02.05.2018

Mitglieder der Fachkommission für Wirtschaftspolitik (ECON) des Europäischen Ausschusses der Regionen in Dresden

Raum mit Menschen, am Rednerpult spricht ein Mann.
© Sächsische Staatskanzlei

Auf Einladung des Vizepräsidenten des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR), Heinz Lehmann, MdL, und des Freistaates Sachsen, konnten sich AdR-Mitglieder aus ganz Europa einen Einblick über die sächsischen Anstrengungen zur Modernisierung der sächsischen Industrie, insbesondere in den Bereichen Mikroelektronik, E-Mobilität, Materialeffizienz/Ressourcentechnologien und fortgeschrittene Fertigung verschaffen.

»Den Wandel gestalten - auf dem Weg zu einer ganzheitlichen Industriestrategie« lautete der Titel des zweitägigen Seminars im Dresdner Kongresszentrum. Anlass war die von Heinz Lehmann im AdR vorgestellte Stellungnahme »Eine europäische Industriestrategie: Rolle und Perspektive der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften«.

Der Sächsische Chef der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Oliver Schenk, zeichnete die Entwicklung Sachsens als innovative Region, in der der Erfindergeist zuhause ist, vom Meißner Porzellan über die Uhren in Glashütte zur heutigen Automobilproduktion von VW, BMW und Porsche nach. Insbesondere die Entwicklung in der Mikroelektronik sei ein Vorbild für den Strukturwandel.

Mark Nicklas, Referatsleiter für Innovationspolitik und Wachstumsinvestitionen in der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU der Europäischen Kommission, vertrat die Position, dass neue Technologien und damit einhergehend neue Geschäftsmodelle entwickelt werden müssten, um die Innovationslücken zu schließen. Innovationslücken machte er auf drei Ebenen aus: global (im Vergleich zu den USA oder Südkorea, China hole auf), innerhalb Europas zwischen den unterschiedlich entwickelten Mitgliedstaaten und innerhalb der Mitgliedstaaten zwischen den Regionen. Auf allen Ebenen müssten Anstrengungen unternommen werden, die Lücken zu schließen. Wichtig sei auch die Weiterentwicklung der Schlüsseltechnologien (key enabling technologies/KETs), die nach dem Vorschlag einer hochrangigen Gruppe um die künstliche Intelligenz erweitert werden müssen.

Prof. Markus Reuter, Direktor des Helmholtz-Instituts für Ressourcentechnologie Freiberg, setzte sich vehement für mehr Transparenz in der Kreislaufwirtschaft ein: der Rohstoffverbrauch müsse reduziert werden, um weiterhin auf hohem Niveau produzieren zu können. Voraussetzung dafür sei, dass alle Materialien, die in einem Produkt verbaut würden, auch deklariert werden. Dies sei Bedingung für eine gelingende Kreislaufwirtschaft. Reuter zeigte, welche Metalle, aber auch nichtmetallische Elemente seltener zu finden sind. Er verwies auf das europäische Horizont 2020-Projekt MIREU, an dem Sachsen beteiligt ist, dabei geht es unter anderem um die richtigen Rahmenbedingungen für Rohstoffe.

Prof. Dr. Gerhard Fettweis vom Vodafone Lehrstuhl der Technischen Universität Dresden hatte eine komplett andere Perspektive. Für Fettweis ist es essentiell, dass die Infrastruktur für die 5-G-Technologie mit Perspektive zu 6-G lokal verankert ist. Mit über Satelliten verbundenen Rechnern in den USA lasse sich autonomes Fahren in Dresden nicht realisieren, weil die Übertragungsrate aufgrund der großen Entfernung zu langsam sei. Funktionierendes autonomes Fahren würde mehr Verkehr zulassen und deshalb vertrat er die bei vielen Zuhörern auf Skepsis stoßende These, dass mit den neuen Technologien mehr und nicht weniger Autos auf Deutschlands Straßen fahren würden.

In der nachfolgenden Podiumsdiskussion diskutierten Industrie-, Regional- und Gewerkschaftsvertreter die Auswirkungen der neuen Technogien. Moderiert wurde das Podium von der Wirtschaftsministerin der Provinz Südholland, Jeannette Baljeu.

Zunächst wurden die wichtigsten Herausforderungen beschrieben, mit denen die europäische Wirtschaft konfrontiert ist.

Insbesondere Heinz-Martin Esser, Vorsitzender des Verwaltungsrates von Silicon Saxony, beschwor die chinesische Konkurrenz herauf. China würde extrem aggressiv vorgehen und sich derzeit entweder die europäischen Patente oder gleich die gesamten Unternehmen kaufen.

Neben dieser Gefahr wurde der Fachkräftemangel als eines der größten Probleme beschrieben. Der Gewerkschaftsvertreter Peter Scherrer konstatierte zum einen dramatische regionale Unterschiede in Europa, aber auch große Unterschiede zwischen der älteren und jüngeren Generation. Die Älteren dürften nicht von der Digitalisierung ausgeschlossen werden, es müsse grundsätzlich mehr in die Aus- und Fortbildung von Mitarbeitern investiert werden. Dies gelte für ganz Europa.

Am zweiten Tag des Seminars konnten sich die Teilnehmer in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen in Dresden von der Produktion des e-Golfs ein Bild machen und bei Infineon über Sachsen als bedeutenden Mikroelektronik-Standort informieren.

Mit der Veranstaltung ist es gelungen, Sachsen als Region zu präsentieren, die sich dem industriellen Wandel stellt und Konzepte bereithält, Menschen und Unternehmen für das Zeitalter von Industrie 4.0 fit zu machen.

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