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Arbeit und Soziales

Zwei Frauen arbeiten am Computer © Stockfoto

Infolge des Vorschlages der Europäischen Kommission vom 09.12.2021 über neue Regelungen zur Plattformarbeit wurde die mit dem Europäischen Parlament erarbeitete Einigung über die Richtlinie der Plattformarbeit am 11.03.2024 vom Rat überraschend angenommen – und sorgte sogar für spontanen Applaus in der Sitzung.

(AA) Am Ende hatte niemand mehr mit einer Einigung gerechnet, dennoch konnte nach langwierigen Verhandlungen mit der Zustimmung von 25 Mitgliedstaaten eine breite qualifizierte Mehrheit innerhalb des EPSCO-Rates erreicht werden. Unerwartet stimmten auch Estland und Griechenland der Richtlinie zu, welche sie zuvor noch blockiert hatten. Lediglich Deutschland, vertreten durch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, und Frankreich enthielten sich der Stimme. Aus persönlicher Sicht äußerte sich Hubertus Heil aber durchaus positiv zum diskutierten Thema des Kompromisstextes.

Bestandteile der Richtlinie sind insbesondere Regelungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Präzisierung der Nutzung von Algorithmen mittels digitaler Arbeitsplattformen. Zum ersten Mal wird in der EU festgelegt, wie künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz eingesetzt wird.

In der EU sind bereits mehr als 28 Millionen Plattformarbeiterinnen und Plattformarbeiter tätig. In den kommenden Jahren wird mit einem stetigen Wachstum gerechnet. Diese Arbeitsform bietet zahlreiche Vorteile, hat allerdings auch Schattenseiten:

Umstritten ist vor allem die Scheinselbständigkeit, die es zu vermeiden gilt. Damit einher geht die Festlegung einer gesetzlichen Vermutung anhand der EU-Rechtsprechung und geltender Kriterien innerhalb der Mitgliedstaaten. Sie soll unter Einhaltung des Arbeitsrechts als effektive Verfahrenserleichterung dienen und dazu beitragen, den rechtmäßigen Beschäftigungsstatus nach dem geltenden nationalen Recht zu ermitteln.

Bei der gesetzlichen Vermutung handelt es sich um kein automatisiertes Verfahren. Sie tritt nur ein, sofern bestimmte Tatsachen auf eine Überprüfung des Beschäftigungsstatus hindeuten. Im nationalen Recht bestehen für die Mitgliedstaaten gewisse Mindestanforderungen, aber dennoch ist eine Umsetzungsflexibilität im Kompromissvorschlag vorgesehen. Genau diese Umsetzungsflexibilität hat am Ende wohl die Einigung und somit einen politischen Erfolg in letzter Sekunde ermöglicht. Der Preis dafür ist allerdings, dass die Richtlinie keinen wirklichen rechtlichen Harmonisierungseffekt erzeugen wird: die Spanne der nationalen Umsetzungswege wird sehr breit ausfallen.

Während Spanien bereits angekündigt hat, dass jegliche Plattformarbeit grundsätzlich als Angestelltenverhältnis eingestuft werden wird und eine Selbständigkeit in diesem Bereich somit zur Ausnahme werden wird, dürfte die Regelung in Frankreich vermutlich selbst eine Scheinselbständigkeit weiterhin denkbar erscheinen lassen.

Es ist eine Frist von zwei Jahren vorgesehen, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die EU-Kommission wird in dieser Zeit ein Monitoring durchführen. Ebenso erhalten die Mitgliedstaaten Handreichungen sowie Leitlinien für die Umsetzung neuer Regelungen.

(AA) Am 16.02.2024 stimmte der Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rates über den Kompromisstext ab, der unter der belgischen Ratspräsidentschaft in den Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zum Richtlinienvorschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit erarbeitet worden war. Infolge der Enthaltung von Frankreich und Deutschland sowie der Ablehnung durch weitere Mitgliedstaaten lag im Ergebnis eine Sperrminorität gegen die Bestätigung des Kompromisstextes vor.

Wesentlicher Streitpunkt zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU war die Frage der Scheinselbständigkeit von Menschen in der Plattformarbeit. Im Kompromissvorschlag wurde deshalb auf einheitliche Kriterien und Indikatoren als Vorgaben auf EU-Ebene verzichtet. Vielmehr sollte es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, auf nationaler Ebene Vermutungsregeln hinsichtlich eines Arbeitnehmerstatus einzuführen.

Der Kompromisstext sah vor, dass nationale Vermutungsregeln dann greifen sollten, wenn das Plattformunternehmen Kontrolle und Aufsicht über die Arbeit der auf der Plattform tätigen Personen ausübt und dies im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung, Tarifrecht und nationaler wie europäischer Rechtsprechung steht. Entsprechend der bisherigen Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofes sollte den Mitgliedstaaten ein Ermessensspielraum bei der Anwendung der Vermutungsregel eingeräumt werden. Gleichzeitig war eine Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Europäischer Kommission vorgesehen, bei der ein Austausch von Informationen und bewährten Verfahren verpflichtend sein sollte.

Vor dem Hintergrund des stetigen Anstiegs von Praktika als Einstiegshilfe für junge Menschen ins Arbeitsleben legt der Europäische Rechnungshof eine EU-weit erhobene Analyse des Arbeitsmarktinstruments »Praktikum« mit einem Betrachtungszeitraum von 10 Jahren (2013-2023) vor.

(AA) Praktika sind im heutigen, beginnenden Berufsalltag junger Menschen mittlerweile Standard, wie eine umfassende Analyse des Europäischen Rechnungshofes zeigt. So gaben 2023 78 Prozent aller befragten Jugendlichen in der EU an, mindestens ein Praktikum abgeleistet zu haben, 2013 waren es noch 46 Prozent.

Diese Entwicklung war Grund genug für den Europäischen Rechnungshof, dieses Phänomen näher zu betrachten. Da Eurostat hierzu keine Daten sammelt, machten sich die Autoren/innen der Analyse selbst auf die Suche und fragten bei den unterschiedlichen Europäischen Institutionen und am Arbeitsmarkt nach. Ziel der Analyse sollte sein, den Trend der Anzahl, die Definition des Begriffs »Praktikum« sowie die Zuweisung und Verwendung von EU-Mitteln für Praktika zu erfassen.

Herausgekommen ist eine Analyse von 62 Seiten Umfang, die einen europaweiten Trend zu mehr Praktika ebenso auflistet wie die stetig steigende Bedeutung von Praktika als Mittel zum Berufseinstieg (fast 65 Prozent der Jugendlichen, die Praktika ableisten, geben dies als hilfreich oder sehr hilfreich für ihren Berufseinstieg an). Gleichzeitig wird klar, wie unterschiedlich Praktika in den Mitgliedstaaten definiert sind und wie weit der Unterschied bei der Frage der Vergütung ist. Während Deutschland Spitzenreiter beim prozentualen Anteil von Praktika ist (rund 90 Prozent aller Jugendlichen haben ein Praktikum oder mehr absolviert), ist es gleichzeitig Schlusslicht bei der Vergütung: weniger als 40 Prozent der Praktika in Deutschland werden vergütet, in Polen sind es rund 85 Prozent – Spitzenplatz.

Nicht nur aufgrund dieser fundierten Vorarbeit des Rechnungshofes, sondern vor allem aufgrund der wachsenden Bedeutung bei gleichzeitiger europaweiter Diskrepanz in Definition und Anwendung, rechnet der Europäische Rechnungshof damit, dass die Empfehlungen zu Praktika 2024, vielleicht sogar seitens der Europäischen Kommission aktualisiert werden.

(CL) Die Europäische Kommission hat am 12.10.2022 beschlossen, dem Rat der EU und dem Europäischem Parlament vorzuschlagen, das Jahr 2023 zum »Europäischen Jahr der Kompetenzen« (»European Year of Skills«) zu machen. Ziel ist dabei unter anderem eine Sensibilisierung für das Thema Kompetenzen sowie mehr Investitionen in die Aus- und Weiterbildung, in den Erwerb von arbeitsmarktrelevanten Kompetenzen sowie in die Anwerbung von Drittstaatsangehörigen.

In Zeiten des Fachkräftemangels stehen die Kenntnisse der Arbeitnehmer/innen besonders im Mittelpunkt. Laut EU-Kommission klagen mehr als drei Viertel der Unternehmen in der EU über Schwierigkeiten bei der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften. Die Mitgliedstaaten sollen eine/n nationale/n Koordinator/in für das Europäische Jahr der Kompetenzen benennen, um für eine Abstimmung der Aktivitäten auf nationaler Ebene zu sorgen.

(CL) Die Europäische Kommission hat im September Vorschläge für gemeinsame Mindesteinkommensregelungen vorgelegt, die diese EU-weit vergleichbar machen und gewisse Standards einhalten sollen. Hierzu wurde ein Vorschlag für eine Empfehlung des Rates der EU sowie eine Mitteilung veröffentlicht.

Mindesteinkommensleistungen sind Zahlungen an Haushalte, um die Lücke zu einem bestimmten Einkommensniveau zu überbrücken, damit diese ihre Rechnungen bezahlen und ein Leben in Würde führen können. Sie sind von Mindestlöhnen zu unterscheiden.

Die Vorschläge beziehen sich auf Methoden zur Festlegung der Einkommensunterstützung und sehen deren jährliche Überprüfung und erforderlichenfalls Anpassung vor. Auch sollen Entscheidungen über Anträge auf Mindesteinkommen innerhalb von 30 Tagen nach deren Einreichung – inkl. der Möglichkeit einer Überprüfung der Entscheidung – ergehen. Vor dem Hintergrund der jüngsten (sozioökonomischen) Krisen soll es außerdem künftig möglich sein, beispielsweise durch das Einräumen von mehr Flexibilität in Bezug auf die Anspruchsberechtigung Arbeitnehmer/innen in schwierigen Zeiten besser zu unterstützen. Des Weiteren sollen Mitgliedstaaten individuelle Bedarfsanalysen durchführen, um bestehende Hindernisse bezüglich sozialer Inklusion zu ermitteln sowie ihre Überwindung zu ermöglichen.

(CL) Das EU-Parlament hat am 14.09.2022 einem zuvor im Juni 2022 im Trilog gefundenen Kompromiss über die Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der EU zugestimmt. Demnach sind für die Festlegung des Mindestlohnes auch künftig die Mitgliedstaaten zuständig. Sie müssen dabei jedoch sicherstellen, dass Arbeitskräften ein »menschenwürdiges Leben« ermöglicht wird. Bei der Berechnung sind Faktoren wie Lebenshaltungskosten und das allgemeine Lohnniveau zu berücksichtigen. Dies kann über einen festzulegenden »Waren- und Dienstleistungskorb« erfolgen oder durch seine Festsetzung auf 60 Prozent des Bruttomedianlohns und 50 Prozent des Bruttodurchschnittslohns.

Die höchsten Mindestlöhne gibt es EU-weit in Luxemburg, Irland und Deutschland, die niedrigsten in Bulgarien, Lettland und Estland. In 21 der 27 EU-Staaten, darunter Deutschland, gibt es gesetzliche Mindestlöhne. Die abschließende Zustimmung des Rates der EU wird für diesen Monat erwartet.

(GH/Praktikantin Clarissa Witschorkäwitsch) Der Europäische Gerichtshof (EuGH) befasste sich in einem Vorabentscheidungsverfahren (C-411/20) über die Auslegung von § 62 Abs. 1 a Einkommensteuergesetz (EStG) zum Bezug von Kindergeld. Zugrunde liegt ein Rechtsstreit vor dem Finanzgericht Bremen, wonach einer Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaates von der Familienkasse Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit (BfA) Kindergeldleistungen mit der Begründung abgelehnt wurden, die Klägerin halte sich während der ersten drei Monate ohne wirtschaftliche Betätigung in Deutschland auf.

Das Finanzgericht Bremen will wissen, ob es sich bei Kindergeld um eine Sozialleistung handelt, bei der eine unterschiedliche Behandlung von in Deutschland ansässigen Bezugsberechtigten und EU-Bürgern ohne Aufenthaltstitel in den ersten drei Monaten grundsätzlich möglich ist, oder ob der Bezug von Kindergeld als Familienleistung anzusehen sei, für die nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz das Diskriminierungsverbot gilt.

Der EuGH entschied am 01.08.2022, dass ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedsstaates auch dann Anspruch auf Kindergeld hat, wenn er sich innerhalb der ersten drei Monate in Deutschland aufhält, ohne dass er einer wirtschaftlichen Betätigung nachgegangen ist.

(CL) Das EU-Parlament und der Rat haben sich auf der Grundlage eines Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission vom Oktober 2020 am 07.06.2022 darauf verständigt, dass Mitgliedstaaten, in denen die tarifvertragliche Abdeckung weniger als 80 Prozent beträgt, künftig einen Aktionsplan zur Förderung von Tarifverhandlungen erstellen sollen.

Mitgliedstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen müssen zudem einen Rahmen für die Festlegung und Aktualisierung von Mindestlöhnen schaffen, der Kriterien für die Festlegung (Kaufkraft, Lohnniveau und Lohnverteilung u. a.), regelmäßige und rechtzeitige Aktualisierungen sowie eine wirksame Beteiligung der Sozialpartner an diesen Verfahren enthält. Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten Daten über die Abdeckung und Angemessenheit des Mindestlohns erheben und sicherstellen, dass Arbeitnehmer/innen Zugang zu Streitbeilegungsverfahren und Anspruch auf Rechtsbehelfe haben.

(Maximilian Schiller) Für das von der EU als »Europäisches Jahr der Jugend« ausgerufene Jahr 2022 ist eine neue Internetseite an den Start gegangen.

Auf der Seite können Interessierte neben grundlegenden Informationen und News auch Beiträge von Jugendlichen und eine interaktive Karte mit Veranstaltungen in ganz Europa finden.

Ziel der EU ist es, Wertschätzung und Unterstützung für Jugendliche, besonders nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie, auszudrücken. Hauptaugenmerk soll auf dem Austausch der Kulturen und dem Werben für europäische Werte liegen.

Die Internetseite wird kontinuierlich erweitert.

Der offizielle Start für das »Europäische Jahr der Jugend« findet am 27.01.2022 statt. (Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie bereits auf der Internetseite des Sachsen-Verbindungsbüros Brüssel.)

Die Kommission hat am 09.12.2021 ein Paket zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Stärkung der Rechte für Plattformbeschäftigte veröffentlicht. Kriterien zur Einstufung des Status von Beschäftigten als selbständig oder angestellt sollen Klarheit schaffen.

(CL) Das Maßnahmenpaket besteht aus einer Mitteilung, einem Richtlinienvorschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit sowie aus einer Konsultation zu den geplanten Leitlinien über die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Soloselbständigen, die Dienstleistungen erbringen.

In der Mitteilung wird festgestellt, dass sich die Umsätze in der digitalen Plattformwirtschaft von 2016 bis 2020 von schätzungsweise 3 Mrd. EUR auf rund 14 Mrd. EUR fast verfünffacht haben. Insgesamt arbeiten heutzutage mehr als 28 Millionen Menschen in der EU über digitale Arbeitsplattformen. Angesichts der Heterogenität der Plattformarbeit sei nach Ansicht der Europäischen Kommission ein gemeinsamer Rechtsrahmen für von Plattformen erbrachte Dienste wie etwa Fahrdienste, Lieferdienste oder hoch qualifizierte kreative bzw. spezialisierte Arbeiten von großer Bedeutung. Insbesondere müsse Klarheit über den Beschäftigungsstatus von Personen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, herrschen. Die große Mehrheit werde derzeit als Selbstständige klassifiziert. Die EU-Kommission vermutet jedoch, dass rund 5,5 Millionen Plattformbeschäftigte fälschlicherweise als Selbstständige eingestuft werden.

Der Richtlinienentwurf konzentriert sich auf folgende Bereiche: Beschäftigungsstatus, algorithmisches Management sowie Durchsetzung, Transparenz und Rückverfolgbarkeit von Daten in Bezug auf Plattformen und Personen.

Hinsichtlich des Beschäftigungsstatus soll künftig anhand einer Liste von Kontrollkriterien festgestellt werden können, ob es sich bei der Plattform tatsächlich um eine/n »Arbeitgeber/in« handelt. Erfüllt die Plattform mindestens zwei von fünf ausgewiesenen Kriterien, wird rechtlich davon ausgegangen, dass sie ein/e Arbeitgeber/in ist. Den über sie arbeitenden Personen würden dann die mit dem Status »Arbeitnehmer/in« verbundenen Arbeitnehmerrechte und sozialen Rechte, wie beispielsweise Mindestlohn, geregelte Arbeitszeiten, bezahlter Urlaub sowie beitragsabhängige Altersrente zustehen. Die Plattformen sollen das Recht haben, eine erfolgte Einstufung anzufechten.

Dort, wo Algorithmen als Teil von vernetzten Computersystemen Aufgaben in Organisationen übernehmen, sollen künftig Plattformbeschäftigte ein Recht auf Auskunft erhalten, wenn zum Beispiel automatisierte Überwachungssysteme die Arbeit von Beschäftigten mit elektronischen Mitteln aufzeichnen, überwachen oder bewerten. Dasselbe soll für automatisierte Entscheidungssysteme gelten, die Entscheidungen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen (zum Beispiel Arbeitszeit, Verdienst oder Beförderungen) von Beschäftigten treffen oder unterstützen. Auch hier ist ein Recht auf Anfechtung von Entscheidungen vorgesehen.

Zur Erhöhung der Transparenz von Handlungen seitens der digitalen Arbeitsplattformen ist vorgesehen, dass Plattformen künftig den nationalen Behörden bedeutsame Informationen über ihre Tätigkeiten und die über sie tätigen Personen bereitstellen. Bislang wird der Zugang zu solchen Daten unter anderem durch die Tatsache erschwert, dass Plattformen in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind.

Von den geplanten Regelungen hinsichtlich Status und Transparenz dürften auch die Plattformbeschäftigten in Sachsen profitieren.

In der EU stehen im kommenden Jahr junge Menschen besonders im Vordergrund. Darauf haben sich am 06.12.2021 das Europäische Parlament und der Rat der EU geeinigt und hierzu das Jahr 2022 als Europäisches Jahr der Jugend erklärt. Eine entsprechende Initiative hierzu wurde von der EU-Kommissionspräsidentin bei der Rede zur Lage der Union 2021 angekündigt.

(GH) Mit dem Europäischen Jahr der Jugend 2022 sollen junge Europäer/innen bei der Verteidigung und Förderung von Freiheit, Werten, Chancen und Solidarität in einer völkerverbindenden und dem internationalen Weltfrieden dienenden Gemeinschaft unterstützt werden. Das sei man den Generationen schuldig, die im Unterschied zu den älteren Menschen am meisten unter der Pandemie gelitten haben und sich nun ihr Leben zurückholen müssen, so EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas.

Die Europäische Kommission wird während des gesamten Jahres 2022 eine Reihe von Aktivitäten in engem Kontakt mit dem EU-Parlament, den Mitgliedstaaten, regionalen und lokalen Behörden, Jugendorganisationen und den jungen Menschen selbst koordinieren. Die Initiativen, die im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend entwickelt werden, sollen mit 8 Mio. EUR aus Erasmus+ und dem Europäischen Solidaritätskorps unterstützt werden. Auch andere Programme und Instrumente der EU sollen einen wesentlichen Beitrag zu den Zielen und Aktivitäten des Jahres leisten, so sollen junge Europäer/innen von zahlreichen Möglichkeiten profitieren können, Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen für ihre berufliche Entwicklung zu erwerben und ihr bürgerschaftliches Engagement für die Gestaltung der Zukunft Europas zu stärken.

Mit dem Europäischen Jahr der Jugend sollen vier Ziele verfolgt werden:

  • Erneuerung der positiven Perspektiven für junge Menschen, mit besonderem Augenmerk auf die negativen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, während gleichzeitig hervorgehoben wird, wie der grüne sowie digitale Übergang und andere Politikbereiche der EU Chancen für junge Menschen und die Gesellschaft insgesamt bieten.
  • Unterstützung junger Menschen, auch durch Jugendarbeit, insbesondere junger Menschen mit geringeren Möglichkeiten, die aus benachteiligten und unterschiedlichen Verhältnissen stammen oder gefährdeten und marginalisierten Gruppen angehören.
  • Unterstützung junger Menschen bei der Erlangung eines besseren Verständnisses und aktive Förderung der verschiedenen Möglichkeiten, die ihnen auf EU-, nationaler, regionaler oder lokaler Ebene zur Verfügung stehen, um ihre persönliche, soziale, wirtschaftliche und berufliche Entwicklung zu unterstützen.
  • Einbeziehung der Jugendpolitik in alle relevanten Politikbereiche der Union im Einklang mit der EU-Jugendstrategie 2019-2027, um zu fördern, dass die Jugendperspektive auf allen Ebenen in die Politikgestaltung einfließt.

Führungsspitzen von Europäischem Rat, Rat der EU und Europäischer Kommission sowie Vertreter der europäischen Sozialpartner befassten sich mit dem Thema »Den Aufbau in Europa in langfristiges nachhaltiges Wachstum umwandeln, das mehr und bessere Arbeitsplätze fördert«.

(UD) Die Teilnehmenden des jeweils im Frühjahr und Herbst im Vorfeld des Europäischen Rates stattfindenden Sozialgipfels haben über folgende Fragen beraten:

  • Wie können ein erfolgreicher, dauerhafter und sozial gerechter Aufbau und die Beteiligung der Sozialpartner an den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen erreicht werden?
  • Wie können der grüne und der digitale Wandel erfolgreich vollzogen und gleichzeitig Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und soziale Gerechtigkeit gewahrt werden?
  • Wie kann nachhaltige Beschäftigung sichergestellt werden?

Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, betonte, dass Europa in Kompetenzen investieren und eine aktive Arbeitsmarktpolitik betreiben müsse, um ein langfristiges, nachhaltiges Wachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen zu erreichen. Um einen gemeinsamen, inklusiven und kohärenten Aufschwung zu ermöglichen, käme den Sozialpartnern dabei eine entscheidende Rolle zu.

Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, verwies auf die Bedeutung der Kompetenzentwicklung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem sich wandelnden Arbeitsmarkt in der Zukunft. Des Weiteren hob sie das Instrument NextGenerationEU hervor, mit dem die EU-Kommission grundlegende Reformen und Investitionen in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, Beschäftigung und Sozialschutz vornehmen werde.

Von Seiten der Ratspräsidentschaft fügte der slowenische Ministerpräsident Janez Janša hinzu, dass durch die Schaffung neuer und nachhaltiger Arbeitsplätze für einen wirksamen und dauerhaften Sozialschutz gesorgt werden könne und betonte den höheren wirtschaftlichen Mehrwert und die Qualität europäischer Arbeitsplätze. Im Zusammenhang mit der Verpflichtung, die soziale Dimension der EU zu stärken, unterstrich der Ratsvorsitz insbesondere die Bedeutung der Europäischen Säule sozialer Rechte sowie ihre Umsetzung als Grundvoraussetzungen für die wirtschaftliche Erholung von der Pandemie.

Der Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes, Luca Visentini, verwies auf die beispiellosen Anstrengungen der EU und deren Regierungen um Arbeitsplätze und Unternehmen zu retten und den Wiederaufbau voranzutreiben. Diese Anstrengungen würden zunichtegemacht, wenn – wie nach der letzten Krise – zur Austerität zurückgekehrt würde.

Der Präsident von BusinessEurope, Pierre Gattaz, der die europäische Arbeitgeberseite vertrat, war der Auffassung, dass sich der Europäische Rat auf die Frage konzentrieren solle, wie der Aufbau in Europa in anhaltendes Wachstum, inklusiven Wohlstand und Beschäftigung überführt werden könne. Auch rückte er die Herausforderungen der klimapolitischen und digitalen Ambitionen für die Unternehmen in den Fokus. Ferner seien die Sozialpartner bei der Ausarbeitung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne nicht angemessen konsultiert worden.

Europäische Säule sozialer Rechte und deren Aktionsplan sind weiterhin Maßstab für die Stärkung der sozialen Dimension Europas

(UD) Mit der Vorstellung des (lang erwarteten) Aktionsplanes zur Europäischen Säule sozialer Rechte am 04.03.2021 hat die EU-Kommission mit konkreten Maßnahmen ihr Ziel vorgestellt, die soziale Dimension in Europa bis 2030 deutlich zu stärken und den Weg für eine faire, inklusive und stabile sozioökonomische Erholung zu bereiten. Die Stärkung der sozialen Dimension Europas stand auch im Mittelpunkt des Sozialgipfels in Porto im Mai 2021. Mit dem Arbeitsprogramm 2022 legt die EU-Kommission dar, dass sie sich weiterhin für die Umsetzung des Aktionsplanes zur europäischen Säule sozialer Rechte einsetzen wird, der als Richtschnur hin zu hochwertigen Arbeitsplätzen, fairen Arbeitsbedingungen und einem ausgewogeneren Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben dient. Als eine von 42 neuen Initiativen im Arbeitsprogramm 2022 ist ein legislativer Vorschlag zur Verbesserung des Schutzes von Arbeitnehmer/innen gegen die Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz geplant. Zur Abfederung wirtschaftlicher Schocks wird die EU-Kommission die Netze der sozialen Sicherheit verstärken und hierzu in einer weiteren Initiative eine (nicht legislative) Empfehlung zum europäischen Mindestlohn vorlegen.

Das Europäische Parlament tritt dafür ein, Beschäftigten digitaler Plattformen dieselben Rechte und dieselbe soziale Absicherung zu gewähren wie nicht bei Plattformen Beschäftigten derselben Kategorie.

(UD) Die Abgeordneten des EU-Parlaments erkennen an, dass die Plattformarbeit neue Arbeitsplätze schafft sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern eine größere Wahlmöglichkeit bietet. Sie sind jedoch besorgt über die schlechten Arbeitsbedingungen, mit denen Plattformarbeiterinnen und -arbeiter häufig konfrontiert sind.

Das EU-Parlament hat daher Mitte September 2021 mit großer Mehrheit eine Entschließung zum Thema »Gerechte Arbeitsbedingungen, Rechte und soziale Sicherung für auf Online-Plattformen beschäftigte Arbeitnehmer - Neue Beschäftigungsformen im Zusammenhang mit der digitalen Entwicklung« angenommen. Berichterstatterin war die französische Abgeordnete Sylvie Brunet (Renew Europe). Hierin wird ein europäischer Rahmen gefordert, der diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (z. B. Essenslieferantinnen und -lieferanten) das gleiche Maß an sozialem Schutz bietet wie denen in traditionellen Berufen. Dazu gehören Sozialversicherungsbeiträge, Unfallversicherung für Fahrerinnen und Fahrer, Verantwortung der Plattformen für Gesundheit und Sicherheit und das Recht, in Tarifverhandlungen faire Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Wer für Online-Plattformen arbeitet hat. oft keinen Zugang zu Sozialschutz und anderen Arbeitsrechten, weil die Menschen oftmals als selbständig eingestuft werden. Um hier künftig Rechtssicherheit zu schaffen schlägt das EU-Parlament vor, dass im Falle eines Gerichtsverfahrens nicht mehr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nachweisen müssen, dass kein Arbeitsverhältnis besteht, sondern die Arbeitgeber. Plattformmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sollen aber nicht automatisch als Angestellte betrachtet werden.

Die Europäische Kommission hat bereits in ihrem am 04.03.2021 veröffentlichten Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte angekündigt, bis Ende 2021 eine Gesetzesinitiative zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformarbeiterinnen und -arbeitern vorzulegen.

Überarbeitete Richtlinie für die Einreise und den Aufenthalt hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Drittstaaten endgültig beschlossen (Blue-Card-Richtlinie).

(UD) Am 07.10.2021 hat der Rat der Europäischen Union eine Richtlinie über die Blue-Card verabschiedet. Mit diesem EU-weiten Zulassungssystem sollen hoch qualifizierte Fachkräfte angeworben und gehalten werden, insbesondere in Branchen mit Fachkräftemangel. Es war ein langwieriger Prozess. Bereits im Jahr 2016 hat die Europäische Kommission eine Revision der Blue-Card-Richtlinie von 2009 vorgeschlagen, nachdem Schwachstellen (u. a. restriktive Zulassungsbedingungen und Regelungen mit zusätzlichen Belastungen für Arbeitgeber sowie Antragstellerinnen und Antragsteller) identifiziert wurden.

Durch die neuen Regelungen werden folgende Änderungen eingeführt:

  • Flexible Anforderungen: Die für die Qualifikation für eine Blue-Card maßgebliche Gehaltsschwelle wird auf das 1 bis 1,6-fache des durchschnittlichen Bruttojahresgehalts gesenkt. Die erforderliche Mindestdauer eines Arbeitsvertrages wird auf sechs Monate verkürzt.
  • Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen und Berufserfahrung: Die neuen Regeln sollen die Anerkennung und Validierung von beruflichen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien erleichtern. In einigen spezifischen Sektoren sollen sich auch Bewerberinnen und Bewerber mit einem Hochschulabschluss oder gleichwertiger Berufserfahrung bewerben können.
  • Größere Flexibilität beim Stellen- oder Arbeitsplatzwechsel: Innerhalb der ersten zwölf Monate sollen Inhaber einer Blue-Card nur dann einen neuen Arbeitsmarkttest ablegen müssen, wenn sie ihre Position oder ihren Arbeitgeber wechseln möchten. Erst nach dieser Frist ist eine Änderung der persönlichen Situation den zuständigen nationalen Behörden zu melden.
  • Hochqualifizierte Personen und Familienzusammenführung: Hochqualifizierte Personen, die internationalen Schutz genießen, sollen ebenfalls eine Blue-Card beantragen können. Familienangehörige von Inhabern einer Blue-Card dürfen diese begleiten und haben künftig Zugang zum EU-Arbeitsmarkt.
  • Mobilität innerhalb der EU: Inhabern einer Blue-Card und ihren Familienangehörigen soll es nach zwölf Monaten Beschäftigung im ersten Mitgliedstaat auf der Grundlage vereinfachter Mobilitätsregeln erlaubt sein, in einen zweiten Mitgliedstaat zu ziehen. Die bereits verbrachten Arbeitszeiten in anderen Mitgliedstaaten sollen berücksichtigt werden.
    Der angenommene Text tritt 20 Tage nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, um die erforderlichen nationalen Regelungen zu schaffen.
© © Europäische Kommission

(UD) Der neue Quartalsbericht zu Beschäftigung und sozialer Entwicklung in Europa von September 2021 zeigt, dass sich die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt in den Mitgliedstaaten der EU von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie erholt haben. Beschäftigung und Arbeitslosigkeit liegen fast wieder auf dem Niveau vor der Krise.

Die Gesamtbeschäftigung stieg im 2. Quartal 2021 nach einem Rückgang im 1. Quartal und die Arbeitslosigkeit einschließlich der Jugendarbeitslosigkeit ging in den letzten Monaten in fast allen Mitgliedstaaten zurück. Der neue Bericht legt auch einen thematischen Schwerpunkt auf die Auswirkungen von Überschwemmungen auf Unternehmen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Als Reaktion auf den zunehmenden Antisemitismus in Europa hat die EU-Kommission am 05.10.2021 erstmals eine Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens vorgelegt.

(SSi) Die EU-Kommission betont in ihrem Strategiepapier, dass Antisemitismus mit den Grundwerten Europas unvereinbar ist. Er stelle nicht nur eine Bedrohung für die jüdischen Gemeinden und das jüdische Leben dar, sondern auch für eine offene und vielfältige Gesellschaft. Gleichzeitig stellt sie fest, dass antisemitische Vorurteile in Europa weit verbreitet sind und mit der Corona-Pandemie sogar zugenommen haben. Juden seien eine der in sozialen Medien am stärksten attackierten Gruppen während der Pandemie, so die EU-Kommission. Nach eine Eurobarometer-Umfrage von 2019 geben neun von zehn Jüdinnen und Juden an, dass Antisemitismus in ihrem Land zugenommen habe.

Die Antisemitismus-Strategie enthält Maßnahmen mit den Schwerpunkten Verhütung und Bekämpfung aller Formen von Antisemitismus, Schutz und Förderung jüdischen Lebens in der EU sowie Aufklärung, Forschung und Gedenken an den Holocaust. Damit wird das Ziel verfolgt, zur Eindämmung von Antisemitismus im Internet die Zusammenarbeit mit Online-Unternehmen zu intensivieren, den öffentlichen Raum und Gebetsstätten besser zu schützen, ein europäisches Forschungszentrum für Antisemitismus in der heutigen Zeit einzurichten und ein Netz von Orten aufzubauen, an denen der Holocaust geschah.

Die Umsetzung der Strategie erstreckt sich über den Zeitraum 2021-2030. Die EU-Kommission wird in den Jahren 2024 und 2029 umfassende Umsetzungsberichte veröffentlichen. Die Mitgliedstaaten haben sich bereits verpflichtet, durch neue nationale Strategien oder Maßnahmen im Rahmen bestehender nationaler Strategien und/oder Aktionspläne zur Verhütung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus alle Formen von Antisemitismus zu verhüten und zu bekämpfen. Die nationalen Strategien sollten bis Ende 2022 festgelegt und dann von der EU-Kommission bis Ende 2023 bewertet werden.

Sachsens Regierung hat den Kampf gegen Antisemitismus im Koalitionsvertrag festgelegt. Im Rahmen des Landesprogramms »Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz« (WOS) sind seit 2020 mehr als eine halbe Million EUR für Projekte im Themenfeld Antisemitismus und Jüdisches Leben finanziert worden.

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