigen Strukturfondsförderung Brüche zu vermeiden.