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Justiz und Inneres

Polizeireiterstaffel © Polizei Sachsen

Das Asylrecht in der EU wird reformiert und bekommt verschärfte Regeln. Hauptziel ist, dass Asylsuchende in ganz Europa einheitlich behandelt werden.

(AV) Am 10.04.2024 hat das Europäische Parlament dem Asyl- und Migrationspakt der EU zugestimmt. Insgesamt wurden 10 Verordnungen einzeln votiert, die jedoch nur als Gesamtpaket den Pakt ausmachen. Hauptziel ist, dass Asylsuchende in ganz Europa einheitlich behandelt werden. Der Asyl- und Migrationspakt soll einen gemeinsamen Rahmen schaffen, mit dem alle Aspekte des Asyl- und Migrationsmanagements behandelt werden. Gleichzeitig soll das System effizienter werden und dem Migrationsdruck besser standhalten können. Sogfaktoren und Sekundärmigration sollen unterbunden werden, Missbrauch bekämpft und die am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten besser unterstützt werden. Im Pakt selbst werden unter anderem diese Aspekte geregelt:

  • schnellere Prüfung von Asylanträgen, auch direkt an den EU-Außengrenzen, und wirksamere Rückführung,
  • verbesserte Identifizierung bei der Ankunft und verpflichtende Sicherheits- und Gesundheitskontrollen sowie Prüfungen der Schutzbedürftigkeit für Menschen, die irregulär in die EU einreisen,
  • Mitgliedstaaten können wählen, ob sie Verantwortung für Asylbewerber übernehmen, finanzielle Beiträge leisten oder operative Unterstützung bieten,
  • bessere Bewältigung von Krisensituationen und neue Regelung für die freiwillige Neuansiedlung von Flüchtlingen aus Drittstaaten.

Sobald der Rat der EU die Texte formell gebilligt hat, werden sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und treten in Kraft. Die Mitgliedsstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, die Änderungen in ihren nationalen Gesetzen umzusetzen.

(JBA) Der Rat der EU hat am 12.04.2024 eine Richtlinie angenommen, mit der EU-weite Mindestvorschriften für die Verfolgung von Verstößen gegen EU-Sanktionen oder deren Umgehung in den Mitgliedstaaten eingeführt werden. Hierdurch sollen künftig bestimmte Handlungen, wie die Hilfe bei der Umgehung eines Reiseverbots, der Handel mit sanktionierten Gütern oder die Durchführung verbotener Finanztätigkeiten, in allen Mitgliedstaaten bestraft werden können.

Die wirksame Umsetzung der Sanktionen ist vor dem Hintergrund des Krieges Russlands gegen die Ukraine für die EU von entscheidender Bedeutung geworden, um die wirtschaftliche Fähigkeit Russlands zur Kriegsführung einzuschränken.

(JBA) Der Rat der EU hat am 12.04.2024 eine Richtlinie angenommen, mit der EU-weite Mindestvorschriften für das Aufspüren, die Ermittlung, die Sicherstellung, die Einziehung und die Verwaltung von Vermögensgegenständen aus Straftaten festgelegt werden. Sie wird für ein breites Spektrum von Straftaten, wie organisierte Kriminalität, Terrorismus, Menschenhandel und Drogenhandel, von Bedeutung sein und die Kapazitäten der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung dieser Straftaten stärken. Zugleich werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Vermögensabschöpfungsstellen über die nötigen Ressourcen für diese Aufgaben verfügen.

(AV) Die Europäische Kommission führt gemeinsam mit Bulgarien und Rumänien zwei Kooperationsrahmen im Bereich Grenz- und Migrationsmanagement ein. Das gab die EU-Kommission am 04.03.2024 bekannt. Die Kooperationsrahmen bauen auf den Pilotprojekten für beschleunigte Asyl- und Rückkehrverfahren auf, die die beiden Länder im März 2023 ins Leben gerufen haben. Sie sollen den Übergang von Ad-hoc- zu dauerhaften Lösungen ermöglichen. Der Schwerpunkt wird insbesondere auf folgenden Aspekten liegen: Unterstützung verstärkter Maßnahmen in den Bereichen Grenzmanagement, Asyl und Aufnahme, Rückkehrsystem und verstärkte polizeiliche Zusammenarbeit im Schengen-Raum. Außerdem auf dem Beginn der Vorbereitungen für die Umsetzung des neuen Migrations- und Asylpakets in Bulgarien und Rumänien, insbesondere mit Blick auf die nationalen Umsetzungspläne. Die Sitzungen des Lenkungsausschusses mit Bulgarien und Rumänien finden weiterhin regelmäßig statt, um die in den Kooperationsrahmen vereinbarten Maßnahmen umzusetzen. In diesen Sitzungen kommen die Kommission, EU-Agenturen (einschließlich Frontex, der EU-Asylagentur und Europol) sowie die nationalen Behörden der beiden Mitgliedstaaten zusammen.

(AV) Rat der EU und Europäisches Parlament haben am 14.03.2024 eine vorläufige Einigung über aktualisierte Vorschriften der EU für die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Feuerwaffen in die EU bzw. aus der EU erzielt. Mit den neuen Vorschriften sollen Schlupflöcher für den unerlaubten Handel mit Feuerwaffen geschlossen und gleichzeitig der Handel mit Feuerwaffen, die für legale Zwecke eingesetzt werden, erleichtert werden. Mit der überarbeiteten Feuerwaffen-Verordnung soll der illegale Handel mit Feuerwaffen begrenzt werden, indem gemeinsame Vorschriften und Lizenzierungs- und Genehmigungsverfahren, koordinierte Kontrollen und eine bessere Rückverfolgbarkeit von Feuerwaffen für den zivilen Gebrauch festgelegt werden. Dadurch wird verhindert, dass legal hergestellte und ausgeführte Feuerwaffen für den zivilen Einsatz auf den illegalen Markt umgelenkt werden. Die Einigung ist vorläufig, da sie noch von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament gebilligt werden muss. Nach der Billigung muss die Verordnung von beiden Organen förmlich angenommen werden, bevor sie in Kraft tritt.

© Ralph/Pixabay

Grünes Licht vom Ausschuss der Ständigen Vertreter im Rat der EU und des LIBE-Ausschusses im Europäischen Parlament

(AV) Die Reform des Asyl- und Migrationssystems der Europäischen Union befindet sich auf der Zielgeraden. Bereits am 08.02.2024 hatten die Ständigen Vertreter bei der EU (Botschafterebene der Mitgliedstaaten) die vorläufige Einigung mit dem EU-Parlament gebilligt. Die Abgeordneten des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des EU-Parlaments bestätigten dann am 14.02.2024 die vereinbarten Gesetzestexte zur Migrations- und Asylpolitik mit jeweils deutlichen Mehrheiten. Die vorläufige Einigung wurde am 20.12.2023 zwischen dem Ratsvorsitz und dem EU-Parlament erzielt und umfasst ein Paket von fünf Rechtsakten zur Reform des Asyl- und Migrationssystems der EU. Sie betreffen alle Phasen des Asyl- und Migrationsmanagements.

Darüber hinaus wurde eine Verordnung zur Festlegung des Rückführungsverfahrens an der Grenze verabschiedet, die die Anwendung des Pakets auch für die europäischen Länder ermöglicht, für die andere Schengen-Vorschriften gelten.

Mit der Aktualisierung der Eurodac-Verordnung (EU-Datenbank für Fingerabdrücke) wird es möglich, irreguläre Migrationsbewegungen besser anzugehen und den Weg von Asylsuchenden und Personen in irregulären Situationen in der gesamten EU besser zu überwachen.

Ziel der Screening-Verordnung ist die Verstärkung der Personenkontrollen an den Außengrenzen. Zudem wird eine rasche Ermittlung des korrekten Verfahrens – wie etwa Rückführung ins Herkunftsland oder Einleitung eines Asylverfahrens – gewährleistet, wenn eine Person in die EU einreist, ohne die entsprechenden Voraussetzungen für die Einreise zu erfüllen.

Mit der Asylverfahrensverordnung wird ein gemeinsames Verfahren eingeführt, das die Mitgliedstaaten einhalten müssen, wenn Personen um internationalen Schutz nachsuchen. Hierdurch werden die Verfahrensregelungen gestrafft und Standards für die Rechte der Asylbewerber/innen festgelegt. Es wird ein verbindliches Verfahren an der Grenze eingeführt, damit an den Außengrenzen der EU rasch festgestellt werden kann, ob Asylanträge unbegründet oder unzulässig sind.

Die Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement wird die geltende Dublin-Verordnung ersetzen. Sie enthält Vorschriften zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Um das derzeitige System, bei dem nur wenige Mitgliedstaaten für die überwiegende Mehrheit der Asylanträge zuständig sind, auszubalancieren, wird ein neuer Solidaritätsmechanismus eingerichtet. Die neuen Vorschriften kombinieren verbindliche Solidarität zur Unterstützung von Mitgliedstaaten, die die Anzahl irregulärer Einreisen in ihr Hoheitsgebiet nicht bewältigen können, mit Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Wahl ihrer Beiträge.

Die fünfte Säule des Pakets ist ein neuer Rechtsakt zur Schaffung eines Rahmens, der es den Mitgliedstaaten ermöglicht, Krisensituationen im Bereich Migration und Asyl zu bewältigen. Danach ist es zum einen möglich, bestimmte Vorschriften anzupassen, beispielsweise in Bezug auf die Registrierung von Asylanträgen oder das Asylverfahren an der Grenze. Zum anderen können diese Länder auch Solidaritäts- und Unterstützungsmaßnahmen bei der EU und ihren Mitgliedstaaten anfordern.

(AV) Der Rat der EU hat am 26.02.2024 die Verordnung über die automatisierte Abfrage und den Austausch von Daten für die polizeiliche Zusammenarbeit (Prüm II) angenommen. Das Europäische Parlament hatte bereits am 08.02.2024 der aktualisierten Verordnung zugestimmt. Der neue Rechtsakt soll den geltenden Rahmen verbessern, der den Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit bietet, in den nationalen Datenbanken anderer Mitgliedstaaten DNA-, Fingerabdruck- und Fahrzeugregistrierdaten abzufragen. Die vereinbarten Vorschriften werden den automatisierten Datenaustausch auf weitere Datenkategorien ausweiten. Die Polizeibehörden werden auch nach Gesichtsbildern und Kriminalakten suchen können. Sofern dies nach nationalem Recht zulässig ist, werden außerdem kategorienübergreifende Suchvorgänge möglich sein, um nach Vermissten zu suchen oder menschliche Überreste zu identifizieren. Weitere Neuerungen beinhalten, dass Europol die Möglichkeit haben wird, zum Abgleich der von Drittländern erhaltenen Informationen nationale Datenbanken abzufragen und eine modernisierte IT-Infrastruktur aufzubauen. Dieser neue Rechtsakt wird am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten.

(AV) Frontex, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache und das Innenministerium des Vereinigten Königreichs (VK) haben am 23.02.2024 eine Arbeitsvereinbarung für eine enge Zusammenarbeit unterzeichnet. Die Arbeitsvereinbarung soll nach Angaben der Europäischen Kommission einen langfristigen Rahmen für die enge Zusammenarbeit zwischen Frontex und den britischen Behörden bei der Bekämpfung der illegalen Migration und der grenzüberschreitenden Kriminalität bieten. Es wird ein Rahmen in einer Reihe operativer Bereiche des Grenzmanagements geschaffen, darunter Lagebewusstsein und Risikoanalyse, Informationsaustausch, Schulung, Kapazitätsaufbau und Wissensaustausch in den Bereichen Rückkehr und Grenzmanagement sowie technische und operative Zusammenarbeit, einschließlich der Möglichkeit für beide Seiten, Personal zu Beobachtungs-, Koordinierungs- oder Beratungszwecken zu entsenden. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit bei Forschungs- und Innovationsprojekten den Austausch neuester Erkenntnisse erleichtern, um die Tätigkeiten der Agentur zu unterstützen. Die Arbeitsvereinbarung sieht zudem den Austausch von Verbindungsbeamtinnen und -beamten vor, um die Kooperation zwischen der EU und dem VK noch wirksamer zu gestalten. Die Kooperation könnte in naher Zukunft u. a. auch Bereiche wie die Entwicklung der Lageerfassung in Bezug auf Migrationsrouten oder die Bekämpfung von Dokumentenbetrug umfassen und soll langfristig mit Blick auf ein breiteres Spektrum von Maßnahmen, die Frontex und die britischen Behörden gemeinsam durchführen, weiter ausgebaut werden.

(AV) Die Mitgliedstaaten haben am 21.02.2024 mit Unterstützung der Europäischen Kommission und der ENISA (EU-Agentur für Cybersicherheit) einen Bericht über die Cybersicherheit und Resilienz der Kommunikationsinfrastrukturen und -netze der EU vorgelegt. In dem Bericht werden Bedrohungen für Kommunikationsnetze und -infrastrukturen aufgezeigt, die Schwachstellen ausnutzen und erhebliche Risiken für die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit der Konnektivitätsinfrastruktur darstellen können. Die Ergebnisse zu den ermittelten Bedrohungen umfassen unter anderem Wiper, die Daten über gezielte Systeme löschen oder korrumpieren können, Ransomware-Angriffe, Angriffe auf die Lieferkette und physische Angriffe. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und zusätzlich zu den bereits in der EU-Koordinierten Risikobewertung von 5G-Netzen ermittelten Risikoszenarien werden in dem Bericht zehn strategische Risikoszenarien entwickelt, z. B. ein Angriff auf die Lieferkette, um Zugang zur Infrastruktur der Betreiber zu erhalten, oder ein koordinierter physischer Sabotageangriff auf die digitale Infrastruktur. Als unmittelbare Folgemaßnahmen zur Minderung dieser Risiken enthält der Bericht strategische und technische Empfehlungen für die Mitgliedstaaten, die EU-Kommission und ENISA, die so bald wie möglich umgesetzt werden sollten. Zu diesen Empfehlungen gehören Cyberübungen, Stresstests kritischer Infrastrukturen, Kritikalität, Widerstandsfähigkeit und Redundanzbewertung von Internet-Kerninfrastrukturen, einschließlich Seekabeln, oder der Austausch bewährter Verfahren zwischen den nationalen Behörden in Bezug auf physische Angriffe auf digitale Infrastrukturen.

(AV) Bartjan Wegter wurde zum EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung (EU CTC) ernannt. Das gab der Rat der EU am 28.02.2024 bekannt. Seine fünfjährige Amtszeit beginnt am 01.03.2024. Wegter folgt auf Ilkka Salmi, der das Amt seit Oktober 2021 innehatte. Bartjan Wegter ist ein hochrangiger niederländischer Diplomat, der bis zu seiner Ernennung zum EU-CTC als bevollmächtigter Minister in der Ständigen Vertretung des Königreichs der Niederlande bei der NATO fungierte. Als Absolvent der Universität Leyden und des College of Europe hatte er im Laufe seiner 25-jährigen diplomatischen Karriere verschiedene multilaterale und sicherheitsrelevante Positionen inne. Der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung ist verantwortlich für die Koordinierung der Terrorismusbekämpfungsarbeit innerhalb der EU, die Sicherstellung der Umsetzung und Bewertung der EU-Terrorismusbekämpfungsstrategie, die Integration der internen und externen Aspekte der Terrorismusbekämpfung sowie die Verbesserung der Kommunikation zwischen der EU und Drittländern.

Europäische Kommission zieht positive Bilanz und schlägt einen Aktionsplan vor, um die Effizienz, Transparenz und Widerstandsfähigkeit der Agentur weiter zu stärken

(AV) Die Gewährleistung eines robusten und effizienten Managements der gemeinsamen EU-Außengrenzen gemäß dem Konzept des integrierten europäischen Grenzmanagements ist eine der Hauptprioritäten der EU-Kommission. Frontex spielt bei diesen Bemühungen eine entscheidende Rolle, denn die Agentur unterstützt die Mitgliedstaaten beim Management der Außengrenzen und bei der Bewältigung der Migrationsherausforderungen. Im Zuge dieser ersten Bewertung der Frontex-Verordnung vom 02.02.2024 sah die EU-Kommission die Wirkung, Wirksamkeit und Effizienz von Frontex trotz Herausforderungen insgesamt positiv.

Die fünf wichtigsten Ergebnisse:

  • Operative Unterstützung: Seit 2019 hat die Agentur ihre operative Unterstützung für die Mitgliedstaaten verstärkt, und dies hat einen eindeutigen Mehrwert für die Mitgliedstaaten. Frontex leistet den Mitgliedstaaten umfassende Unterstützung durch gemeinsame Aktionen und Soforteinsätze zu Grenzsicherungszwecken, einschließlich technischer und operativer Unterstützung bei Such- und Rettungseinsätzen.
  • Ständige Reserve: Die ständige Reserve bietet Frontex ein einzigartiges Instrument, um die Mitgliedstaaten vor Ort bei ihren Bemühungen um den Schutz der Außengrenzen, der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität (einschließlich der Schleusung von Migranten/innen, des Menschenhandels, Terrorismus und hybrider Bedrohungen) zu unterstützen und die wirksame und dauerhafte Rückführung irregulärer Migranten/innen erheblich zu verstärken. Die Einrichtung und der Einsatz der ständigen Reserve erfolgen schrittweise. Bis 2027 soll sie 10.000 Mitglieder umfassen.
  • Rückkehr/Rückführung: Die Agentur unterstützt die Mitgliedstaaten dank ihres erweiterten Mandats besser bei der Umsetzung von Rückkehrmaßnahmen und verstärkte ihre Tätigkeiten im Bereich der Wiedereingliederung. Während des Bewertungszeitraums schlug die Agentur den Mitgliedstaaten immer proaktiver operative Unterstützung in diesem Bereich vor.
  • Zusammenarbeit mit Partnerländern: Die Zusammenarbeit mit den Partnerländern wurde ebenfalls schrittweise intensiviert. Im Jahr 2022 verstärkte Frontex sein Engagement in den Partnerländern, indem es sein Einsatzgebiet ausweitete und seine operativen Kapazitäten ausbaute. Im Oktober 2023 waren fast 600 Bedienstete von Frontex im Rahmen von zehn gemeinsamen Aktionen in acht Drittstaaten im Einsatz.
  • Grundrechte: Frontex unterliegt einem starken Grundrechtsrahmen, der die Achtung der Grundrechte bei allen Tätigkeiten der Agentur gewährleistet. Seit 2021 hat Frontex seine internen Vorschriften aktiv weiterentwickelt, um die Grundrechte im Rahmen gemeinsamer Tätigkeiten besser zu achten, zu schützen und zu fördern. Darüber hinaus begleiten Grundrechtebeobachter/innen die Grenzschutzbeamten/innen von Frontex bei allen Einsätzen.

Bei der Bewertung wurde auch ermittelt, in welchen Bereichen weitere Verbesserungen erforderlich sind. So wurde beispielsweise hervorgehoben, wie wichtig es ist, die neue Organisationsstruktur der Agentur, einschließlich der ständigen Reserve, vollständig umzusetzen. Nur so kann sie ihr Kernmandat, wirksame Kontrollen an den Außengrenzen zu gewährleisten und die Mitgliedstaaten bei dieser Aufgabe zu unterstützen, erfüllen. Außerdem wurden Verzögerungen bei der Aufstellung der Pläne für die Kapazitäten der Agentur wie Ressourcen und Personal im Bereich Grenzmanagement und Rückkehr festgestellt. Abschließend ergab die Bewertung zudem, dass mehr strategische Leitlinien für die rückkehrbezogenen Tätigkeiten von Frontex erforderlich sind.

Um die ermittelten Herausforderungen abzumildern und zu bewältigen, hat die EU-Kommission auch einen Aktionsplan zur Unterstützung der Durchführung der Frontex-Verordnung mit einer Reihe von Empfehlungen vorgeschlagen. Diese sollen von der Agentur, ihrem Verwaltungsrat, den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission umgesetzt werden. Der Aktionsplan betrifft neun Hauptbereiche:

  • Leitungs- und Organisationsstruktur der Agentur,
  • Aktionen/Einsätze,
  • Rückkehr/Rückführung,
  • Lagebewusstsein,
  • Integriertes Grenzmanagement,
  • Kapazitätenentwicklung,
  • Zusammenarbeit mit Agenturen und Drittstaaten,
  • Grundrechte und
  • Datenschutz.

Am 12.09.2018 legte die EU-Kommission im Rahmen der Initiativen zur Entwicklung einer langfristigen Migrationspolitik einen Vorschlag für eine neue Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache vor. Die EU-Kommission muss alle vier Jahre die Wirksamkeit und Effizienz von Frontex bewerten und ihre Ergebnisse dem Europäischen Parlament, dem Rat der EU und dem Frontex-Verwaltungsrat vorlegen.

Der Initiative geht es um Forschung, Gesundheit und Transport von Cannabis in der EU.

(AV) Die EU-Kommission hat am 06.02.2024 zwei der drei Ziele der Bürgerinitiative Europäische Cannabis-Initiative als Europäische Bürgerinitiative (EBI) registriert. Die »Europäischen Cannabis-Initiative« fordert die EU-Kommission zu drei Punkten auf:

  1. Eine transeuropäische Bürgerversammlung zur Cannabispolitik, zu Sanktionen und einer kohärenten Politik der Mitgliedstaaten einzuberufen;
  2. den Zugang zu medizinischem Cannabis zu fördern und den Transport von Cannabis und seinen für therapeutische Zwecke verschriebenen Derivaten in der gesamten EU zu ermöglichen, um die uneingeschränkte Ausübung des Rechts auf Gesundheit zu gewährleisten und
  3. erforderliche Ressourcen für die Erforschung von Cannabis für therapeutische Zwecke zuzuweisen.

Das erste Ziel erfüllt nicht die Voraussetzung für eine Registrierung, da die EU-Kommission nicht befugt ist, einen entsprechenden Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen. Die EU-Kommission hat den Inhalt der Vorschläge zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht geprüft. Der Beschluss, die Initiative in Bezug auf ihr zweites und drittes Ziel zu registrieren, ist rechtlicher Natur.

Nach der Teilregistrierung haben die Organisatorinnen und Organisatoren sechs Monate Zeit, mit der Unterschriftensammlung zu beginnen. Wenn eine Europäische Bürgerinitiative innerhalb eines Jahres eine Million Unterstützungsbekundungen aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten erhält, muss die EU-Kommission darauf reagieren. Sie entscheidet dann, ob sie der Initiative nachkommen will oder nicht, muss ihre Entscheidung aber in jedem Fall begründen.

Die Europäische Bürgerinitiative wurde mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt. Seit dem Inkrafttreten der daraus resultierenden Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative im April 2012 haben die Bürgerinnen und Bürger Europas die Möglichkeit, ein bestimmtes Thema auf die politische Tagesordnung der EU-Kommission setzen zu lassen.

(AV) Das Europäischen Parlament und der Rat der EU haben am 06.02.2024 eine politische Einigung über eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt erzielt. Die Europäische Kommission hatte den Vorschlag im März 2022 eingebracht. Die Richtlinie ist das erste umfassende Rechtsinstrument auf EU-Ebene zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Mit der Richtlinie werden körperliche Gewalt sowie psychische, wirtschaftliche und sexuelle Gewalt gegen Frauen in der gesamten EU sowohl offline als auch online unter Strafe gestellt. Auch Verstümmelung weiblicher Genitalien und Zwangsehen werden als eigenständige Straftaten eingestuft. Darüber hinaus ist Gewalt im Internet nun eine Straftat, einschließlich des nicht einvernehmlichen Austauschs von intimen Bildern (einschließlich Deepfakes), Cyberstalking, Cyber-Belästigung, frauenfeindlicher Hetze und Cyberflashing. Keine Einigung wurde zur Kriminalisierung von Vergewaltigung erzielt.

Nach langen Verhandlungen politische Einigung zwischen Europäischem Parlament und dem Rat der EU erzielt

(AV) Der Rat der EU und das EU-Parlament haben am 20.12.2023 eine Einigung über die politischen Kernelemente von fünf zentralen Verordnungen erzielt, mit denen der Rechtsrahmen der EU für Asyl und Migration grundlegend überarbeitet werden soll. Die fünf EU-Rechtsakte betreffen alle Phasen des Asyl- und Migrationsmanagements: von der Überprüfung irregulärer Migranten bei ihrer Ankunft in der EU über die Erfassung biometrischer Daten, die Verfahren für die Stellung und Bearbeitung von Asylanträgen, bei denen auch die Rechte der Antragsteller gestärkt werden, die Vorschriften über die Bestimmung, welcher Mitgliedstaat für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig ist sowie die Zusammenarbeit zwischen und Solidarität unter den Mitgliedstaaten bis hin zum Umgang mit Krisensituationen, einschließlich Fällen der Instrumentalisierung von Migranten.

So müssen beispielsweise die Mitgliedstaaten angemessene Aufnahme- und Personalkapazitäten aufbauen, die es ihnen ermöglichen würden, jederzeit für eine bestimmte Anzahl von Anträgen das Grenzverfahren durchzuführen und Rückkehrentscheidungen zu vollstrecken. Auf EU-Ebene beträgt diese angemessene Kapazität 30.000. Die angemessene Kapazität jedes Mitgliedstaats wird anhand einer Formel festgelegt, die die Zahl der irregulären Grenzübertritte und Einreiseverweigerungen über einen Zeitraum von drei Jahren berücksichtigt. Die Höchstzahl der Asylanträge, die ein Mitgliedstaat im Grenzverfahren pro Jahr zu prüfen hat, wird auf das Vierfache der angemessenen Kapazität dieses Mitgliedstaates festgesetzt. Um einen kohärenten Ansatz bei den nationalen Plänen zu gewährleisten, wird die Europäische Kommission ihre eigene Europäische Strategie für Asyl- und Migrationsmanagement (für fünf Jahre) vorlegen.

(AV) Eine neue öffentlich-private Partnerschaft »Europäische Hafenallianz« soll Häfen in der EU künftig besser vor Drogenhandel und krimineller Unterwanderung schützen. Das gab die Europäische Kommission am 25.01.2024 bekannt. Beteiligt sind Vertreter der Mitgliedstaaten, Hafenbehörden, europäische Verbände, EU-Agenturen (Europol, EMCDDA) und Zoll- und Strafverfolgungsbehörden. Hintergrund sind Rekordmengen von beschlagnahmten Drogen in europäischen Häfen. Allein in Belgien beschlagnahmten die Behörden 2023 im Hafen Antwerpen-Brügge eine Rekordmenge von 121 Tonnen Kokain. Das entspricht einem Anstieg um 10 Prozent verglichen zum Vorjahr. Insgesamt wurden zuletzt jährlich mehr als 300 Tonnen Kokain in der EU beschlagnahmt.

Nur durch einen Verfahrenstrick (Kaffeepause für Orbán) war es letztlich möglich, dass 26 Mitgliedstaaten auf dem EU-Gipfel am 14.12.2023 einstimmig die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine beschließen konnten und damit der Empfehlung der Europäischen Kommission folgten.

(KS) Um die erforderliche einstimmige Entscheidung zu erreichen, wurde Orbán gebeten den Sitzungssaal zu verlassen. So konnte Ungarn bei seinem nein zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen bleiben, während gleichzeitig die anderen Mitgliedstaaten dieser zustimmten.

Entsprechend der weiteren Empfehlungen des von der EU-Kommission im November veröffentlichten Erweiterungspakets 2023, stimmte der Europäische Rat zudem für die Aufnahme von Verhandlungen mit Moldau und billigte Georgien den Status eines Beitrittskandidaten zu. Die jeweiligen Verhandlungsrahmen, welche Voraussetzung für den tatsächlichen Start der Verhandlungen sind, sollen vom Rat der EU angenommen werden, sobald die im Rahmen der Empfehlungen der EU-Kommission aufgeführten Maßnahmen jeweils durch die Ukraine und Moldau ergriffen wurden. Bezogen auf die Ukraine erfordert dies vor allem weitere Reformen mit Blick auf die Bekämpfung von Korruption, der Stärkung des Minderheitenschutzes und der Eindämmung des Einflusses von Oligarchen.

Auch Beitrittsverhandlungen mit Bosnien-Herzegowina will der Europäische Rat aufnehmen, sobald das Land das erforderliche Maß an Übereinstimmung mit den Beitrittskriterien erreicht hat. Bis März 2024 soll die EU-Kommission hierzu einen Bericht vorlegen, um eine entsprechende Entscheidung zu ermöglichen.

Vor allem die Entscheidung zur Ukraine und Moldau, folgt der Forderung des Europäischen Parlaments, das noch am Tag zuvor in einer mit großer Mehrheit angenommenen Entschließung den Europäischen Rat zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen aufgefordert hatte. Die Abgeordneten fordern klare Fristen für den Abschluss der Beitrittsverhandlungen bis zum Ende dieses Jahrzehnts die Einhaltung der einschlägigen Verfahren des Beitrittsprozesses, insbesondere die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien.

Die Ukraine hatte ihren Beitrittsantrag am 28.02.2023 gestellt und bekam am 23.06.2023 auf Empfehlung der EU-Kommission den Status eines Beitrittskandidaten zuerkannt.

Gerade mit Blick auf die bisherigen Fortschritte der Ukraine im Beitrittsprozess hatte auch der Rat der EU am 12.12.2023 in seinen Schlussfolgerungen zur Erweiterung, diese insbesondere vor dem Hintergrund des andauernden Kriegszustandes, vor allem in den Bereichen der Rechtsstaatlichkeit, der Justiz- und Verwaltungsreform, der Schaffung eines rechtlichen und institutionellen Rahmens für die Grundrechte sowie der Angleichung der Mediengesetzgebung an die EU-Vorschriften für den audiovisuellen Bereich, ebenfalls gewürdigt. Zugleich wies der Rat der EU, wie auch das EU-Parlament, auf den grundsätzlich leistungsorientierten Prozess und die noch bestehenden Herausforderungen hin.

Vor dem Hintergrund einer zukünftig immer größer werdenden Union hatte zuletzt die Debatte über interne Reformen der EU an Bedeutung gewonnen, deren Notwendigkeit die Institutionen nunmehr ebenfalls betonen. Dies zum einen, um eine effektive Funktionsfähigkeit aller europäischer Organe sicherzustellen sowie zum anderen, um die finanzielle Tragfähigkeit der EU zu stärken, um neu aufzunehmende Staaten erfolgreich integrieren zu können.

Nachdem das EU-Parlament hierzu bereits am 22.11.2023 einen umfassenden Katalog an Vorschlägen für eine Änderung der EU-Verträge vorgelegt hatte, kündigte der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen an, sich in seinen nächsten Tagungen mit solchen internen Reformen befassen und perspektivisch bis Sommer 2024 einen konkreten Fahrplan für die künftigen Arbeiten annehmen zu wollen.

Durch mehr Transparenz, Bedrohungen durch ausländische Einflussnahme effektiver bekämpfen sowie Engagement und die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an der Demokratie fördern. Das sind die zentralen Ziele des von der EU-Kommission am 12.12.2023 vorgelegten Paketes zur Verteidigung der Demokratie.

(KS) Das Paket besteht aus einem Richtlinienvorschlag sowie zwei Empfehlungen zur Förderung freier, fairer und stabiler Wahlen sowie der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und zivilgesellschaftlichen Organisationen an der Politikgestaltung.

Vor allem mit Blick auf ausländische Lobbykampagnen ist das Ziel, EU-weit ein gemeinsames hohes Maß an Transparenz und demokratischer Rechenschaftspflicht der Interessenvertretungen zu erreichen. Zentrale Elemente der harmonisierten Vorschriften sind eine Registrierungspflicht für ausländische Interessenvertretungen und deren Tätigkeit in einem nationalen Transparenzregister, die öffentliche Zugänglichkeit bestimmter Daten dieser Tätigkeiten, wie bspw. jährlich erhaltene Beträge, die betreffenden Drittländer und die Hauptziele der Tätigkeiten sowie deren Aufbewahrung für vier Jahre. Bestimmte Garantien, wie eine nur eingeschränkte Anforderungsbefugnis zu Informationen, sollen zudem Missbrauch und die Einschränkung von Grundrechten verhindern. Begleitet wird der Richtlinienvorschlag von einer Mitteilung zur Überprüfung der Arbeit im Rahmen des Europäischen Aktionsplans für Demokratie.

Ziel der parallel vorgelegten Empfehlung für inklusive und stabile Wahlverfahren in der Union, für die Stärkung des europäischen Charakters und den effizienteren Ablauf der Wahlen zum Europäischen Parlament ist es, hohe demokratische Standards sowie eine hohe und inklusive Beteiligung sicherzustellen und insgesamt die Ausübung des Wahlrechts zu erleichtern. Davon umfasst sind auch der Schutz und die Cybersicherheit der Wahlinfrastruktur.

Die Empfehlung zur Förderung der Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Organisationen der Zivilgesellschaft an politischen Entscheidungsprozessen soll auch für zivilgesellschaftliche Organisationen und Verteidiger der Menschenrechte ein sicheres sowie förderliches Umfeld schaffen.

Insgesamt baut das Paket auf bereits bestehende Initiativen der EU-Kommission zur Stärkung der europäischen Demokratie auf, wie beispielsweise den 2020 verabschiedeten Europäischen Aktionsplan für Demokratie.

Aufgrund von Fortschritten bei der Rechtsstaatlichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz hat die Europäische Kommission am 13.12.2023 nun den Weg für eine teilweise Freigabe der eingefroren EU-Gelder für Ungarn geebnet.

(KS) Nach gründlicher Bewertung und wiederholtem Austausch mit der ungarischen Regierung, so die EU-Kommission, sei sie zu dem Schluss gekommen, dass das Land die Maßnahmen ergriffen habe, zu denen es sich verpflichtet habe. Jedenfalls soweit die Unabhängigkeit der Justiz betroffen sei, erfülle Ungarn nun die Voraussetzungen bezogen auf die EU-Grundrechtecharta. In der Folge könne Ungarn nun von den blockierten Geldern Erstattungen in Höhe von bis zu etwa 10,2 Mrd. EUR in Anspruch nehmen. Weitere 21 Mrd. EUR bleiben dagegen blockiert.

Die freigegebenen Gelder betreffen dabei Mittel aus der Kohäsionspolitik, dem Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie den Fonds für innere Angelegenheiten für Ungarn. Im Fall von Ungarn hatte die EU-Kommission im Dezember 2022 festgestellt, dass das Land die zielübergreifende grundlegende Voraussetzung zur Einhaltung der EU-Grundrechtecharta nicht erfülle, da mehrere Bedenken, unter anderem bei der Unabhängigkeit der Justiz, bestanden. Das Land habe jedoch nun Rechtsvorschriften eingeführt, durch die die Unabhängigkeit der Justiz erheblich gestärkt worden sei und somit diese Voraussetzung als erfüllt angesehen werden könne.

In anderen Bereichen sei dies dagegen nicht der Fall, bspw. Im Hinblick auf das ungarische Kinderschutzgesetz, schwerwiegende Bedrohungen der akademischen Freiheit und das Recht auf Asyl.

Auch bezogen auf die ebenfalls verabschiedeten Maßnahmen, die den Unionshaushalt im Rahmen der Konditionalitätsregelung vor Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit schützen sollen, geht die EU-Kommission weiterhin davon aus, dass das Land bisher keine ausreichenden Abhilfemaßnahmen vorgenommen habe. Daher blieben bis auf Weiteres die Mittel aus dreier kohäsionspolitischen Programmen in Höhe von 6,3 Mrd. EUR gesperrt. Gleiches gelte auch für den ungarischen Aufbau- und Resilienzplans.

Von vielen EU-Abgeordneten wurde die nur einen Tag vor der Abstimmung des Europäischen Rats zur Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine ergangene Auszahlungsentscheidung der EU-Kommission kritisch gesehen, sie bezeichneten diese Entscheidung angesichts entsprechender Forderungen und Drohungen des ungarischen Regierungspräsidenten Viktor Orbán als »Schmiergeldzahlung«.

© Gerd Altmann/Pixabay

Im Arbeitsprogramm für 2024 hatte die Europäische Kommission eine neue Initiative zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität angekündigt. Es handelt sich um eine Anpassung des derzeitig gültigen Rechtsrahmens (Schleuser-Paket) aus dem Jahr 2002.

(AV) Die Aktualisierung des Rechtsrahmens und die Verstärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität hat die EU-Kommission am 28.11.2023 vorgelegt und einen Aufruf zu einer globalen Allianz zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität gestartet.

Die EU-Kommission schlägt vor, ihren Rechtsrahmen durch die Festlegung von Mindestvorschriften zur Verhinderung und Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise sowie zum unerlaubten Aufenthalt in der EU zu verbessern. Dazu gehören eine klarere Definition des Straftatbestands der Schleusung von Migranten, harmonisierte Sanktionen, die der Schwere der Straftat Rechnung tragen, harmonisierte Strafen sowie eine Stärkung der Ressourcen und Kapazitäten der Mitgliedstaaten.

Darüber hinaus legte die EU-Kommission eine Verordnung vor, um die Rolle von Europol und die behördenübergreifende Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität und des Menschenhandels zu stärken. Diese baut auf dem derzeitigen Europol-Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung auf, das mit 83 operativen Taskforces bereits tätig ist und seit seiner Einführung im Jahr 2016 Bargeld in Höhe von 1,2 Mrd. EUR beschlagnahmt hat.

Die EU-Kommission will sicherstellen, dass die globale Allianz zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität auf bilateraler und multilateraler Ebene sowie über die Arbeit des UNODC agiert. Es soll eine regelmäßige Bestandsaufnahme auf politischer Ebene sichergestellt werden. Die erste Zusammenkunft soll im Frühjahr 2024 in Kopenhagen stattfinden.

(KS) Das Europäische Parlament und dem Rat der EU haben am 12.12.2023 eine vorläufige Eignung zum Richtlinienvorschlag zur Förderung des Einfrierens und der Einziehung von Erträgen aus Straftaten erzielen können. Die neuen überarbeiteten Reglungen, die Mindestvorschriften für das Aufspüren, die Ermittlung, die Sicherstellung, die Einziehung und die Verwaltung von Vermögensgegenständen aus Straftaten festlegen, erweitern die bereits bestehende Liste der Straftaten um solche der organisierten Kriminalität, wie Terrorismus, Menschenhandel und Drogenhandel. Ziel ist es u. a., dass Vermögenswerte schneller eingefroren werden können, bspw. durch vorübergehende dringende Einfrierungsmaßnahmen auch in Bezug auf Vermögen aus unklaren Quellen. Die Vorschriften werden auch auf Verstöße gegen Sanktionen entsprechend der ebenfalls noch formal zu verabschiedenden Richtlinie zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der EU anwendbar sein.

(KS) Das Europäische Parlament und der Rat der EU haben sich am 12.12.2023 zu dem von der Europäischen Kommission im Dezember 2022 vorgelegten Richtlinienvorschlag zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union vorläufig geeinigt. Die neuen Vorschriften sehen eine gemeinsame Definition und Mindeststrafen für Verstöße gegen EU-Sanktionen und deren Umgehung vor, wobei Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vorgesehen sind. Zugleich sollen sie die Möglichkeit eröffnen entsprechende Verstöße in allen Mitgliedstaaten auf die gleiche Weise zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Umfasst sind u. a. Verstöße gegen Reiseverbote, Waffenembargos oder aber das Tätigen von Geschäften mit staatlichen Einrichtungen von Ländern, die Sanktionen unterliegen, die Erbringung von Finanzdienstleistungen oder Rechtsberatung unter Verletzung von Sanktionen sowie das Umgehen von Sanktionen wie bspw. die Verheimlichung oder der Transfer von Geldern, die eingefroren werden sollten, oder die Verschleierung des wahren Eigentums.

(KS) Der Rat der EU und das Europäische Parlament haben am 14.12.2023 im Rahmen ihrer Verhandlungen zum Vorschlag für eine Überarbeitung der EU-Produkthaftungsregelung eine vorläufige Einigung erzielt. Ziel der Überarbeitung ist es, die bereits seit 1985 geltenden Regeln betreffend die zivilrechtliche Haftung für fehlerhafte Produkte zu aktualisieren und an die heutigen digitalen Funktionen vieler Produkte sowie an eine zunehmend kreislauforientierte Wirtschaft anzupassen. Die neuen Vorschriften sollen vor allem sicherstellen, dass immer ein in der EU ansässiges Unternehmen, ob Hersteller, Importeur oder autorisierter Vertreter, für Schäden aufgrund defekter Produkte haftbar gemacht werden kann, auch dann, wenn das Produkt nicht in der EU gekauft wurde. Kann ein haftbares Unternehmen nicht ermittelt werden, ist eine Entschädigung über nationale Entschädigungssysteme vorgesehen. Die Anpassungen betreffen zudem u. a. Beweislastregeln, die Haftung von Onlineplattformen, Begriffsdefinitionen sowie eine Erweiterung des Schadensbegriffs.

(KS) Der Rat der EU und das Europäische Parlament haben sich am 12.12.2023 auf neue Standards zur Stärkung der nationalen Gleichstellungsstellen geeinigt. Bei den Stellen handelt es sich um öffentliche Einrichtungen, die auf Ebene der Mitgliedstaaten von Diskriminierung betroffene Menschen schützen und unterstützen, um so EU-weit ein Mindestmaß an Schutz vor Diskriminierung sicherzustellen. Die neuen Regelungen sollen insbesondere die Unabhängigkeit der Stellen sowie deren Ausstattung mit ausreichenden personellen, technischen und finanziellen Ressourcen gewährleisten. Zugleich ist zukünftig zur Unterstützung von Opfern die Möglichkeit vorgesehen, die Stellen zur alternativen Streitbeilegung, wie etwa Mediation und Schlichtung, anzurufen.

(KS) Am 04.12.2023 sind die europäischen Justizministerinnen und -minister zu ihrer letzten Tagung unter der spanischen Ratspräsidentschaft zusammengekommen. Neben mehreren Aussprachen konnten die Ministerinnen und Minister insbesondere ihren Standpunkt zu einer neuen EU-Verordnung über die Übertragung von Strafverfahren festlegen. Die vorgeschlagenen Regelungen sehen unter anderem gemeinsame Kriterien und Fristen für eine Übertragung, Verpflichtungen zu Rechten von Verdächtigen und Beschuldigten sowie Opfern und Vorschriften für die Nutzung grenzüberschreitender digitaler Kanäle für die Kommunikation zwischen Behörden vor. Ausgetauscht haben sich die Ministerinnen und Minister zudem zum Vorschlag der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der Opferschutzrichtlinie, insbesondere in Bezug auf Entschädigungen, sowie zur weiteren justiziellen Zusammenarbeit in deren Zusammenhang auch die Strategie für die E-Justiz 2024 bis 2028 gebilligt werden konnte. Gebilligt werden konnte zudem der Standpunkt des Rates der EU zur Anwendung der Datenschutzgrundverordnung. Weitere Tagesordnungspunkte betrafen u. a. einen Gedankenaustausch zur Arbeitsweise der Europäischen Staatsanwaltschaft sowie den Stand der Arbeiten im Hinblick auf den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention.

Das EU-Parlament hat am 22.11.2023 seine Vorschläge zur Änderung der Verträge der EU vorgelegt. Die Änderungsvorschläge sowie die begleitende Entschließung wurden jeweils mit einer knappen Mehrheit angenommen. Die Entscheidung über die Berufung eines Konvents zur Änderung der Verträge liegt damit nun bei den Europäischen Staats- und Regierungsoberhäuptern.

(KS) Bereits mit seiner Entschließung vom 09.06.2022 initiierte das EU-Parlament im Anschluss an die Konferenz zur Zukunft der EU das Verfahren zur Änderung der Verträge und forderte u. a. einen neuen institutionellen Aufbau für die EU, die Abschaffung der Einstimmigkeit im Rat der EU sowie die Ausweitung der EU-Befugnisse in verschiedenen Bereichen. Mit dem nun angenommenen Text bekräftigen die Abgeordneten erneut ihre Forderung und ergänzen ihre Vorschläge um zahlreiche Änderungen in verschiedenen Bereichen. Die Vorschläge fallen dabei in die Bereiche Institutionelle Reformen, Zuständigkeiten, Subsidiarität, Rechtsstaatlichkeit, Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Binnenmarkt, Wirtschaft und Haushalt; Sozialpolitik und Arbeitsmarkt, Bildungswesen, Handel und Investitionen, Diskriminierungsverbot, Klima- und Umweltschutz, Energiepolitik, Raum der Freiheit, des Rechts und der Sicherheit, Migration, Gesundheit, Wissenschaft und Technik.

Im Mittelpunkt steht für die Abgeordneten die Stärkung der Handlungsfähigkeit Demokratie der Europäischen Union. Die Vorschläge sehen daher vor allem die Abschaffung zahlreicher Einstimmigkeitserfordernisse im Rat der EU, zum Beispiel in der Außenpolitik oder beim EU-Haushalt, sowie die Wahl und Abwahl der Kommissionspräsidentin oder des Kommissionspräsidenten durch das EU-Parlament anstatt bisher durch den Rat der EU, ein vollständiges Initiativrecht des EU-Parlaments sowie neue Instrumente der Bürgerbeteiligung vor. Mehr Befugnisse soll die EU dem Willen der Abgeordneten nach zukünftig in Umweltfragen sowie in den Bereichen öffentliche Gesundheit, dem Katastrophenschutz sowie Industrie und Bildung erhalten. Bisher liegen diese Bereiche in der ausschließlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.

Die Abgeordneten fordern in der Entschließung den Rat der EU auf, die Vorschläge nun umgehend und ohne Beratungen den Staats- und Regierungsoberhäuptern der 27 Mitgliedstaaten zur Entscheidung über die Einberufung eines Konvents vorzulegen. Erteilen diese ihre Zustimmung, wird ein Konvent einberufen und damit die Diskussion über eine Reform der Verträge, unter Einbeziehung der Vorschläge des EU-Parlaments, beginnen. Entsprechend der Regelungen in den Verträgen besteht das Konvent aus Vertretern der nationalen Parlamente, der Staats- und Regierungsoberhäupter der Mitgliedstaaten, des EU-Parlaments und der Europäischen Kommission, die nach dem Konsensprinzip über Reformen entscheiden.

Die Verträge wurden zuletzt 2009 mit dem Vertrag von Lissabon reformiert.

Das Europäische Parlament hat am 21.11.2022 seinen Standpunkt zu dem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen »Recht auf Reparatur« angenommen. Nur einen Tag später bestätigten ebenfalls die Botschafter der Mitgliedstaaten den Standpunkt des Rates der EU, so dass nun die Verhandlungen der beiden Institutionen über die endgültigen Vorschriften beginnen können. Die neuen Vorschriften sollen einen nachhaltigeren Konsum fördern, indem sie die Reparatur fehlerhafter Waren vereinfachen und so Abfall reduzieren und die Reparaturbranche fördern.

(KS) Der Vorschlag zum Recht auf Reparatur ergänzt andere EU-Initiativen zu Ökodesign und zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel. Das EU-Parlament sieht demnach vor, dass Verkäufer während der Gewährleistungsfrist dann verpflichtet sind ein fehlerhaftes Produkt zu reparieren anstatt zu ersetzen, wenn eine Reparatur gleich viel oder weniger kostet – es sei denn, die Reparatur unmöglich oder für den Verbraucher bzw. die Verbraucherin ungünstig ist. Die Abgeordneten schlagen zudem vor, die Gewährleistungsfrist um ein Jahr ab dem Zeitpunkt der Reparatur zu verlängern. Der Rat der EU sieht dagegen weiterhin für Verbrauchern und Verbraucherinnen die Möglichkeit zur Wahl der Abhilfe vor, verlängert aber die Haftungsfrist des Verkäufers um sechs Monate, wenn die Reparatur Nachbesserung als Mittel zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der Ware gewählt wurde. Darüber ist eine Verpflichtung der Verkäufer vorgesehen über das Recht zu informieren, zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung sowie über die mögliche Verlängerung der Haftungsfrist zu informieren.

Verbraucherinnen und Verbraucher sollen zudem das Recht haben, für Geräte wie Waschmaschinen, Staubsauger und Smartphones sowie für Fahrräder auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist eine Reparatur zu verlangen. Die Hersteller sollen für die Dauer der Reparatur Leihgeräte zur Verfügung stellen. Ist eine Reparatur nicht mehr möglich, soll zudem das Anbieten eines bereits reparierten Produkts ermöglicht werden.

Um zukünftig Hindernisse für eine Reparaturentscheidung von Verbrauchern, wie hohe Kosten oder ein schwieriger Zugang zu Reparaturdiensten, sollen die Vorschriften zudem sicherstellen, dass unabhängige Betriebe, die Reparaturen und Instandsetzung anbieten, sowie Endverbraucher alle nötigen Ersatzteile, Informationen und Werkzeuge zu angemessenen Preisen bekommen. Um Transparenz in Bezug auf die Reparaturbedingungen und -preise zu schaffen, fordert der Rat der EU zudem ein Europäisches Formular für Reparaturinformationen, das Verbraucherinnen und Verbraucher von allen Reparaturbetrieben anfordern können.

Über eine europäische bzw. nationale Online-Plattformen sollen Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetztet werden Reparaturbetriebe und auch sog. Repaircafés sowie Verkäufer überholter Waren in ihrer Nähe zu finden. Die Abgeordneten schlagen außerdem vor, über nationale Reparaturfonds Gutscheine und andere finanzielle Anreize bereitzustellen, um Reparaturen erschwinglicher und attraktiver zu machen.

Der Freistaat Sachsen fördert bereits seit Oktober 2023 die Reparatur von privat genutzten Elektro- und Elektronikgeräten mit dem sog. Reparaturbonus. Bürgerinnen und Bürger des Freistaates sollen mit dem Förderprogramm ebenfalls zur Reparatur ermutigt werden und Anreize für die Verlängerung der Lebensdauer von Geräten schaffen.

Empfehlung der Europäische Kommission zur Zusammenarbeit an Grenzen

(AV) Die Europäische Kommission hat eine Empfehlung für eine verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Schengen-Raum vorgelegt. Die am 23.11.2023 vorgestellten Maßnahmen sollen nach Ansicht der EU-Kommission dazu beitragen, die Nutzung alternativer Maßnahmen zu Binnengrenzkontrollen, eine verstärkte Zusammenarbeit und einen intensiveren Informationsaustausch im Falle der Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu fördern. Es wurden acht Bereiche benannt:

  • Strukturierte Zusammenarbeit auf allen Ebenen,
  • Ausbau der Kapazitäten für gemeinsame Maßnahmen,
  • Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung,
  • Intensivierung gemeinsamer Maßnahmen zur Bekämpfung der Schleusung von Migranten,
  • Umfassende Nutzung der Instrumente im Bereich der Rückkehr zum Vorgehen gegen unerlaubte Migrationsbewegungen,
  • Vorgehen gegen unerlaubte Migrationsbewegungen,
  • Verstärkung gemeinsamer Maßnahmen zur Bekämpfung von grenzüberschreitendem Terrorismus und grenzüberschreitender organisierter Kriminalität sowie
  • Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen der Einführung von Binnengrenzkontrollen.

Praktisch wird den Mitgliedstaaten empfohlen, beispielsweise ständige Kontaktstellen einzurichten, um eine koordinierte Reaktion auf ernsthafte Bedrohungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit, einschließlich des Drogenhandels, zu gewährleisten. Außerdem sei es empfehlenswert, bilateralen Rahmen zu überprüfen und anzupassen, um eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung zu schaffen. Weiterhin wird empfohlen ausreichende Ressourcen für gemeinsame Streifen bereitzustellen. Der sächsische Staatsminister des Innern, Armin Schuster hatte dies vom Bundesinnenministerium schon vorher vehement gefordert. Mit Erfolg, es wird nun mehr Bundespolizei zur Kontrolle an den Grenzen zu Sachsen eingesetzt.

 

(KS) Das EU-Parlament hat sich für eine Aufnahme des Prinzips des Vorrangs des EU-Rechts ausgesprochen. Die Abgeordneten weisen darauf hin, dass der Grundsatz des Vorrangs des EU-Rechts, auch wenn er nicht bereits ausdrücklich in den Verträgen verankert ist, für alle Organe der Mitgliedstaaten gilt und seine Wirkung jederzeit für diese verbindlich sei. Die Auslegung und der Anwendungsbereich des EU-Rechts stehen dabei ausschließlich dem Europäische Gerichtshof zu. Die Abgeordneten fordern daher, dass der bisher anhand der Rechtsprechung des Gerichtshofs Europäischen Union entwickelte Grundsatz ausdrücklich in die Verträge aufgenommen wird, insbesondere um mögliche Konflikte bei widersprechenden nationalen Bestimmungen zu vermeiden. Entscheidungen von Verfassungsgerichten oder obersten Gerichten, die den Grundsatz in Frage stellen oder nicht anwenden, so die Abgeordneten weiter, stellten ein Risiko für die Wirksamkeit und Einheitlichkeit des EU-Rechts dar. Sie fordern daher auch die Europäische Kommission auf, Entscheidungen der nationalen Gerichte im Hinblick auf den Vorrang des EU-Rechts zu überwachen und im Falle von Urteilen, die das Prinzip des Vorrangs des EU-Rechts nicht anwenden, Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.

(KS) Der Rat der EU und das EU-Parlament haben am 30.11.2023 zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zum Schutz von Personen, die sich öffentlich beteiligen, vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren (»strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung«) eine vorläufige Einigung erzielt. Die Vorschriften sollen EU-weit Personen und Organisationen, die in Bereichen wie Grundrechte, Umwelt, Bekämpfung von Desinformation und Korruptionsermittlungen tätig sind, schützen, da diese häufig von unbegründeten und missbräuchlichen Klagen, die auf Einschüchterung und Belästigung abzielen, betroffen sind.

Mit der neuen Richtlinie werden dazu Verfahrensgarantien gegen derartige Klagen in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen eingeführt. Die Vorschriften sehen dabei konkret die Möglichkeit für Gerichte einer vorzeitigen Abweisung offensichtlich unbegründeter Klagen sowie abschreckende Sanktionen gegen Kläger, die meist von Lobbygruppen, Unternehmen oder Politikern vertreten werden, vor. So sollen Gerichte bspw. den Kläger verpflichten können, alle Verfahrenskosten, einschließlich der Kosten für die rechtliche Vertretung des Beklagten, zu tragen. Betroffene sollen zudem Zugang zu umfassenden Informationen über Unterstützungsmaßnahmen, wie finanzielle Unterstützung, Rechtsbeistand und psychologische Hilfe über ein Informationszentrum erhalten.

Die Einigung muss noch von den Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat gebilligt werden und anschließend sowohl vom Rat als auch vom EU-Parlament förmlich angenommen werden. Die Richtlinie tritt sodann 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Umsetzungsfrist beträgt zwei Jahre.

(AV) Am 22.11.2023 hat die Europäische Kommission ihren Bericht über die Waldbrände in Europa, im Nahen Osten und in Nordafrika für das Jahr 2022 veröffentlicht. In der EU seien im vergangenen Jahr fast 900.000 ha Land verbrannt, so der Bericht. Als Hauptgrund für die überwiegende Mehrheit der Brände (96 Prozent) gibt der Bericht menschliches Handeln an und bezieht sich auf den Klimawandel, der für erhöhte Brandgefahr verantwortlich sei und diese noch verschärfe. Nach Angaben der Behörden in Deutschland wurden im Jahr 2022 insgesamt 2.397 Waldbrände gemeldet. Das entspricht einer verbrannten Fläche von 3.058 ha (1.187 ha in Laubwäldern und 1.871 ha in Nadelwälder). Laut Bericht war Brandenburg 2022 das am stärkste betroffene Bundesland, sowohl nach der Zahl der Brände als auch der gesamten verbrannten Fläche. Sachsen hat allerdings 2022 das größte Gebiet an Laubwaldfläche verloren (480,80 ha) und hatte mit 217 Feuern zu kämpfen.

(AV) Die EU-Sportministerinnen und -minister tagten am 24.11.2023 unter spanischem Ratsvorsitz. Am Nachmittag nahmen sie Schlussfolgerungen zu Frauen und Geschlechtergleichstellung im Sport an. In den Schlussfolgerungen wird betont, wie wichtig es ist, dass sichere, inklusive und gleiche Rahmenbedingungen gelten, ohne jegliche Form von Ungleichheit, Diskriminierung oder Gewalt. In seinen Schlussfolgerungen betont der Rat der EU, dass der Frauenanteil insbesondere in Coaching- und in Führungspositionen in Sportorganisationen und -vereinen erhöht werden muss. Auch wird das Konzept des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit im Profisport hervorgehoben, wobei gleichzeitig eine breitere und stereotypenfreie Berichterstattung über Sportwettbewerbe von Frauen gewährleistet werden soll. Während der Ratssitzung führten die Ministerinnen und -minister auch eine Debatte über die Sicherheit im Sport.

Die EU-Kommission hat im Rahmen ihres jährlichen Erweiterungspakets am 08.11.2023 die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine, Moldau sowie Bosnien-Herzegowina empfohlen. Im Hinblick auf Georgien empfiehlt sie zudem, dem Europäischen Rat dem Land den Status eines Beitrittskandidaten zu gewähren.

(KS) Insbesondere die Ukraine habe zu den in der von der EU-Kommission im letzten Jahr abgegebenen Empfehlung zur Gewährung des Kandidatenstatus benannten sieben prioritären Reformbereiche große Fortschritte gemacht. U. a. für die Bereiche Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung, Unabhängigkeit der Medien und Menschen- und Minderheitenrechte waren darin Auflagen erteilt worden, die vor einem Beitritt zu erfüllen sind. Der Kandidatenstatus war dem Land am 23.06.2022 gewährt worden. Die EU-Kommission begrüßt in ihrer Einschätzung vor allem die erheblichen Reformanstrengungen, die die Ukraine unternommen habe und dadurch trotz des anhaltenden Kriegszustandes in der Lage war Fortschritte bei der Angleichung an den Besitzstand der EU (Aquis) zu erzielen.

Auch Moldau hätte im letzten Jahr mit Blick auf die in seiner Stellungnahme zum Kandidatenstatus, der dem Land ebenfalls am 23.06.2022 gewährt worden war, benannten neun Reformprioritäten bedeutende Fortschritte erzielt, so die EU-Kommission weiter.

Beide Länder hatten im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine erst im Februar und März 2022 jeweils einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU gestellt.

Zunächst Beitrittskandidat bleibt dagegen Bosnien-Herzegowina. Das Land hatte seinen Antrag auf Mitgliedschaft bereits 2016 gestellt und im letzten Dezember den Kandidatenstatus verliehen bekommen. Da aus Sicht der EU-Kommission jedoch trotz Fortschritten weitere Anstrengungen notwendig seien, empfiehlt sie dem Europäischen Rat Beitrittsverhandlungen dann zu eröffnen, sobald das Land das erforderliche Maß an Erfüllung der Beitrittskriterien erreicht habe.

Neben den Empfehlungen zur Eröffnung von konkreten Verhandlungen empfiehlt die EU-Kommission zudem zu Georgien, welches ebenfalls erst im letzten Jahr einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt hatte, dem Land den Status eines Beitrittskandidaten zu verliehen.

Bei dem Erweiterungspaket der EU-Kommission handelt es sich um einen jährlichen Bericht über die Fortschritte der EU-Beitrittskandidaten und potenziellen Beitrittskandidaten in welchem die EU-Kommission den jeweiligen Stand und die Fortschritte notwendiger Reformen analysiert und bewertet. Der Fokus liegt dabei auf der Durchführung grundlegender Reformen sowie auf Leitlinien und Hinweise für künftige Reformprioritäten.

Die tatsächliche Aufnahme von Beitrittsverhandlungen bzw. die Gewährung des Kandidatenstatus müssen nun alle 27 Mitgliedstaaten einstimmig beschließen. Eine Entscheidung des Europäischen Rats über die Empfehlungen der EU-Kommission wird daher für Mitte Dezember 2023, wenn die Staats- und Regierungsoberhäupter erneut zu einer Sitzung zusammentreten werden, erwartet.

Die EU verhandelt aktuell ebenfalls mit Montenegro, Albanien, Serbien und Nordmazedonien über einen möglichen EU-Beitritt. Kosovo ist zudem potenzieller Beitrittskandidat. Die bereits begonnenen Verhandlungen mit der Türkei sind dagegen wegen rechtsstaatlicher Defizite in dem Land seit mehreren Jahren gestoppt.

(AV) In den Trilogverhandlungen haben der Rat der EU und das Europäische Parlament am 06.11.2023 eine vorläufige Einigung zu den wichtigsten politischen Elementen einer neuen Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung erzielt. Die Arbeit wird in den kommenden Wochen auf fachlicher Ebene fortgesetzt, um die Einzelheiten der neuen Verordnung endgültig festzulegen. Zentrale Maßnahmen der Verordnung sind die eindeutige Kennzeichnung politischer Werbung und höhere Transparenz durch leichteren Zugang zu Informationen über die Finanzierung dieser Werbung. Einrichtungen aus Drittländern dürfen in den drei Monaten vor einer Wahl bzw. einem Referendum keine politische Werbung in der EU finanziell unterstützen. Verboten wird künftig zudem politische Werbung, die auf Profiling unter Nutzung besonderer Kategorien personenbezogener Daten (z. B. ethnische Herkunft) basiert. Weiterhin ist vorgesehen, dass die EU-Kommission ein europäisches öffentliches Register für politische Online-Anzeigen einrichten sollte, in dem alle Informationen zu Online-Anzeigen und ihren Transparenzbekanntmachungen zusammengestellt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Die EU-Kommission hatte ihren Vorschlag am 25.11.2021 als Teil ihres Pakets »Demokratie und Integrität der Wahlen« vorgelegt.

(AV) Am 10.11.2023 kündigte die Europäische Kommission sechs weitere Flüge im Rahmen der EU-Luftbrücke für den Gazastreifen an. Damit setzt die EU ihre humanitäre Hilfe weiter fort. Die Lieferung umfasst für die Logistik notwendige Güter wie mobile Lagerhäuser, Kühlgüter und andere Artikel, die es den humanitären Organisationen ermöglichen, eine effizientere Versorgung der Menschen im Gazastreifen zu gewährleisten. Seit dem 16.10.2023 sind nach Angaben der EU-Kommission bereits in acht Flügen mehr als 372 Tonnen Hilfsgüter an den Logistik-Hub in Ägypten geliefert worden. Insgesamt gab es somit in den letzten Wochen 14 EU-Luftbrückenflüge, mit denen über 550 Tonnen Hilfsgüter nach Ägypten transportiert wurden, um von dort aus schnell über den Grenzübergang Rafah zu den hilfsbedürftigen Menschen im Gazastreifen gebracht zu werden. Darüber hinaus wurde das EU-Katastrophenschutzverfahren aktiviert, um Rückholflüge aus Ägypten und Israel zu unterstützen.

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(© Alexander Louvet)
Begrüßung der Veranstaltungsteilnehmer/innen durch Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung des Freistaates Sachsen Katja Meier
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(© Alexander Louvet)
Gesprächsrunden und Diskussion zum Strukturwandel in europäischen Regionen mit Staatsministerin Katja Meier, Ministerin Ursula Nonnemacher, Katja Lenzing, Europäische Kommission und Rachel Lancry Beaumont, Europäischer Ausschuss der Regionen
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(© Alexander Louvet)
Gesprächsrunden und Diskussion zum Strukturwandel in europäischen Regionen mit Staatsministerin Katja Meier, Ministerin Ursula Nonnemacher, Julia Gabler Leiterin des TRAWOS-Instituts für Transformation und Monika Hencsey, Europäische Kommission

Die Gleichstellungsbeauftragten aus der Lausitz haben sich zum Ziel gesetzt, auch auf europäischer Ebene zu verdeutlichen, dass vor allem in Transformationsregionen Geschlechtergerechtigkeit nicht eine zusätzliche Frage sei, sondern strukturell bei allen Entscheidungen berücksichtigt werden müsse.

(BG) Zwei Tage haben die Gleichstellungsbeauftragten, die sich in der Lausitz gemeinsam mit dem TRAWOS-Instituts für Transformation, Wohnen und soziale Raumentwicklung in Zittau/Görlitz zu einem Bündnis zusammengeschlossen haben, in verschiedenen Gesprächsrunden mit Europaabgeordneten unterschiedlicher Fraktionen, mit Vertreterinnen und Vertretern der Europäischen Kommission, des Europäischen Ausschusses der Regionen und dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas ihr Thema vorangebracht. Grundlage der Diskussion war ein Positionspapier mit den zentralen Forderungen.

  1. Schaffung einer geschlechtersensiblen Datenbasis
  2. Beratung und Qualifizierung von Führungskräften und Personen mit Entscheidungsbefugnis
  3. Herstellung von Transparenz sowie einer umfassenden und fortwährenden Beteiligung
  4. Geschlechtergerechtigkeit in der Umsetzung des Strukturstärkungsgesetzes
  5. Innovative und existenzsichernde Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Frauen
  6. Gleichwertigkeit von harten und weichen Standortfaktoren
  7. Schaffung einer Fachstelle für Geschlechtergerechtigkeit in der Lausitz

Am ersten Tag bekamen die Gleichstellungsbeauftragten Unterstützung von den für Gleichstellung zuständigen Staatssekretärinnen aus Brandenburg und Sachsen, Anja Töpfer und Gesine Märtens. Zur abschließenden öffentlichen Veranstaltung in der Vertretung des Freistaates Sachsen bei der Europäischen Union mit dem Titel »Strukturwandel in europäischen Regionen: Warum Geschlechtergerechtigkeit eine wichtige Voraussetzung für eine Erfolgsstory ist!«, setzten sich auch Katja Meier, Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung des Freistaates Sachsen und Ursula Nonnemacher, Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration für die Geschlechtergerechtigkeit ein.

Die Widerstände, die den Gleichstellungsbeauftragten auf allen Ebenen begegnen, illustrierte MdEP Alexandra Geese (Grüne/NW) in Bezug auf Verhandlungen mit der EU-Kommission. Hier begegne ihr permanentes Augenrollen, sobald sie darauf aufmerksam mache, dass der Fokus beim grünen Übergang auf Industriejobs für Männer liege. Frauen fänden kaum Berücksichtigung. Es sei wichtig, überhaupt eine Datenlage zu erhalten, für welches Geschlecht wie viele finanzielle Mittel bereitgestellt würden. Eva Gerhards, Stellvertretende Kabinettschefin der Kommissarin Helena Dalli, ging es vornehmlich um das geschlechtsspezifische Lohngefälle. Steigende Energiepreise träfen Frauen wegen der geringeren Entlohnung deutlich härter als Männer, umgekehrt würden aber neue Jobs in den Transformationsregionen vor allem für Männer geschaffen.

Ursula Nonnemacher, Sozialministerin des Landes Brandenburg, verstärkte die Beobachtung, dass die Fehler der 90er Jahre, als die Region schon einmal von der Abwanderung gut ausgebildeter junger Frauen betroffen war, nicht wiederholt werden dürften. Sie beschwor das demografische Echo. Die Kinder, die in den 90er nicht geboren wurden, stehen heute im Transformationsprozess nicht zur Verfügung. Überalterung sei die Folge. Auch die sächsische Staatsministerin Katja Meier teilte diese Einschätzung. Die ganze Region leide unter der Abwanderung junger Frauen und zwar wirtschaftlich, kulturell, sozial und politisch.

Julia Gabler vom TRAWOS-Institut forderte in diesem Zusammenhang einen Perspektivwechsel. Es sei sinnvoller zu fragen, warum die nicht abgewanderten Frauen hiergeblieben sind, und für diese neue Gestaltungsmöglichkeiten zu schaffen, statt den Abgewanderten hinterher zu trauern.

Konkret mitgenommen haben die Gleichstellungsbeauftragten, dass ihre Forderungen auch in Brüssel Gehör fanden und insbesondere die Schaffung einer geschlechtersensiblen Datenbasis auf großes Interesse stieß. Angedacht ist die Schaffung einer Fachstelle in der Lausitz, die den Namen »Fonds für den gerechten Übergang« ernst nimmt, und bei der Mittelvergabe prüft, ob Geschlechtergerechtigkeit ausreichend berücksichtigt wurde. Die Arbeiten für das Konzept der Fachstelle haben bereits begonnen.

Insbesondere Frauen sind von der Herrschaft der Taliban in Afghanistan und von den militärischen Auseinandersetzungen in den palästinensischen Gebieten sowie in Israel betroffen. Vor diesem Hintergrund veranstaltete die Friedrich-Ebert-Stiftung in Brüssel im Rahmen der europäischen Woche zur Geschlechtergleichstellung am 23.10.2023 eine Konferenz zum Modell der feministischen Außenpolitik.

(Praktikant Theo Lentzen/BG) »Wie und warum ist feministische Außenpolitik beispielsweise in der EU-Handelspolitik, EU-Erweiterungspolitik, EU-Entwicklungspolitik, in der NATO oder in der Außenpolitik aller Staaten zu etablieren«, war die Frage, auf die die Expertinnen der feministischen Außenpolitik Antworten suchten.

Die ehemalige schwedische Außenministerin Ann Linde beschrieb die feministische Außenpolitik als eine strategische Ausrichtung des auswärtigen Handelns eines Staates, die darauf abzielt, die Rechte der Frauen zu wahren, die Frauen zu repräsentieren und entsprechende Ressourcen für das Ziel der Geschlechtergleichstellung und der Umsetzung der Menschenrechte bereitzustellen. Linde hob hervor, dass eine feministische Außenpolitik die Frauenrechte stärkt, wodurch Frauen einen gerechteren Zugang zu wichtigen Positionen mit mehr Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft erlangen.

Für eine gelungene Umsetzung der feministischen Politik, forderten die Podiumsteilnehmerinnen, dass diese Form der politischen Ausrichtung sich zu einem obligatorischen politischen Bereich für politische Parteien entwickelt. Gleichzeitig riefen die Vertreterinnen der feministischen Außenpolitik dazu auf, Frauen aus der Zivilgesellschaft in die Umsetzung miteinzubeziehen. Ebenso betonten die Vortragenden, feministische Außenpolitik immer als permanent langfristige Strategie zu betrachten, damit es keinen Rückschritt im globalen Kampf für Geschlechtergerechtigkeit gebe. Die deutsche Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Svenja Schulze forderte, weitere Investitionen für die Ausbildung junger Frauen besonders in politischen als auch wirtschaftlich wichtigen Bereichen zu tätigen.

Die Generalsekretärin der Sozialistischen Internationale Benedicta Lasi hob in ihrem Beitrag die positiven Effekte einer Ausweitung des Konzepts der feministischen Außenpolitik hervor. Dazu nannte Lasi neben der Förderung der Menschenrechte das ökonomische Potenzial, das hinter einer vollständigen Geschlechtergleichstellung steht, da bei ca. 50 Prozent der Bevölkerung das Humankapital nicht mal annähernd ausgeschöpft würde. Des Weiteren fügte die Ghanaerin hinzu, dass feministische Außenpolitik eine Chance für die Staaten des globalen Südens sein könne, um sich weiter in der Weltpolitik zu behaupten. Ann Linde äußerte jedoch auch Bedenken gegen die Instrumentalisierung des Begriffs feministische Außenpolitik durch Regierungen, die sich mit Hilfe bloßer Versprechungen und Aktionspläne dieser politischen Ausrichtung zusätzliche Wähler/innen erhofften. Die Expertinnen waren sich einig, dass konkrete Leitlinien und Kriterien für den Ansatz der feministischen Außenpolitik definiert werden müssen, damit sich die feministische Außenpolitik nicht zu einem simplen Marketinglabel entwickelt.

Die Konferenz und ihre Teilnehmerinnen kamen zu dem Schluss, dass die Umsetzung von feministischer Außenpolitik nicht nur auf dem Papier in Aktionsplänen und Strategiepapieren stehen muss, sondern dass auch die Frauen bei der Umsetzung miteinzubeziehen sind.

(AV) Die EU-Kommission will die EU besser rüsten, um einem Missbrauch des visumfreien Reiseverkehrs zu begegnen. Zu den Herausforderungen gehören etwa vermehrte irreguläre Einreisen infolge der mangelnden Angleichung an die EU-Visumpolitik, Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren in von der Visumpflicht befreiten Ländern oder hybride Bedrohungen wie die staatliche Instrumentalisierung von Migranten. Die EU-Kommission hat diesbezüglich am 18.10.2023 eine Überarbeitung des derzeitigen Visa-Aussetzungsmechanismus vorgeschlagen.

Derzeit kann der Mechanismus nur in bestimmten Fällen ausgelöst werden, z. B. bei einem plötzlichen und beträchtlichen Anstieg der irregulären Migration oder Sicherheitsrisiken. Die vorgeschlagene Überarbeitung enthält drei wichtige Punkte. Die Gründe für die Aussetzung der Regelungen für visumfreies Reisen sollen erweitert werden, etwa im Falle einer unzureichenden Angleichung an die Visumpolitik der EU, hybrider Bedrohungen und der Anwendung von Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren. Die Dauer des derzeitigen Verfahrens soll verlängert werden, um Zeit für Abhilfemaßnahmen zu gewinnen. Außerdem soll ein neues Dringlichkeitsverfahren eingeführt werden, um bei Bedarf, etwa bei einem starken Anstieg der Zahl der Neuankömmlinge oder einer Bedrohung der Sicherheit, schneller reagieren zu können. Die Überwachungs- und Berichterstattungspflichten der EU-Kommission gegenüber visumfreien Ländern sollen ebenfalls gestärkt werden.

Das Europäische Parlament und der Rat der EU werden nun über den Kommissionsvorschlag zur Überarbeitung des Visa-Aussetzungsmechanismus verhandeln.

Die EU verfügt derzeit über eine Regelung für visumfreies Reisen mit 60 Drittstaaten. Staatsangehörige dieser Länder können für Kurzaufenthalte von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen ohne Visum in den Schengen-Raum einreisen. Der Visa-Aussetzungsmechanismus wurde im Jahr 2013 mit dem Ziel eingeführt, im Falle eines plötzlichen und beträchtlichen Anstiegs der irregulären Migration eine vorübergehende Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht zu ermöglichen. Im Jahr 2017 wurde der Aussetzungsmechanismus überarbeitet, indem den Mitgliedstaaten die Mitteilung von Gegebenheiten, die zu einer Aussetzung führen können, erleichtert und der EU-Kommission ermöglicht wurde, den Aussetzungsmechanismus auf eigene Initiative auszulösen.

(AV) In Reaktion auf den erhöhten Migrationsdruck hat die EU-Kommission einen EU-Aktionsplan für die östliche Mittelmeerroute vorgestellt. Er ergänze bereits vorgelegten Aktionspläne für den Westbalkan, das zentrale Mittelmeer, die westliche Mittelmeerroute und die Atlantikroute und sei der letzte Teil der Bemühungen, den Herausforderungen der irregulären Migration auf operativer Ebene zu begegnen, betonte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson bei der Vorstellung am 18.10.2023.

Dieser Aktionsplan umfasst 29 gezielte operative Maßnahmen, die in vier zentrale Bereiche untergliedert sind:

  1. Verhinderung irregulärer Ausreisen, Bekämpfung der Schleusung von Migranten und Schaffung legaler Migrationswege.
  2. Verbesserung des wirksamen Grenzmanagements entlang der östlichen Mittelmeerroute.
  3. Verstärkung der Kooperation im Bereich Rückkehr und Rückübernahme mit Herkunfts- und Transitländern.
  4. Gewährleistung einer effizienten Migrationssteuerung, Verbesserung der Asylverfahren und Unterstützung ausreichender Aufnahmekapazitäten.

Dieser Aktionsplan baut auf bestehenden Maßnahmen wie dem Instrumentarium für Verkehrsunternehmen, mit dem die Nutzung kommerzieller Verkehrsmittel zur Begünstigung der irregulären Migration in die EU angegangen werden, und auf Projekten zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität auf. Er soll außerdem der Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der EU-Kommission, den EU-Agenturen (Frontex, EUAA, Europol) und den Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich Migration und Grenzmanagement dienen.

(AV) Die Europäische Kommission will den Kampf gegen den Drogenhandel und die organisierte Kriminalität verstärken. Ein neuer Fahrplan mit insgesamt 17 Maßnahmen soll die Bekämpfung krimineller Netze intensivieren und wurde am 18.10.2023 vorgestellt. Dazu gehört beispielsweise eine neue Europäische Hafenallianz, um die Resilienz der Häfen gegen kriminelle Unterwanderung zu erhöhen. Der Drogenhandel zählt zu den größten Sicherheitsbedrohungen. Europa hat die USA als größten Kokainmarkt der Welt abgelöst, und die in der EU beschlagnahmte Menge an Kokain hat Rekordwerte erreicht. Allein im Jahr 2021 wurden 303 Tonnen sichergestellt.

(AV) Die Europäische Kommission will die potenziellen Bedrohungen durch zivile Drohnen bekämpfen. Dazu hat sie am 18.10.2023 eine umfassende Strategie vorgestellt, mit der sichergestellt werden soll, dass die technologischen Entwicklungen und die wachsende Zahl von Drohnen nicht zu einer unkontrollierten Zunahme der Bedrohungen im zivilen Raum führen. Die EU hat zwar die Verwendung bestimmter Drohnen für böswillige Zwecke erschwert, doch stellen ihre rasch fortschreitenden Fähigkeiten ein wachsendes Sicherheitsrisiko dar. Beispielsweise wurden sie von Kriminellen eingesetzt im Drogenschmuggel und -handel. Außerdem wurden verdächtige Drohnen in der Nähe kritischer Infrastrukturen gesichtet, was auf den möglichen Missbrauch von Drohnen zur feindlichen Informationsbeschaffung hinweist. Darüber hinaus kann der unrechtmäßige Einsatz von Drohnen auch die persönliche Sicherheit und das Recht auf Privatsphäre einzelner Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigen, insbesondere, wenn Drohnen in Wohngebieten eingesetzt werden.

(AV) Der Rat der EU hat am 04.10.2023 eine Einigung über die letzte Komponente einer gemeinsamen europäischen Asyl- und Migrationspolitik erzielt. In einer Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter bei der EU haben die Mitgliedstaaten ihr Verhandlungsmandat für die Verordnung über Krisensituationen festgelegt. Dieses Mandat bildet die Grundlage für die Verhandlungen zwischen dem Ratsvorsitz und dem Europäischen Parlament. Mit dem neuen Gesetz soll der Rahmen geschaffen werden, der es den Mitgliedstaaten ermöglichen würde, Krisensituationen im Bereich Asyl und Migration zu bewältigen, indem bestimmte Vorschriften angepasst werden, z. B. in Bezug auf die Registrierung von Asylanträgen oder das Asylverfahren an der Grenze. Diese Länder könnten auch Solidaritäts- und Unterstützungsmaßnahmen bei der EU und ihren Mitgliedstaaten anfordern. Die Krisenverordnung ist Teil des Migrations- und Asylpakets, das die Europäische Kommission am 23.09.2020 vorgeschlagen hatte.

(AV) Die Europäische Kommission hat am 22.09.2023 finanzielle Unterstützung in Höhe von 127 Mio. EUR für Tunesien angekündigt. Rund 60 Mio. EUR davon erhält Tunesien zur Umsetzung der gemeinsamen Absichtserklärung (Memorandum of Understanding, 17.07.2023), die restlichen rund 67 Mio. EUR sind für ein operatives Hilfspaket im Bereich Migration. Die Ankündigung folgte auf ein Telefongespräch zwischen dem EU-Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung Olivér Várhelyi und dem tunesischen Außenminister Nabil Ammar. Eine Delegation von Kommissionsbediensteten reiste nach Tunesien, um die Umsetzung, insbesondere der vorrangigen Maßnahmen, zu erörtern. Die EU und Tunesien wollen die Umsetzung der gemeinsamen Absichtserklärung zügig voranbringen. Laut EU-Kommission habe dabei die Zusammenarbeit im Bereich der Migration Vorrang, etwa bei der Bekämpfung der Schleusernetze, dem Kapazitätsaufbau der tunesischen Strafverfolgungsbehörden sowie der Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und Wiedereingliederung von Migranten in ihre Herkunftsländer unter uneingeschränkter Achtung des Völkerrechts.

(AV) Die EU-Kommission hat am 19.09.2023 vorgeschlagen, den vorübergehenden Schutz der Menschen, die vor der Aggression Russlands gegen die Ukraine fliehen, bis zum 03.03.2025 zu verlängern. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sagte dazu: »Der vorübergehende Schutz ist ein wichtiges Instrument, das das Leben vieler Menschen geprägt hat. Mehr als 4 Millionen Menschen konnten Hoffnung schöpfen und die Chance ergreifen, in der EU zu leben, zu arbeiten oder zur Schule zu gehen. So können sie selbst in Zeiten des Krieges ein Gefühl der Normalität erleben. Die EU wird mit ihren Mitgliedstaaten und anderen Partnern weiter zusammenarbeiten, um dafür zu sorgen, dass Menschen in Not auf europäischem Boden geschützt werden.« Die EU hat die Richtlinie über vorübergehenden Schutz am 04.03.2022 mit einstimmigem Beschluss der Mitgliedstaaten aktiviert. Der Schutz verlängerte sich automatisch um ein Jahr und gilt derzeit bis 03.03.2024. Nach Auffassung der EU-Kommission bestehen die Gründe für den vorübergehenden Schutz nach wie vor, weshalb eine Verlängerung notwendig und angemessen sei, denn in der derzeitigen instabilen Lage seien die Voraussetzungen für eine sichere und dauerhafte Rückkehr der Menschen, die vorübergehenden Schutz in der EU genießen, noch nicht gegeben. Der Vorschlag der EU-Kommission muss nun vom Rat der EU angenommen werden.

Vorschlag der Europäischen Kommission will rechtliche und administrative Hindernisse für gemeinnützige Organisationen beseitigen

(AV) Die EU-Kommission hat am 05.09.2023 einen Vorschlag zur Erleichterung der grenzübergreifenden Aktivitäten von Vereinen ohne Erwerbszweck in der EU vorgelegt. Durch diesen Vorschlag sollen rechtliche und administrative Hindernisse für gemeinnützige Organisationen, die in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind oder tätig werden wollen, beseitigt werden. Nach Ansicht der EU-Kommission wird so die Rolle, die Vereine ohne Erwerbszweck in der EU bei der Schaffung wirtschaftlicher und sozialer Werte spielen, gestärkt. Außerdem werden gleiche Rahmenbedingungen für sie geschaffen. Momentan ist es eher schwierig für Vereine ohne Erwerbszweck, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat tätig sind, in dem sie niedergelassen sind.

Derzeit wird ihre Rechtspersönlichkeit und -fähigkeit nicht einheitlich anerkannt und sie müssen sich häufig ein weiteres Mal eintragen lassen oder gar in diesem Mitgliedstaat einen neuen Rechtsträger gründen. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission wird die zusätzliche Rechtsform eines europäischen grenzübergreifenden Vereins (ECBA) in den nationalen Rechtssystemen der Mitgliedstaaten eingeführt. Die ECBA ist speziell für grenzüberschreitende Zwecke konzipiert und soll den bürokratischen Aufwand erheblich verringern. Sobald ein ECBA in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist, wird er automatisch anerkannt und kann in allen Mitgliedstaaten – auch wirtschaftlich – tätig werden. Der Vorschlag wird nun dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU zur Billigung vorgelegt. Nach der Annahme haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

(KS) Nachdem die Europäische Union und die Ukraine dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen im August 2022 beigetreten sind und gleichzeitig die Ratifizierung erfolgte, ist dieses am 01.09.2023 in Kraft getreten. Urteile in Zivil- und Handelssachen können somit zukünftig zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Ukraine gegenseitig anerkannt und vollstreckt werden. Ziel des 2019 unterzeichneten internationalen Vertrags ist es, Unternehmen, aber auch Bürgerinnen und Bürgern, den Zugang zu internationaler Rechtsdurchsetzung zu erleichtern sowie dabei entstehende Kosten zu verringern. Das Übereinkommen ist ebenfalls von Costa Rica, Israel, der Russischen Föderation, den USA und Uruguay unterzeichnet worden, die Ratifizierung durch diese Staaten steht jedoch noch aus. Es wird erwartet, dass sich zukünftig auch weitere Länder anschließen werden.

(AV) Nach dem tödlichen Erdbeben der Stärke 6,8 in Zentralmarokko hat die EU erste humanitäre Hilfe in Höhe von 1 Mio. EUR freigegeben. Das gab die Europäische Kommission am 11.09.2023 bekannt. So soll schnellstmöglich den am stärksten betroffenen Menschen geholfen werden. Diese Mittel unterstützen die humanitären Partner im Land. Seit Beginn des Erdbebens verfolge das EU-Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC) die Lage aufmerksam, so die EU-Kommission. Das Zentrum stehe in Kontakt mit den marokkanischen Behörden, um ihnen die umfassende Unterstützung der EU im Bereich des Katastrophenschutzes anzubieten. In diesem Zusammenhang hat die EU-Kommission Kontakt mit den Mitgliedstaaten aufgenommen, um Einsatzteams zu mobilisieren, falls Marokko dies für notwendig erachtet. Das Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union Copernicus wurde ebenfalls am 09.09.2023 aktiviert, um Notfallkartierungsdienste bereitzustellen.

(KS) Die EU-Kommission hat am 05.07.2023 ihren bisher vierten jährlichen Bericht über die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union vorgelegt, in welchem sie die Unabhängigkeit der Justiz, Korruptionsbekämpfung, die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien sowie die Gewaltenteilung in allen 27 Mitgliedstaaten bewertet.

Insgesamt, so das Fazit des diesjährigen Berichts, sei dabei ein positiver Trend vor allem im Bemühen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der im letzten Jahr erstmals ausgesprochenen Empfehlungen zu erkennen. So seien insgesamt zwei Drittel der Empfehlungen (65 Prozent) aus allen vier Bereichen ganz oder teilweise umgesetzt worden. Nichtsdestotrotz bestünden weiterhin systemische Bedenken hinsichtlich der Lage in einigen Mitgliedstaaten, wobei vor allem Polen kritisiert wird. Der deutschen Justiz bescheinigt die EU-Kommission ein hohes Maß an wahrgenommener Unabhängigkeit sowie Effizienz, bemängelt jedoch deren personelle Ausstattung sowie die Besoldung von Richterinnen und Richtern und empfiehlt, die Bemühungen zu intensivieren, angemessene Ressourcen für das Justizsystem bereitzustellen.

(KS) Die EU-Kommission hat am 05.07.2023 eine Überarbeitung der Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten vorgeschlagen. Der Vorschlag basiert dabei auf einer im letzten Jahr angenommenen Evaluierung der 2015 in Kraft getretenen Richtlinie und hat zum Ziel, insbesondere die Unterstützung von schutzbedürftigen Opfern, den Zugang zu Informationen sowie das Entschädigungsrecht zu verbessern.

Der Vorschlag sieht hierzu beispielweise u. a. die Einrichtung einer allgemeinen Hotline, die EU-weit unter der Nummer 116.006 erreichbar ist, sowie einer Internetseite mit Chat- und Mailfunktion vor. Neben speziellen, auf die jeweiligen Bedürfnisse von Opfern zugeschnittenen Sicherheitsmaßnahmen, wie zum Beispiel unentgeltliche psychologische Unterstützung, sind auch Maßnahmen zur Unterstützung von Opfern vor Gericht, wie Anhörungs- und Einspruchsrechte, die Garantie einer unverzüglichen Entschädigung im Rahmen des Strafverfahrens sowie die stärkere Berücksichtigung moderner Technologien in Strafprozessen vorgesehen.

Der Vorschlag wird nun im Europäischen Parlament und im Rat der EU beraten.

(KS) Die EU-Kommission hat am 20.07.2023 ihre jährliche Statistik zur Anwendung des Europäischen Haftbefehls veröffentlicht. Demnach haben die Justizbehörden 2021 ca. 15.000 Haftbefehle und damit etwas weniger als in den Vorjahren ausgestellt. Zugleich zeigen die Zahlen auch, dass die Dauer der Verfahren zur Übergabe von festgenommen Personen an das zuständige Mitgliedsland, dem sogenannten Übergabeverfahren, abgenommen habe. So hätte 2022 das Übergabeverfahren vom Tag der Festnahmen an, im Fall der Zustimmung der betroffenen Personen, 20,14 Tage bzw. ohne Zustimmung 53,72 Tage in Anspruch genommen. Im Jahr 2020 seien dies noch 21,26 Tage bzw. 72,45 Tage gewesen. Die am häufigsten betroffenen Delikte waren dabei auch 2021 Diebstahlsdelikte und Sachbeschädigung, Drogendelikte sowie Betrug und Korruption. Da es trotz dieser Verbesserung auch weiterhin Fälle von Fristüberschreitungen gebe, forderte die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Věra Jourová, die Mitgliedstaaten auf, unter Nutzung der verfügbaren Instrumente, einschließlich des Europäischen Haftbefehls, die grenzüberschreitende Kriminalität in der EU auch weiterhin wirksam zu bekämpfen.

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(AV) Mehrere Mittelmeer-Anrainerstaaten haben mit Waldbränden zu kämpfen, die sich weiter schnell ausbreiten. Die EU hat umgehend reagiert, sie verstärkt die Brandbekämpfung und leistet dringend benötigte Unterstützung. Seit dem 18.07.2023 erhalten Griechenland und Tunesien von der EU Hilfe. Die beiden Mittelmeerländer haben das EU-Katastrophenschutzverfahren aktiviert. Bulgarien, Kroatien, Zypern, Frankreich, Italien, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei und Serbien helfen bei der Waldbrandbekämpfung in Griechenland im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens. Insgesamt wurden mehr als 490 Feuerwehrleute und sieben Flugzeuge in verschiedene Gebiete des Landes entsandt. Ein EU-Verbindungsbeamter unterstützt die Koordinierung der Einsätze in Griechenland. Die Copernicus-Satellitenkartierung der EU dient dazu, die Schäden in mehreren Gebieten in der Region Attika und Rhodos zu bewerten. Darüber hinaus wurden zwei Canadair-Maschinen aus der rescEU-Reserve Spaniens in den Nordwesten von Tunesien entsandt. Das EU-Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen in Brüssel überwacht die Entwicklung von Waldbränden mit Unterstützung von Frühwarnsystemen wie dem Europäischen Waldbrandinformationssystem, während der Copernicus-Satellitenkartierungsdienst der EU die Operationen durch detaillierte Weltrauminformationen ergänzt.

(KS) Die Abgeordneten des Rechtsausschusses (JURI) des Europäischen Parlaments haben am 28.06.2023 ihr Mandat für die Verhandlungen mit dem Rat der EU über das im April 2022 von der Europäischen Kommission vorgelegte Gesetzgebungsvorhaben zur Bekämpfung von strategischen Klagen gegen die Öffentlichkeitsbeteiligung (SLAPPs) angenommen. Die neuen Vorschriften sollen EU-weit geltende Schutzmaßnahmen gegen solche sogenannte SLAPP-Klagen einführen, von denen meist Journalisten/innen, Medienorganisationen, Aktivisten/innen, Akademiker/innen, Künstler/innen und Forscher/innen betroffen sind. Die Abgeordneten weiten dabei u. a. den vorgeschlagenen Anwendungsbereich auf Rechtssachen aus, die für mehr als ein Land relevant und elektronisch zugänglich sind und sehen neben dem Antragsrecht für eine vorzeitige Einstellung des Verfahrens durch die/den Beklagte/n, zudem u. a. die Tragung aller Verfahrenskosten durch den/die Kläger/in, ein Recht auf Entschädigung und die Nichtanerkennung von entsprechenden Urteilen aus Drittländern vor. Darüber hinaus fordern die Abgeordneten rechtliche, finanzielle und psychologische Unterstützung für Opfer sowie die Aufnahme entsprechender Gerichtsentscheidungen in EU-weite Datenbanken. Das Plenum wird das Mandat voraussichtlich im Juli 2023 billigen, so dass anschließend die Verhandlungen mit dem Rat der EU, der sein Mandat bereits Anfang Juni 2023 verabschiedet hat, beginnen können.

(KS) Die Ausschüsse für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) des Europäischen Parlaments haben am 29.06.2023 mit einer überwiegenden Mehrheit ihren Standpunkt zum Vorschlag der Europäischen Kommission zu einer Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen angenommen. Im Gegensatz zur Position des Rates der EU, der seine Allgemeine Ausrichtung zu dem Gesetzesvorschlag Anfang Juni 2023 ebenfalls angenommen hatte, fordern die EU-Abgeordneten insbesondere eine EU-weit einheitliche strafrechtliche Definition von Vergewaltigung, welche auf Einverständnis basiert. Neben weiteren Tatbeständen, die eine freie Entscheidungsfindung ausschließen, einer erweiterten Liste zu erschwerenden Umständen und ergänzenden strafrechtlichen Vorschriften für andere sexuelle Übergriffe, nimmt der verabschiedete Text zudem strengere Regeln für Cybergewalt, wie unter anderem die Weitergabe von »intimen Material«, welche auch Nacktbilder und Videos nicht sexueller Natur umfassen soll, sowie eine bessere Unterstützung der Opfer, beispielweise durch kostenlosen Rechtsbeistand, in den Fokus. Nach der Billigung des Verhandlungsmandates durch das Plenum, voraussichtlich im Juli 2023, werden die Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Rat beginnen.

(KS) Der Rat der EU und das EU-Parlament haben am 28.06.2023 eine vorläufige Einigung über ein Gesetzespaket zur Digitalisierung der justiziellen Zusammenarbeit und zum Zugang zur Justiz erzielt. Die zwei Richtlinienvorschläge wurden von der Europäischen Kommission im Dezember 2022 vorgelegt und haben insgesamt zum Ziel, die Justizsysteme der Mitgliedstaaten zu digitalisieren, leichter zugänglich sowie effektiver zu gestalten. Die Rechtsakte werden zukünftig Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, in grenzüberschreitenden Verfahren in Zivil-, Handels- und Strafsachen über einen europäischen elektronischen Zugangspunkt mit den zuständigen Behörden zu kommunizieren sowie es Behörden ermöglichen, untereinander fallbezogene Daten über sichere und zuverlässige digitale Kanäle auszutauschen. Daneben werden die Vorschriften zudem neben der Anerkennung elektronischer Kommunikation und Dokumenten mit elektronischen Signaturen oder Siegeln ebenfalls die Möglichkeit eröffnen, in den genannten Bereichen Anhörungen mittels Videokonferenz oder anderer Fernkommunikationstechnologie durchzuführen sowie Zahlung von Gebühren auf elektronischem Wege zu erleichtern. Bevor beide Gesetzestexte durch den Rat und das EU-Parlament formell angenommen und in Kraft treten können, muss die nun gefundene Einigung von den Vertretern der Mitgliedstaaten gebilligt werden.

(AV) Die Europäische Union sendet 500 Generatoren in die Region rund um den zerstörten Staudamm Nowa Kachowka. Die Generatoren sind unterschiedlich groß, von 12,5 kVA bis 1.100 kVA, und haben einen Gesamtwert von 16 Mio. EUR. Sie stammen aus rescEU-Beständen in Polen und sollen dabei helfen, kritische Infrastrukturen in der Südukraine wiederherzustellen. Dazu gehören zum Beispiel Wasserpumpen und Kläranlagen. Der Dammbruch hat die humanitäre Lage im Süden der Ukraine verschärft, der Stausee war das größte Reservoir der Welt.

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(AV) Seit 19.06.2023 sind am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg in Niedersachsen zwei Löschflugzeuge als Teil der so genannten rescEU-Flotte stationiert. Die beiden Leichtflugzeuge vom Typ Air Tractor AT 802/A wurden vor allem aus EU-Mitteln finanziert und stehen in dieser Saison bis zum 30.10.2023 für die gemeinsame europäische Waldbrandbekämpfung bereit. Die EU bezahlt 75 Prozent der Kosten für den operativen Einsatz, den Bereitschaftszustand und das Personal dieser zwei Flugzeuge, wenn sie über das rescEU-Verfahren angefragt werden und Einsätze fliegen. In der Zeit, in der die Flugzeuge nicht für Einsätze an der Grenze zu Deutschland oder in anderen Ländern gebraucht werden, kann Deutschland sie für eigene Zwecke nutzen. Die Bereitstellung der Flugzeuge hat 2 Mio. EUR gekostet, 1,5 Mio. EUR davon stammen aus dem EU-Budget.

(AV) Die Verfügbarkeit von Drogen in Europa ist nach wie vor hoch, und der Umfang sowie die Komplexität der illegalen Drogenproduktion in Europa nehmen weiter zu. Menschen, die Drogen konsumieren, sind heute einer breiteren Palette psychoaktiver Substanzen ausgesetzt, die oft eine hohe Potenz und Reinheit aufweisen. Zu diesen Ergebnissen kommt der jährliche Europäische Drogenbericht der EU-Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) in Lissabon, der am 16.06.2023 veröffentlicht wurde. Die Analyse deckt ein breites Spektrum an illegalen Drogen ab, von Opioiden und Stimulanzien bis hin zu neuen Cannabisprodukten und dissoziativen Drogen (z. B. Ketamin). Darüber hinaus bietet sie einen aktuellen Überblick über neue psychoaktive Substanzen (NPS), die weiterhin eine Herausforderung für die öffentliche Gesundheit in Europa darstellen. Allein im Jahr 2022 wurden dem Frühwarnsystem der EU (EWS) 41 neue Substanzen gemeldet, sodass die EMCDDA nun insgesamt 930 neue Drogen beobachtet. Grundlage des Berichtes sind Daten aus 29 Ländern (EU-27, Türkei und Norwegen). Neben einem aktuellen Überblick werden langfristige Trends und aufkommende Bedrohungen untersucht.

EU-Innenrat legt bei zwei wichtigen Gesetzesvorhaben seine Verhandlungsposition für den Trilog fest

(AV) Der Rat der EU-Innenministerinnen und -minister einigte sich am 08.06.2023 auf eine Verhandlungsposition zur Asylverfahrensverordnung und zur Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement. Sie wird die Grundlage für die Verhandlungen des Ratsvorsitzes mit dem Europäischen Parlament bilden. Beide Rechtsakte sind Teil des Migrations- und Asylpakets, das mehrere Vorschläge zur Reform der Migrations- und Asylvorschriften der EU umfasst. Dieses neue Migrations- und Asylpaket vom 23.09.2020 ging mit einer Reihe von Legislativvorschlägen einher.

Mit der Asylverfahrensverordnung wird in der gesamten EU ein gemeinsames Verfahren eingeführt, das die Mitgliedstaaten einhalten müssen, wenn Personen um internationalen Schutz nachsuchen. Sie strafft die Verfahrensmodalitäten (z. B. die Dauer des Verfahrens) und legt Standards für die Rechte des Asylsuchenden fest (z. B. die Bereitstellung eines Dolmetschers oder der Anspruch auf Rechtsberatung und -vertretung). Die Verordnung zielt auch darauf ab, einen Missbrauch des Systems zu verhindern, da für Antragsteller klare Verpflichtungen zur Zusammenarbeit mit den Behörden während des gesamten Verfahrens festgelegt werden. Außerdem sollen verbindliche Verfahren an der Grenze eingeführt werden, damit an den Außengrenzen der EU schnell festgestellt wird, ob Anträge unbegründet oder unzulässig sind.

Personen, die dem Asylverfahren an der Grenze unterliegen, dürfen nicht in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats einreisen. Das Verfahren an der Grenze würde zur Anwendung kommen, wenn ein Asylsuchender an einer Außengrenzübergangsstelle einen Antrag stellt, nachdem er im Zusammenhang mit einem illegalen Grenzübertritt aufgegriffen und nach einer Such- und Rettungsaktion ausgeschifft wurde. Das Verfahren ist für die Mitgliedstaaten obligatorisch, wenn der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellt, wenn er die Behörden durch falsche Angaben oder durch Zurückhalten von Informationen getäuscht hat und auch wenn er Angehöriger eines Drittstaats mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent ist. Die Höchstdauer des Asyl- und Rückkehrverfahrens an der Grenze sollte sechs Monate nicht überschreiten. Zur Durchführung von Verfahren an der Grenze müssen die Mitgliedstaaten angemessene Aufnahme- und Personalkapazitäten aufbauen, um jederzeit eine bestimmte Zahl von Anträgen zu prüfen und Rückkehrentscheidungen vollstrecken zu können.

Die Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement soll künftig die geltende Dublin-Verordnung ersetzen. Die Dublin-Verordnung enthält Vorschriften zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Mit der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement werden diese Vorschriften gestrafft und die Fristen verkürzt. So wird beispielsweise das derzeitige komplexe Wiederaufnahmeverfahren zur Überstellung eines Antragstellers in den für seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat durch eine einfache Wiederaufnahmemitteilung ersetzt.

Um das derzeitige System, bei dem nur wenige Mitgliedstaaten für die überwiegende Mehrheit der Asylanträge zuständig sind, auszubalancieren, wird ein neuer Solidaritätsmechanismus vorgeschlagen. Die neuen Vorschriften kombinieren verbindliche Solidarität mit Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Wahl der einzelnen Beiträge. Diese Beiträge umfassen Übernahmen, Finanzbeiträge oder alternative Solidaritätsmaßnahmen wie die Entsendung von Personal oder Maßnahmen mit Schwerpunkt auf Kapazitätsaufbau.

Es liegt im uneingeschränkten Ermessen der Mitgliedstaaten, welche Form der Solidarität sie leisten. Kein Mitgliedstaat wird verpflichtet sein, Übernahmen vorzunehmen. Es wird eine jährliche Mindestanzahl für Übernahmen aus Mitgliedstaaten, in denen die meisten Personen in die EU einreisen, in Mitgliedstaaten geben, die weniger stark von solchen Ankünften betroffen sind. Diese Zahl wird auf 30.000 festgesetzt, während die jährliche Mindestzahl für Finanzbeiträge auf 20.000 EUR pro Übernahme festgesetzt wird. Diese Zahlen können bei Bedarf erhöht werden und es werden auch Situationen berücksichtigt, in denen in einem bestimmten Jahr kein Solidaritätsbedarf vorgesehen ist. Um eine möglicherweise unzureichende Zahl zugesagter Übernahmen auszugleichen, werden als sekundäre Solidaritätsmaßnahme Verrechnungen der Verantwortlichkeit für von Solidarität begünstigte Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen. Dies bedeutet, dass der beitragende Mitgliedstaat die Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrags von Personen übernimmt, die unter normalen Umständen in den zuständigen Mitgliedstaat (begünstigter Mitgliedstaat) überstellt würden. Diese Regelung wird verbindlich, wenn die Übernahmezusagen unter 60 Prozent des vom Rat für das betreffende Jahr ermittelten Gesamtbedarfs liegen oder die in der Verordnung festgelegte Zahl (30.000) nicht erreichen.

Die Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement enthält auch Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch durch Asylbewerber und zur Vermeidung von Sekundärmigration (wenn ein Migrant das Land verlässt, in dem er zuerst angekommen ist, um woanders Schutz zu suchen oder eine dauerhafte Neuansiedlung zu erreichen). Die Verordnung sieht beispielsweise vor, dass Asylbewerber im Mitgliedstaat der ersten Einreise oder des rechtmäßigen Aufenthalts einen Antrag stellen müssen. Sekundärbewegungen sollen verhindert werden, indem die Möglichkeiten für die Übertragung oder Verschiebung der Zuständigkeit zwischen den Mitgliedstaaten eingeschränkt werden, wodurch für den Antragsteller die Möglichkeiten eingeschränkt werden, den Mitgliedstaat, in dem er seinen Antrag stellt, auszuwählen.

Während in der neuen Verordnung die wichtigsten Vorschriften über die Bestimmung der Zuständigkeit beibehalten werden sollen, umfassen die vereinbarten Maßnahmen geänderte Fristen für ihre Dauer:

  • Der Mitgliedstaat der ersten Einreise ist für die Dauer von zwei Jahren für den Asylantrag zuständig;
  • wenn ein Land eine Person in den Mitgliedstaat überstellen möchte, der tatsächlich für den Migranten zuständig ist, und diese Person flüchtig ist (z. B. wenn der Migrant untertaucht, um sich einer Überstellung zu entziehen), wird die Zuständigkeit nach drei Jahren auf den überstellenden Mitgliedstaat übergehen;
  • lehnt ein Mitgliedstaat einen Antragsteller im Grenzverfahren ab, so erlischt seine Zuständigkeit für diese Person nach 15 Monaten (im Falle eines erneuten Antrags).

Am 09.06.2023 trafen sich die europäischen Justizministerinnen und -minister zum zweiten und letzten Mal unter schwedischer Ratspräsidentschaft, wo sie zu wichtigen aktuellen Gesetzesvorschlägen gemeinsame Standpunkte verabschiedeten, welche nun Grundlage für zukünftige Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens sein werden.

(KS) Die Einigungen betreffen dabei neben dem Kampf gegen organisierte Kriminalität, den Schutz der öffentlichen Debatte sowie die Strafbarkeit von Verstößen gegen EU-Sanktionen, insbesondere die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Nachdem der Rat erst kürzlich den Weg für den Beitritt der EU zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul Konvention) freigemacht hatte, einigten sich die Ministerinnen und Minister nun auf neue Vorschriften die künftig Taten wie weibliche Genitalverstümmelung, Cyber-Stalking oder Cyber-Belästigung EU-weit unter Strafe stellen sowie die Meldung von Gewalt gegen Frauen und die Unterstützung und Hilfe für Opfer verbessern werden.

Daneben konnte sich der Rat zudem auf neue Regeln über strategische Klagen gegen die Öffentlichkeit (sog. SLAPP-Klagen) einigen, um unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen Journalisten und Menschenrechtsverteidiger zu verhindern. Der Vorschlag enthält Vorschriften zu Verfahrensgarantien und weiteren Schutzmaßnahmen wie Rechtsmitteln, um Personen, gegen die solche Klage erhoben werden, vor teuren und langwierigen Verfahren zu schützen.

Neben einem erneuten Austausch über die Untersuchung und Verfolgung von Verstößen gegen die restriktiven Maßnahmen der EU im Zusammenhang mit der Aggression Russlands gegen die Ukraine erzielte die Runde auch eine gemeinsame Position zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen sowie eine Allgemeine Ausrichtung zum Richtlinienvorschlag über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten. Die Einigung sieht vor, dass die bestehenden Vorschriften über die Einziehung und Beschlagnahme von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten verschärft werden. Dies umfasst auch Erträge aus Verstößen gegen EU-Sanktionen sowie unter bestimmten Bedingungen die Einziehung von ungeklärtem Vermögen.

Neben der weiteren Positionierung zu einer Aktualisierung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels, stand für die in Luxemburg abgehaltene Ratssitzung zudem ein Meinungsaustausch über die justiziellen Aspekte der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und insbesondere den notwendigen Ausgleich zwischen Ermittlungsmaßnahmen und dem Schutz der Grundrechte, sowie Sachstandsberichte zu den aktuellen Entwicklungen in Bezug auf die Europäische Staatsanwaltschaft (EuStA) und den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention auf der Agenda.

Die spanische EU-Ratspräsidentschaft informierte zudem über ihr Arbeitsprogramm ab Juli 2023.

(KS) Das Europäische Parlament hat am 12.06.2023 das Gesetzespaket zu elektronischen Beweismitteln (E-Evidence) verabschiedet und damit den mit dem Rat der EU bereits im Januar vereinbarten Kompromisstext formell bestätigt. Die neuen Regeln, bestehend aus der Verordnung über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen und der Richtlinie über gesetzliche Vertreter, werden es zukünftig Justizbehörden ermöglichen, Anordnungen für die Herausgabe elektronischer Beweismittel innerhalb von zehn Tagen, in Ausnahmefällen acht Stunden, direkt an einen Telekommunikations- oder Internetdienstanbieter in anderen Mitgliedstaaten zu richten oder aber deren Speicherung für bis zu 60 Tage zu verlangen, um den Verlust relevanter Daten zu verhindern. Vorgesehen sind dabei strenge Vorkehrungen zum Schutz der Grundrechte und des Datenschutzes. Die Richtlinie legt die Regeln für die Bestellung von für die Entgegennahme solcher Anordnung zuständigen Rechtsvertretern durch die Diensteanbieter fest.

Die Rechtstexte werden nach der förmlichen Annahme durch den Rat der EU 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten. Die Umsetzungsfrist für die Richtlinie beträgt dann 30 Monate nach Inkrafttreten. Die Verordnung gilt 36 Monate nach dem Tag ihres Inkrafttretens.

(KS) Die EU-Kommission hat am 08.06.2023 ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet und ein entsprechendes Aufforderungsschreiben versandt. Gegenstand ist das jüngst in Polen in Kraft getretene Gesetz zur Prüfung des Einflusses Russlands auf die innere Sicherheit des Landes. Nach Auffassung der EU-Kommission greift das Gesetz in unzulässiger Weise in den demokratischen Prozess ein und verstoße daher gegen EU-Recht. So sei etwa nicht ausgeschlossen, dass der hierzu eingerichtete staatliche Sonderausschuss im Rahmen seiner Untersuchungen und öffentliche Anhörungen, zum einen den Ruf von Kandidaten bei Wahlen schädigen bzw. letztlich durch die Feststellung einer russischen Einflussnahme auch die politischen Rechte von bei demokratischen Wahlen gewählten Personen einschränken könnte.

Polen hat nun 21 Tage Zeit zu den Ausführungen des Aufforderungsschreibens Stellung zu nehmen. Soweit die Regierung die Bedenken nicht ausräumt, kann die EU-Kommission anschließend in einem nächsten Schritt eine begründete Stellungnahme übersenden.

(AV) Aufgrund eines Hilfe-Ersuchens der ukrainischen Behörden wegen des Zusammenbruchs des Kachowka-Staudamms mobilisiert die EU nach Angaben vom 14.06.2023 strategische Reserven aus den rescEU-Kapazitäten: Sie entsendet drei mobile Wasseraufbereitungsanlagen. Jede dieser Anlagen kann 120.000 Liter sauberes Wasser pro Tag erzeugen und trägt dazu bei, eines der dringendsten Bedürfnisse in dem Gebiet – den Zugang zu Trinkwasser – zu decken.

Mittlerweile haben 16 europäische Länder (Deutschland, Österreich, Belgien, Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Lettland, Litauen, die Niederlande, Norwegen, Polen, Spanien und Schweden) im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens Hilfe angeboten. Sie stellen Wassertankschiffe, Wasserpumpen, Boote, Rettungsausrüstung, Generatoren und andere lebensrettende Sachleistungen in den betroffenen Gebieten bereit. Die humanitären Partner der EU in der Ukraine haben ihre laufenden Maßnahmen neu ausgerichtet, um den betroffenen Bevölkerungsgruppen lebensrettende Hilfe zu leisten. Dazu gehört die Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln, Bargeldhilfe und die Bereitstellung von Unterkünften. Um die humanitären Maßnahmen vor Ort weiter zu unterstützen, hat die EU zusätzliche 500.000 EUR bereitgestellt. Das Geld soll den unmittelbaren Bedarf infolge der Zerstörung des Kachowka-Staudamms decken. Diese Mittel kommen zu den bereits 2023 für die Ukraine bereitgestellten 200 Mio. EUR an humanitärer Hilfe hinzu.

(AV) Schengen-Visumverfahren werden künftig vollständig digitalisiert. Darauf haben sich am 13.06.2023 Europäisches Parlament und Rat der EU politisch geeinigt. Die vereinbarten Vorschriften modernisieren, vereinfachen und vereinheitlichen durch Digitalisierung die Visumverfahren für Drittstaatsangehörige, die ein Visum beantragen, ebenso wie für Mitgliedstaaten, die diese Visa erteilen. Die Verordnung zielt auf die Modernisierung zweier zentraler Aspekte des Visumverfahrens ab: die Digitalisierung der Visummarke und die Digitalisierung des Visumantrags durch die Einrichtung einer EU-Online-Visumantragsplattform (EU-VAP). Derzeit sind die Visumverfahren für den Schengen-Raum nach wie vor sehr papierlastig und damit sowohl für Reisende als auch für die Mitgliedstaaten kostenaufwendig. Die Antragsverfahren für Schengen-Visa unterscheiden sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, und nur in sehr wenigen von ihnen sind sie teilweise digitalisiert. Bei physischen Visummarken ist die Gefahr von Fälschungen, Betrug und Diebstahl höher – diese Risiken sollen durch digitale Visa erheblich gemindert werden. Die Verordnung muss noch vom Europäischen Parlament und vom Rat förmlich angenommen werden.

In einer am 01.06.2023 mit großer Mehrheit angenommen Entschließung kritisiert das Europäische Parlament erneut die Lage hinsichtlich der Einhaltung der Grundwerte, der Europäischen Union in Ungarn scharf und fordert Konsequenzen für die 2024 anstehende Ratspräsidentschaft des Landes.

(KS) Die Europaabgeordneten kritisieren dabei eine erneute Verschlechterung der Lage der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in dem Land und prangern ein systematisches und bewusstes Vorgehen der ungarischen Regierung in Bezug auf die Einhaltung der EU-Grundwerte an. Neben der Form des Regierens per Notdekreten ohne erkennbar ausreichende Gefahrenlage sowie die ohne ausreichende parlamentarische Kontrolle und öffentliche Konsultation erfolgte Verabschiedung von Gesetzen, verurteilen die Abgeordneten dabei zugleich erneute Angriffe auf die Rechte von LGBTIQ+-Personen und ungarische Lehrkräfte.

Besorgt zeigen sich die Abgeordneten dabei auch weiterhin in Hinblick auf die in dem Land bestehende systematische Korruption, welche letztlich zur Anwendung der sogenannten Rechtsstaatskonditionalität gegen das Land und das Einfrieren von für Ungarn vorgesehene Zahlungen in Höhe von 6,3 Mrd. EUR zur Folge hatte. In diesem Zusammenhang kritisiert der Text dabei insbesondere auch jüngste EU-feindliche Kampagnen, die aus Sicht der Abgeordneten vor allem dazu dienen von systematischer Korruption und dieser und weiterer Missachtung der EU-Grundwerte in dem Land abzulenken.

Hinsichtlich der eingefroren Gelder weisen die Parlamentarier/innen daher darauf hin, dass diese nur dann freigegeben werden sollten, soweit das Land alle Bedingungen in der Praxis erfüllt und fordert insoweit die Europäische Kommission auf, das EU-Parlament auch in Bezug auf die Fortschritte im Rahmen der der ebenfalls zurückgehaltenen Gelder aus dem Corona-Aufbaufonds aufgestellten Etappenziele ausreichend einzubeziehen.

Besorgt zeigen sich die MdEPs aber insbesondere auch mit Blick auf die durch Ungarn im zweiten Halbjahr 2024 zu übernehmende Ratspräsidentschaft und äußern ihre Sorge, dass das Land die damit verbundene Rolle und Verantwortung angesichts der aufgeführten Probleme »glaubwürdig erfüllen« könne. Insbesondere mit Blick auf die grundsätzliche Rolle der Ratspräsidentschaft in Bezug auf die Gesetzgebung und Kontinuität fordern die Abgeordneten den Rat der EU daher auf, eine entsprechende Lösung hierzu zu finden. Anderenfalls, so der Text weiter, könne auch das EU-Parlament geeignete Maßnahmen ergreifen.

(AV) Zur Feier des Tages gab es auch Geschenke: EU-Kommissar für Krisenmanagement Janez Lenarčič kündigte am 30.05.2023 im Rahmen seiner Rede anlässlich des 10. Geburtstags des Zentrums für die Koordination von Notfallmaßnahmen der EU (Emergency Response Coordination Centre ERCC) an, dass die rescEU-Flotte für die Brandbekämpfung aus der Luft in der Waldbrandsaison 2023 verdoppelt wird. Die rescEU-Reserve für Löschflugzeuge für diesen Sommer umfasst damit 24 Flugzeuge und vier Hubschrauber aus zehn Mitgliedstaaten. Deutschland steuert zwei Leichtflugzeuge bei und stellt 40 Feuerwehrkräfte bereit. Außerdem wird am EU-Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC) ein Waldbrandunterstützungsteam eingerichtet, das von Mitte Juni bis Mitte September eine echtzeitnahe Überwachung und Analyse der Waldbrandsituation ermöglichen soll. Das ERCC ist rund um die Uhr in Betrieb. Auf Anfrage der nationalen Behörden oder eines UN-Gremiums kann es jedem Land innerhalb oder außerhalb der EU helfen, das von einer Katastrophe größeren Ausmaßes betroffen ist.

(AV) Der Rat der EU hat am 22. 05. 2023 bestätigt, dass die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament vom 06.06.2024 bis 09.06.2024 stattfinden werden. Dies sind die Termine, die gemäß dem EU-Wahlakt gelten, in dem festgelegt ist, dass die Wahlen zum Europäischen Parlament alle fünf Jahre, normalerweise in der ersten vollen Juniwoche zwischen Donnerstag und Sonntag, stattfinden. Die Termine wurden nach einem Austausch in den Vorbereitungsgremien des Rates bestätigt. Die Mitgliedstaaten legen nun im Einklang mit ihrem jeweiligen rechtlichen und verfassungsrechtlichen Rahmen den Termin bzw. die Termine im Zeitraum vom 06.06.2024 bis 09.06.2024 fest, an dem bzw. denen sie die Wahl in ihrem Land abhalten werden.

(AV) Die für Sport zuständigen EU-Ministerinnen und -Minister berieten am 15.05.2023 im Rat der Europäischen Union darüber, dass die Achtung der Menschenrechte bei der Organisation großer internationaler Sportveranstaltungen gewährleistet sein muss. Sie betonten die Notwendigkeit einer verantwortungsvollen Verwaltung im Sport und erörterten, wie die Transparenz und die Achtung der Menschenrechte bei der Vergabe und Durchführung internationaler Sportveranstaltungen sowie bei den Tätigkeiten nationaler, europäischer und anderer internationaler Sportorganisationen im Einklang mit den Leitprinzipien der Vereinten Nationen gestärkt werden können. Außerdem ging es um die Politisierung von Sportveranstaltungen. Mehrere Ministerinnen und Minister ergriffen das Wort, um ihre Solidarität mit der Ukraine zum Ausdruck zu bringen, und betonten, dass sie die Teilnahme russischer und belarussischer Athleten an großen internationalen Sportveranstaltungen wie den bevorstehenden Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris entschieden ablehnen. An der Erörterung nahmen der stellvertretende ukrainische Minister für Jugend und Sport Andrij Tschesnokow und die Exekutivsekretärin des Erweiterten Teilabkommens über Sport (EPAS) des Europarates und Leiterin der Sportabteilung, Sophie Kwasny, teil.

(KS) Die EU-Kommission hat am 31.05.2023 einen Vorschlag zur Stärkung der Rechte von Menschen vorgelegt, die aufgrund einer Beeinträchtigung oder der Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten, wie (altersbedingten) Erkrankungen, ihre eigenen Interessen, bspw. im Rahmen medizinischer Behandlungen oder Immobilienkäufen im Ausland, nicht schützen können. Die Vorschriften legen hierzu für grenzüberschreitende Situationen u. a. das jeweils zuständige Gericht und anwendbare Recht sowie die Voraussetzungen für eine rechtswirksame Anerkennung von in einem Mitgliedstaat getroffenen Entscheidungen fest. Die Vorschriften sollen zudem die Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten erleichtern. So soll beispielsweise ein europäisches Vertretungszertifikat zum leichteren Nachweis einer bestehenden Vertretungsmacht eingeführt sowie Register mit Angaben zu entsprechenden Maßnahmen bzw. dem Schutzstatus in einem anderen Mitgliedstaat errichtet und die digitale Kommunikation erleichtert werden. Nach Erörterung im Gesetzgebungsverfahren wird der Verordnungsvorschlag vom Europäischen Parlament und Europäischen Rat, der Vorschlag für einen Beschluss des Rates nach Anhörung des EU-Parlaments vom Rat angenommen.

(KS) Nachdem bereits am 10.05.2023 das Europäische Parlament dem Beitritt der EU zum Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) zugestimmt hatte, hat der Rat der Europäischen Union nunmehr den Beitritt zu dem Übereinkommen ebenfalls endgültig gebilligt und damit den Weg für die Ratifizierung geebnet. Das Übereinkommen stellt einen rechtlichen Rahmen zum Schutz von Frauen vor Gewalt zur Verfügung und enthält eine Reihe von Maßnahmen, wie Datenerhebung und Sensibilisierung sowie Tatbestände zur Kriminalisierung verschiedener Formen von Gewalt gegen Frauen und Maßnahmen zum Schutz von Opfern und Unterstützungsdiensten und umfasst geschlechtsspezifische Gewalt in Asyl- und Migrationsangelegenheiten. Obwohl die Konvention bereits 2014 in Kraft getreten und 2017 durch die EU unterzeichnet worden war, scheiterte der Beitritt zuvor an einer fehlenden Einstimmigkeit. Einem Gutachten des Europäischen Gerichthofes zufolge, konnte auf diese jedoch nun verzichtet werden. Der Beitritt ersetzt dabei nicht die Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten und mit dem Beitritt kann das Übereinkommen allein in den Bereichen, die in die ausschließliche oder geteilte Zuständigkeit der EU fallen, durchgesetzt werden. Bisher sind weiterhin sechs Mitgliedstaaten - Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Litauen, Lettland, Slowakei - der Istanbul-Konvention noch nicht beigetreten, Polen hat zudem den Austritt aus dem Übereinkommen angekündigt.

Europäische Kommission ruft Mitgliedstaaten in einer Empfehlung zum Handeln auf

(AV) Die EU-Kommission hat die Mitgliedstaaten am 04.05.2023 aufgefordert, den Kampf gegen gewerbsmäßige Online-Piraterie von Sport- und anderen Live-Veranstaltungen wie Konzerten und Theateraufführungen zu verstärken. In einer Empfehlung fordert sie die nationalen Behörden, Rechteinhaber und Anbieter von Vermittlungsdiensten auf, gegen die unerlaubte Weiterverbreitung solcher Streamings vorzugehen, unter Einhaltung der Grundrechte und der Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten.

Die Empfehlung konzentriert sich auf drei Aspekte:

  • Zügige Bearbeitung von Meldungen im Zusammenhang mit Live-Veranstaltungen: Gestützt auf das Gesetz über digitale Dienste wird unterstrichen, wie wichtig es sei, dass Anbieter von Hostingdiensten schnell tätig werden, um die durch illegales Streaming verursachten Schäden so gering wie möglich zu halten.
  • Dynamische Anordnungen: Gestützt auf die in der Durchsetzungsrichtlinie vorgesehenen Abhilfemaßnahmen, die auf Erfahrungen in einigen Mitgliedstaaten aufbauen, unterstützt die Empfehlung die Anwendung von auf Live-Veranstaltungen zugeschnittenen Sperrverfügungen; im Falle von Live-Sportveranstaltungen werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Sportveranstaltern die Befugnis zum Beantragen einer Anordnung einzuräumen, wo dies aktuell nicht möglich ist.
  • Gewerbliche Angebote und Sensibilisierung: Sie empfiehlt den Organisatoren von Sport- und anderen Live-Veranstaltungen und Sendeunternehmen, ihre gewerblichen Angebote für Endnutzerinnen und -nutzer in der gesamten Union leichter verfügbar, erschwinglicher und attraktiver zu machen. Die Mitgliedstaaten hält sie dazu an, auf der Ebene der Verbraucher die Nutzerinnen und Nutzer für legale Angebote dieser Art von Inhalten zu sensibilisieren und auf Ebene der Durchsetzungsbehörden das Bewusstsein für das Thema Piraterie zu schärfen.

Die Empfehlung soll nach Ansicht der EU-Kommission zudem die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden sowie zwischen Rechteinhabern und Vermittlern fördern, um wirksamer gegen das Phänomen der unerlaubten Weiterverbreitung von Live-Veranstaltungen anzugehen. Ein wichtiges Ziel ist, einen regelmäßigen Informationsaustausch der Verwaltungsbehörden über angewendete Maßnahmen, Herausforderungen und bewährte Verfahren im Bereich Bekämpfung von Online-Piraterie zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten über Grenzen hinweg ist wichtig, denn auch die Piraterie erfolgt naturgemäß grenzüberschreitend.

Und schließlich soll ein solides Monitoringsystem eingerichtet werden, um die Wirkung der Empfehlung auf die Bekämpfung der Piraterie zu bewerten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Diese Arbeit soll mit Unterstützung der Europäischen Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums (EUIPO-Beobachtungsstelle) erfolgen und die Festlegung klarer wesentlicher Leistungsindikatoren (KPI) für ein wirksames Monitoring beinhalten.

Auf der Grundlage dieses Monitoring will die EU-Kommission bis zum 17.11.2025 die Wirkung der Empfehlung auf die unerlaubte Weiterverbreitung von Sport- und anderen Live-Veranstaltungen bewerten. Dies ist auch die Frist, bis zu der die EU-Kommission bewerten will, wie das Gesetz über digitale Dienste mit anderen Rechtsakten einschließlich des Urheberrechts zusammenwirkt. Die Umsetzung des Gesetzes über digitale Dienste soll die umfassendere Bekämpfung illegaler Inhalte auf Online-Plattformen fördern, was erhebliche Auswirkungen auch auf die unerlaubte Online-Weiterverbreitung von Live-Sportveranstaltungen und anderen Live-Veranstaltungen haben wird. Die EU-Kommission will dann entscheiden, ob unter Berücksichtigung der technologischen Entwicklungen sowie der Entwicklung der Vertriebskanäle und des Konsumverhaltens zusätzliche Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich sind.

Die Organisation von Sport- und anderen Live-Veranstaltungen und ihre Live-Übertragung erfordern erhebliche Investitionen, gleichzeitig fördern sie das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Unerlaubtes Streaming kann erhebliche Einnahmeverluste für Künstlerinnen und Künstler, für die Organisatoren von Sport- und anderen Live-Veranstaltungen und für Sendeunternehmen nach sich ziehen und damit dafür sorgen, dass sie ihre Dienste nicht mehr rentabel anbieten können.

Die Empfehlung knüpft an die im Mai 2021 angenommene Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Herausforderungen für Sportveranstalter im digitalen Umfeld an.

Europäisches Parlament einigt sich auf Verhandlungspositionen für den Trilog.

(AV) Das EU-Parlament hat am 20.04.2023 beschlossen, Gespräche mit den EU-Ländern über mehrere migrations- und asylpolitische Gesetzesvorschläge aufzunehmen. Die Abgeordneten stimmten für die Verhandlungsmandate des zuständigen Ausschusses (Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres - LIBE) und damit für die Aufnahme von interinstitutionellen Verhandlungen über alle Vorschläge, die zur Abstimmung standen. Der Beschluss zur Aufnahme von Verhandlungen über diese neue Verordnung wurde mit 419 Ja-Stimmen gegen 126 Nein-Stimmen bei 30 Enthaltungen bestätigt. Bei den Verhandlungen über das Europäische Strafregisterinformationssystem für Drittstaatsangehörige (ECRIS-TCN) betrug das Ergebnis 431 Ja-Stimmen gegen 121 Nein-Stimmen und 25 Enthaltungen. Das Verhandlungsmandat für den zentralen Rechtsakt des Asyl- und Migrationspakets, das Asyl- und Migrationsmanagement, wurde von den Abgeordneten mit 413 Ja-Stimmen gegen 142 Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen unterstützt. Der Beschluss zur Aufnahme von Verhandlungen über die Verordnung über Krisensituationen wurde mit 419 Ja-Stimmen gegen 129 Nein-Stimmen bei 30 Enthaltungen bestätigt. Der Text befasst sich mit der Situation eines plötzlichen Massenzustroms von Drittstaatsangehörigen, die zu einer Krisensituation in einem bestimmten Mitgliedstaat führen, die auf der Grundlage einer Bewertung durch die EU-Kommission obligatorische Übernahmen sowie Ausnahmen von Screening- und Asylverfahren umfassen würde. Mit 391 Ja-Stimmen gegen 140 Nein-Stimmen bei 25 Enthaltungen sprachen sich die Abgeordneten für ein Verhandlungsmandat für die vorgeschlagenen Änderungen an der aktuellen Richtlinie betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen aus. Diese beinhalten eine Beschleunigung der Erteilung von EU-Langzeitaufenthaltsgenehmigungen nach drei Jahren legalen Aufenthalts und die Möglichkeit der Integration von Personen, die einen vorübergehenden Schutzstatus genießen. Nachdem das Plenum grünes Licht gegeben hat, können die Abgeordneten mit dem Rat der EU Gespräche über die endgültige Form dieser Gesetzestexte aufnehmen.

Deutschland muss bei Regeln für Terrorismusbekämpfung nachbessern.

(AV) In ihren Entscheidungen zu Vertragsverletzungsverfahren im April 2023 hat die Europäische Kommission Deutschland aufgefordert, seinen Verpflichtungen zur Terrorismusbekämpfung nachzukommen. Das bereits laufende Verfahren gegen Deutschland wegen der mangelhaften Umsetzung der Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung wurde verschärft. Mit Gründen versehene Stellungnahmen wurden an Deutschland, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Polen und Finnland gerichtet, damit die Länder bestimmte Elemente der EU-Vorschriften zur Terrorismusbekämpfung ordnungsgemäß umsetzen. Die Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung ist ein Eckpfeiler der EU-Agenda zur Terrorismusbekämpfung. Sie umfasst Bestimmungen, mit denen Straftaten mit terroristischem Hintergrund, wie etwa Auslandsreisen zur Begehung einer terroristischen Straftat, die Rückkehr in die EU oder Reisen innerhalb der EU für solche Aktivitäten, die Ausbildung für terroristische Zwecke und die Terrorismusfinanzierung, unter Strafe gestellt und sanktioniert werden. Diese Vorschriften enthalten auch besondere Bestimmungen, durch die sichergestellt werden soll, dass Opfer von Terrorismus Zugang zu zuverlässigen Informationen sowie zu professionellen und spezialisierten Unterstützungsdiensten haben. Die Mitgliedstaaten mussten die Richtlinie bis zum 08.09.2018 in nationales Recht umsetzen. Nach Prüfung der nationalen Umsetzungsvorschriften richtete die EU-Kommission zwischen Juni und September 2021 Aufforderungsschreiben an die Mitgliedstaaten und forderte sie auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die von der EU-Kommission bei der Umsetzung festgestellten Mängel zu beheben. In den Antworten der sechs Mitgliedstaaten wurde den Bedenken der EU-Kommission nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Länder haben nun zwei Monate Zeit, um auf das Schreiben zu antworten und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Anderenfalls kann die EU-Kommission beschließen, den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen.

(AV) Die EU-Kommission stellt im Rahmen des europäischen Katastrophenschutz-Systems rescEU Deutschland und sieben weiteren Staaten 106,2 Mio. EUR für den Aufbau neuer medizinischer Notfallteams zur Verfügung. Janez Lenarčič‚ Kommissar für Krisenmanagement, sagte am 24.04.2023: »Diese neue RescEU-Kapazität nimmt die Form des größten Feldlazaretts in Europa und eines der modernsten weltweit an.« Im Rahmen des Projekts, an dem neben Deutschland auch Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Portugal, Rumänien und die Türkei beteiligt sind, werden drei medizinische Notfallteams des Typs 2 (EMT2) eingerichtet, die operative und diagnostische Dienste umfassen. Diese rescEU-Kapazität wird ab 2024 schrittweise einsatzbereit sein und eine Reaktion auf ein breites Spektrum von Katastrophenszenarien ermöglichen. Die Teams werden in der Lage sein, autonom zu operieren und die bestehenden nationalen Gesundheitseinrichtungen zu unterstützen, falls diese nicht in der Lage sind, einen bestimmten Notfall zu bewältigen.

(AV) Die Ukraine wurde am 20.04.2023 Teilnehmerstaat des EU-Katastrophenschutzverfahrens, dem europäischen Solidaritätsrahmen, mit dem Länder unterstützt werden, die von einer Katastrophe betroffen sind. Als Vollmitglied des Katastrophenschutzverfahrens könne die Ukraine nun auch anderen Ländern und Menschen, die von Krisen betroffen seien, Solidarität leisten, so die Aussage der Europäischen Kommission. Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 wurde für die Ukraine im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens Soforthilfe aus ganz Europa bereitgestellt. Bei der größten und am längsten laufenden Operation erhielt die Ukraine im Rahmen des Verfahrens mehr als 88.000 Tonnen lebensrettende Ausrüstung, Nahrungs- und Arzneimittel. In jüngster Zeit wurden mehr als 1.000 vollständig von der EU finanzierte Generatoren aus den strategischen rescEU-Energiereserven für die Ukraine mobilisiert. Seit seiner Einrichtung im Jahr 2001 wurde das EU-Katastrophenschutzverfahren bei über 600 Notsituationen und Krisen innerhalb und außerhalb der EU aktiviert. Das EU-Katastrophenschutzverfahren zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen den 27 EU-Ländern und nunmehr neun weiteren Teilnehmerstaaten (Island, Norwegen, Serbien, Nordmazedonien, Montenegro, Türkei, Bosnien und Herzegowina, Albanien sowie seit Kurzem die Ukraine) beim Katastrophenschutz zu stärken, um die Katastrophenprävention, -vorsorge und -bewältigung zu verbessern.

(AV) Der visumfreie Reiseverkehr für kosovarische Staatsangehörige wird spätestens am 01.01.2024 Realität. Wer einen kosovarischen Reisepass hat, kann dann ohne Visum in die EU reisen, und zwar für höchstens 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen. Auf diesen Vorschlag der Europäischen Kommission haben sich das Europäische Parlament und der Rat der EU am 20.04.2023 geeinigt. Der visumfreie Reiseverkehr soll den Bürgerinnen und Bürgern beider Seiten wesentliche Vorteile bringen und stärkt die Beziehungen der EU zum Kosovo weiter. Bereits 2016 hatte die EU-Kommission dem EU-Parlament und dem Rat der EU vorgeschlagen, den Bürgerinnen und Bürgern des Kosovo den visumfreien Reiseverkehr in der EU zu gewähren. Die EU-Kommission kam zu dem Schluss, dass der Kosovo seit 2018 alle im Fahrplan für die Visaliberalisierung festgelegten Vorgaben erfüllt hat.

(Praktikantin Josepha Meisner) Der Rat der EU hat am 10.03.2023 Schlussfolgerungen zur Rolle des zivilgesellschaftlichen Raums für den Schutz und die Förderung der Grundrechte in der EU gebilligt und darin die Verantwortung der Mitgliedstaaten betont, ein bestmögliches Umfeld für die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen zu schaffen. Hierbei müssten nicht nur ausreichend finanzielle und menschliche Ressourcen sowie Schutz vor Bedrohungen und Angriffen bereitgestellt, sondern auch willkürliche Beschränkungen verhindert werden. Insbesondere Registrierungserfordernisse oder Steuervorschriften würden immer wieder für erhebliche Schwierigkeiten in der Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen sorgen. Letzteres hatte die Europäische Kommission in ihrem Rechtsstaatsbericht 2022 mit Blick auf Deutschland kritisiert, wo sich gemeinnützige Organisationen aufgrund von Unsicherheiten über Steuerbefreiungsvorschriften oft Problemen ausgesetzt sehen. Auch von der EU-Kommission fordert der Rat die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel mit erleichtertem Zugang sowie eine verstärkte Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen Akteur/innen in politische Gestaltungsprozesse.

(Praktikant Michael Jeanjour) Am 10.03.2023 tagte der Rat für Justiz. Neben der Annahme von Schlussfolgerungen zur Rolle des zivilgesellschaftlichen Raums für den Schutz und die Förderung der Grundrechte stand die Tagung der Ministerinnen und Minister erneut im Zeichen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Insbesondere zur Strafverfolgung russischer Kriegsverbrecher und zur Einrichtung eines Sondertribunals fand ein intensiver Gedankenaustausch statt. Im Rahmen eines Austauschs zur Verbesserung des Zugangs zur Justiz diskutierte der Rat zudem über bestehende Hindernisse und wie diese beseitigt werden könnten.

Daneben wurden die Ministerinnen und Minister zum Stand der Diskussion über die Richtlinienvorschläge zur Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten und zur Schaffung von Straftatbeständen und Strafen für Verstöße gegen EU-Sanktionen informiert, wobei in beiden Fällen, so der Vorsitz, mit einer Allgemeinen Ausrichtung im Juni gerechnet werden könne.

(Praktikantin Josepha Meisner) Die Europäische Kommission hat am 17.03.2023 ihren jährlichen Bericht zur Gleichstellung der Geschlechter in der EU 2023 veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass Frauen in den Mitgliedstaaten im letzten Jahr immer wieder in ihren Rechten gefährdet gewesen seien. Vor allem seien die weltweiten Entwicklungen im Iran und Afghanistan, aber auch in den USA, mit großer Sorge zu betrachten.

Gleichzeitig ließen sich auch Fortschritte zu verzeichnen, wie sich beispielsweise in der neuen EU-Gesetzgebung zur Gleichstellung in Leitungsorganen von Unternehmen und der politischen Einigung über die Richtlinie zur Entgelttransparenz zeige. Auch Positivbeispiele aus Deutschland finden Erwähnung, wie die Initiative »YouCodeGirls«, welche junge Frauen für das Programmieren begeistern möchte.

Trotz aller Fortschritte werde es bei dem aktuellen Tempo allerdings noch 132 Jahre dauern, bis vollständige Parität erreicht und das Geschlechtergefälle auf globaler Ebene beseitigt ist, so der Global Gender Index 2022. Somit braucht es jetzt entsprechende Gegenmaßnahmen, auch um weitere Rückschritte bei der Gleichstellung zu verhindern.

(KS) Die Europäische Kommission hat am 22.03.2023 einen Vorschlag für ein »Recht auf Reparatur« vorgelegt, mit welchem für Verbraucher/innen Hindernisse für die Inanspruchnahme von Reparaturen von gekauften Produkten beseitigt sowie zugleich Anreize für Hersteller und Verkäufer geschaffen werden sollen, nachhaltigere Geschäftsmodelle zu entwickeln. Vorgesehen ist demnach, dass Verkäufer innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfrist für Produkte, die nach EU-Recht technisch reparierbar sind, nunmehr im Fall eines Mangels eine Reparatur anbieten müssen, soweit der Ersatz des Produkts gleich viel oder mehr kosten würde. Zudem sieht der Vorschlag nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung die Verpflichtung der Hersteller zur Reparatur ihrer Produkte vor. Um Verbraucher/innen die Suche nach geeigneten Reparaturbetrieben und Angeboten zu erleichtern, sollen zudem nationale Matchmaking-Reparaturplattformen im Internet eingerichtet werden. Neben der Verpflichtung der Hersteller zur Unterrichtung über die Produkte, die sie selbst reparieren müssen, soll zudem ein europäisches Formular für Reparaturinformationen sowie ein europäischer Qualitätsstandard für Reparaturdienstleistungen entwickelt werden.

(KS) Die europäische Generalstaatsanwältin Laura Kövesi hat am 23.03.2023 in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sowie für Haushaltskontrolle des Europäischen Parlaments den Jahresbericht der Europäischen Staatsanwaltschaft für das Jahr 2022 vorgestellt. Demnach ermittle die seit Juni 2021 operativ arbeitende Behörde derzeit in insgesamt 1.117 Ermittlungsverfahren, welche insgesamt eine geschätzte Schadenssumme von 14,1 Mrd EUR betreffen. Der größte Teil entfalle dabei auf Mehrwertsteuerbetrug. Insgesamt sei zudem Vermögen in Höhe von 359,1 Mio. EUR eingefroren worden, mehr als das Siebenfache des eigenen Budgets der Ermittlungsbehörde.

Im Rahmen der anschließenden Debatte machte Frau Kövesi zudem auf zahlreiche Probleme der Behörde aufmerksam und mahnte entsprechend notwendige Änderungen an der zugrundeliegenden Verordnung an. So sei teilweise die Kommunikation und Zusammenarbeit mit nationalen Behörden, aber auch mit nichtteilnehmenden Staaten, schwierig und es fehle der Zugang zu nationalen Datenbanken. Auch sei die Zuweisung spezialisierter Ermittler für Finanzbetrug in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten notwendig, insbesondere aber die Aufstockung der der Behörde zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Zudem sprach sie sich für eine Ausweitung der Kompetenzen der Behörde auf das Umweltstrafrecht und die Umgehung von EU-Sanktionen aus.

(KS) Im Rahmen einer Anhörung erörterte der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments gemeinsam mit Justizkommissar Didier Reynders am 23.03.2023 erneut die aktuelle Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen. Hintergrund ist ein kürzlich durch das polnische Parlament angenommener Gesetzesvorschlag zur Änderung des Gesetzes über den Obersten Gerichtshof des Landes, um die von der Europäischen Kommission zurückgehaltenen und an das Erreichen bestimmter Meilensteine geknüpften Gelder in Höhe von 36 Mrd. EUR im Rahmen des Aufbauinstruments NextGenerationEU freizugeben. Die dazu geladenen Expert/innen kritisierten dabei den Gesetzentwurf, dessen Unterzeichnung der polnische Präsident abgelehnt und zur Prüfung an den polnischen Verfassungsgerichtshof übersandt hatte, als unzureichend, um die vom Europäischen Gerichthof festgestellten systemischen rechtsstaatlichen Defizite auszuräumen. Auch Kommissar Reynders betonte in diesem Zusammenhang die weiterhin besorgniserregende Lage in Bezug auf die richterliche Unabhängigkeit und schloss den Einsatz weiterer Instrumente zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit nicht aus. Das Gesetz sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, ob es den aufgestellten Meilensteinen entspreche, könne aber erst bewertet werden, wenn es auch in Kraft getreten sei. Erneut forderte er zudem den Rat der EU auf, das seit 2017 anhängige Art. 7-Verfahren fortzuführen.

(AV) Am 16.03.2023 hat die EU-NATO-Taskforce ihre gemeinsame Arbeit begonnen. Ziel ist die Stärkung der Widerstandsfähigkeit und der Schutz kritischer Infrastruktur. Die EU und die NATO bündeln ihre Kräfte und intensivieren die bestehende Zusammenarbeit. Die Bildung der Taskforce war am 11.01.2023 gemeinsam von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg angekündigt worden. Laut Mitteilung der Europäischen Kommission werden die EU und die NATO bewährte Verfahren austauschen, das gemeinsame Lagebewusstsein schärfen und Grundsätze zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit ausarbeiten. Dazu zählen auch Abhilfe- und Gegenmaßnahmen. Gegenwärtig deckt die Taskforce vier Sektoren ab: Energie, digitale Infrastruktur, Verkehr und Weltraum. Die Taskforce ist zusammengesetzt aus EU- und NATO-Mitarbeitern und ist Teil des strukturierten Dialogs zwischen der EU und der NATO.

(KS) Die EU-Kommission hat am 29.03.2023 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur besseren Verfügbarkeit von Gesellschaftsinformationen und den Abbau von Verwaltungsaufwand für grenzüberschreitend agierende Unternehmen vorgelegt. Der Vorschlag, welcher die bereits bestehenden und zuletzt 2019 um den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren erweiterten Vorschriften im Gesellschaftsrecht ergänzt, sieht hierzu neben der Einführung eines kostenlosen, in allen EU-Sprachen verfügbaren, EU-Gesellschaftszertifikats mit grundlegenden Informationen über Unternehmen sowie einer mehrsprachigen Standardvorlage für eine digitale EU-Vollmacht zur Vertretungsermächtigung in einem anderen Mitgliedstaat vor. Hierbei geht es vor allem um die Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Erfassung, um zukünftig zu vermeiden, dass Unternehmen bspw. im Falle der Einrichtung einer Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat, Informationen erneut übermitteln müssen. Zum Austausch der Informationen soll das System zur Verknüpfung von Unternehmensregistern (BRIS) genutzt werden. Daneben sieht der Vorschlag die Abschaffung bestehender Formalitäten vor, wie bspw. der Apostille oder beglaubigter Übersetzungen von Unternehmensdokumenten.

Neues Schengener Informationssystem (SIS) in Betrieb genommen

(AV) Das modernisierte Schengener Informationssystem (SIS) wurde am 07.03.2023 in Betrieb genommen. Damit ist SIS in 30 Ländern in Europa einsatzbereit (in 26 Mitgliedstaaten und in den assoziierten Schengen-Ländern). Mit der für den Sommer 2023 geplanten Anbindung Zyperns an das SIS wird die Sicherheitszusammenarbeit in der gesamten EU noch weiter ausgebaut. Laut Europäischer Kommission stärkt die EU damit den Schutz ihrer Grenzen und unterstützt die Polizei und die Strafverfolgungsbehörden im Kampf gegen Terroristen/innen und Kriminelle. Das Schengener Informationssystem ist das meistgenutzte Informationsaustauschsystem Europas für Sicherheit und Grenzschutz. Es liefert Informationen über gesuchte oder vermisste Personen, Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßiges Aufenthaltsrecht in der EU und verlorene oder gestohlene Gegenstände (z. B. Autos, Schusswaffen, Boote und Ausweispapiere). Zusammen mit dem Einreise-/Ausreisesystem (EES) und dem Europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystem (ETIAS) wird das Schengener Informationssystem Teil der Interoperabilitätsarchitektur sein. Das erneuerte SIS wird um neue Ausschreibungskategorien, biometrische Daten wie Handflächenabdrücke, Fingerabdrücke und DNA-Datensätze für vermisste Personen sowie um zusätzliche Instrumente zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus erweitert.

Zu den verbesserten Funktionen gehören:

  • Verbesserter Informationsaustausch und verstärkte Zusammenarbeit: Neue Ausschreibungskategorien und mehr Daten werden über das SIS ausgetauscht, sodass den nationalen Behörden vollständigere und zuverlässigere Informationen zur Verfügung stehen. Für den Informationsaustausch über die nationalen Kontaktstellen (SIRENE-Büros) wurden klarere Regeln und verbesserte Strukturen eingeführt.
  • Neue Möglichkeiten zur Auffindung und Identifizierung gesuchter Personen und zur Verstärkung der Kontrollen an den Außengrenzen: Zusätzlich zu Lichtbildern und Fingerabdrücken wird das SIS neue Arten biometrischer Daten (wie Handflächenabdrücke, Fingerabdrücke sowie DNA-Datensätze – jedoch nur in Bezug auf vermisste Personen) und andere Informationen zum Auffinden und zur Identifizierung der im System registrierten Personen enthalten.
  • Zusätzliche Instrumente zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus: Neue Warnmeldungen zur Überprüfung von Ermittlungsanfragen werden es den nationalen Behörden ermöglichen, gezielt Informationen über Verdächtige schwerer Straftaten oder Terrorismus zu sammeln. So werden beispielsweise Ausweisdokumente und Informationen über das von ihnen benutzte Fahrzeug im SIS gespeichert. Es wird Meldungen zu »unbekannten gesuchten Personen« geben, die nur die Fingerabdrücke von unbekannten Tätern/innen enthalten, die an den Tatorten von terroristischen Straftaten oder schweren Verbrechen entdeckt werden.
  • Zusätzliche Instrumente zum Schutz vermisster und schutzbedürftiger Personen: Die nationalen Behörden werden in der Lage sein, zusätzlich zu den bestehenden Vermisstenausschreibungen Präventivwarnungen zum Schutz bestimmter Kategorien gefährdeter Personen (entführungsgefährdete Kinder oder potenzielle Opfer von Terrorismus, Menschenhandel, geschlechtsspezifischer Gewalt oder bewaffneten Konflikten/Feindseligkeiten) in das System einzugeben.
  • Zusätzliche Instrumente zur Verhinderung und Abschreckung irregulärer Migration: Rückführungsentscheidungen werden Teil der im System ausgetauschten Informationen sein, um die wirksame Durchsetzung dieser Entscheidungen zu verbessern. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, eine Meldung im SIS zu erstellen, wenn sie eine Rückführungsentscheidung für eine/n Drittstaatsangehörige/n ohne rechtmäßigen Aufenthalt in der EU erlassen, so dass sie aktiv verfolgen können, ob die zurückzuführende Person das EU-Gebiet tatsächlich verlässt. Damit wird der Weg für die gegenseitige Anerkennung von Rückführungsentscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten geebnet.
  • Verbesserter Zugang für EU-Agenturen: Europol und die nationalen Einwanderungsbehörden haben nun Zugang zu allen Ausschreibungskategorien im SIS. Auch die operativen Teams der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) haben Zugang zum SIS erhalten (die Umsetzung ist noch nicht abgeschlossen).

Die rechtlichen und technischen Vorbereitungen für die Einführung des neuen SIS begannen im Jahr 2019 und dauerten bis 2021. Im Jahr 2022 wurden die nationalen und die zentralen Systeme in enger Zusammenarbeit zwischen eu-LISA (der für den Betrieb der zentralen SIS-Komponente zuständigen Agentur der EU) und den Mitgliedstaaten (die für die nationalen Komponenten des SIS zuständig sind) gründlich überprüft. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Inbetriebnahme des SIS wurden im Januar 2023 erfüllt, und am 31.01.2023 veröffentlichte die EU-Kommission den einschlägigen Beschluss.

(Praktikantin Pauline von Breitenbuch) Am 21.02.2023 hat der Rat der EU zwei Beschlüsse zum Beitritt der Europäischen Union zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul Konvention) vorgelegt und das Europäische Parlament um Zustimmung zum Beitritt gebeten. Bereits 2017 hat die EU das Übereinkommen unterzeichnet. Bisher scheiterte die Ratifizierung an einer fehlenden Einstimmigkeit des Rates. Nach einem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs ist eine solche für den Beitritt der EU zur Istanbul-Konvention jedoch gar nicht erforderlich.

Die EU kann nur zu den Teilen der Istanbul-Konvention beitreten, die in ihre ausschließliche oder geteilte Zuständigkeit fallen. Sie übernimmt somit die Verpflichtungen bzgl. der eigenen Organe und der öffentlichen Verwaltung sowie in Fragen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zu Asyl oder zum Verbot der Zurückweisung. Die Bereiche, die in die nationale Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, werden nicht berührt. Sechs Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Litauen, Lettland, Slowakei) sind der Istanbul-Konvention noch nicht beigetreten, Polen droht mit dem Austritt.

(Praktikantin Josepha Meisner) Immer wieder wurde der Vorrang des Unionsrechts in der Rechtsprechung einiger Mitgliedstaaten infrage gestellt. Im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments (LIBE) wurde nun eine Studie zum Vorrang des EU-Rechts im Kontext der polnischen Verfassungsrechtsprechung vorgestellt. Im Mittelpunkt der Studie steht ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichtshofs (PCT), das einige Vorschriften der Europäischen Verträge als Verstoß gegen die polnische Verfassung gewertet und damit für in Polen unanwendbar erklärt hatte.

Die Herausgeber der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass das polnische Urteil aus dem Jahr 2021 nicht nur Einzelaspekte, wie es bei ähnlichen Urteilen in anderen Mitgliedstaaten der Fall war, sondern ganz grundsätzliche Fragen zum Vorrang des Unionsrechts vor dem nationalen Recht berührt. Es ist vor dem Hintergrund der Justizreformen in Polen zu sehen, mit denen die Unabhängigkeit der polnischen Richter/innen und der Disziplinarkammer im obersten Gericht immer weiter beschnitten wurde.

Als Reaktion auf dieses Urteil solle die Europäische Union nicht nur den nächsten Schritt im Verfahren nach Art. 7 EUV gegen Polen einleiten. Auch die Anforderungen für die Anwendung des Konditionalitätsmechanismus seien erfüllt, sodass die EU für Polen vorgesehene Mittel zurückhalten könne, so die Studie.

(KS) Am 01.03.2023 haben der Rechtsausschuss (JURI) und der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Inneres und Justiz (LIBE) des Europäischen Parlaments gemeinsam das von der Europäischen Kommission im Dezember 2021 vorgelegte Gesetzespaket zur Digitalisierung der Justiz, bestehend aus einer Verordnung zur Digitalisierung der justiziellen Zusammenarbeit und des Zugangs zum Recht sowie einem begleitenden Richtlinienvorschlag, abgestimmt. Ziel des Legislativvorschlags ist es die Digitalisierung der Justiz zu fördern sowie die Effizienz von Gerichtsverfahren zu steigern, deren Dauer zu verringern und letztlich den Zugang der Bürger zur Justiz zu erleichtern. So ist u. a. vorgesehen, dass die Parteien über ein europaweites elektronisches Zugangsportal auf elektronischem Wege mit Behörden kommunizieren und bspw. Klagen einreichen sowie über Videokonferenztechnik an Verhandlungen teilnehmen können. Über ein dezentrales IT-System soll zudem die justizielle Zusammenarbeit zwischen (Justiz-)Behörden vereinfacht werden. Der Rat der EU hat seine Stellungnahme für die Verhandlungen mit dem EU-Parlament bereits im Dezember 2022 angenommen. Nach Annahme der Mandate durch das Plenum des EU-Parlaments können somit die interinstitutionellen Verhandlungen beginnen.

(KS) Mit der Unterzeichnung einer entsprechenden Vereinbarung wurde am 04. und 05.03.2023 die Einrichtung eines neuen Internationalen Zentrums für die Verfolgung von Verbrechen der Aggression (International Centre for Prosecution of the crime of Aggression - ICPA) ermöglicht. Ziel des ICPA ist es, die von einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe mit der Unterstützung von Eurojust geführten Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine zu unterstützen und zu verbessern. Das Zentrum wird hierzu Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zusammenbringen und die Analyse von Beweismitteln für die Strafverfolgung vorbereiten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Einrichtung des Zentrums vor dem Hintergrund immer weiterer Beweise für direkte Angriffe auf die Zivilbevölkerung. Die gemeinsame Ermittlungsgruppe wurde bereits im Frühjahr 2022 gegründet und besteht aus dem Internationalen Strafgerichtshof, der Ukraine sowie Litauen, Polen, Estland, Lettland, der Slowakei und Rumänien.

(Praktikantin Pauline von Breitenbuch) Das EU-Parlament hat im Rahmen einer Entschließung den Rat der EU dazu aufgefordert, dem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (»Istanbul Konvention«) beizutreten. Der Beitritt wäre insbesondere vor dem Hintergrund von Rückschritten in einigen Mitgliedstaaten, wie bspw. Polen, ein wichtiger Schritt sowie ein politisch starkes Signal im Kampf gegen geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt. Auch sollen die Mitgliedstaaten entsprechende Desinformationskampagnen bekämpfen. Vor sechs Jahren hat die EU das Übereinkommen unterzeichnet, die für den Beitritt erforderliche Ratifizierung steht jedoch immer noch aus. Grund dafür war bisher die fehlende Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten im Rat. Nach einem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs ist diese für den Beitritt jedoch nicht erforderlich. Theoretisch stünde dem Beitritt also nichts mehr im Weg. Die Abgeordneten fordern außerdem die Mitgliedstaaten, die die Konvention noch nicht ratifiziert haben, dazu auf, dies unverzüglich zu tun.

(AV) Die EU-Kommission will die EU und ihre Mitgliedstaaten besser auf künftige Notlagen und Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen und Waldbrände vorbereiten. Dazu hat sie am 08.02.2023 fünf Ziele zur Stärkung der Katastrophenresilienz im Bereich des Bevölkerungsschutzes festgelegt und die Mitteilung »Katastrophenresilienzziele der Europäischen Union: sich gemeinsam für künftige Notfälle rüsten« sowie ihre Empfehlung zu den »Katastrophenresilienzzielen der Union« veröffentlicht. Mit den EU-Zielen für Katastrophenresilienz werden nach Angaben der EU-Kommission prioritäre Bereiche und damit verbundene spezifische Ziele zur Stärkung der Katastrophenresilienz des EU-Katastrophenschutzverfahrens und der Mitgliedstaaten festgelegt. Die Ziele bieten eine unverbindliche gemeinsame Ausgangsbasis für die Unterstützung von Präventions- und Vorsorgemaßnahmen im Falle von Katastrophen, von denen zwei oder mehr Länder gleichzeitig betroffen sind. Um die Umsetzung dieser Ziele anzustoßen, startet die EU-Kommission fünf Leitinitiativen, eine für jedes Ziel. Eine Leitinitiative sieht beispielsweise den Start der Initiative preparEU vor – ein gesamteuropäisches Sensibilisierungsprogramm für Katastrophenresilienz, das sich an die europäischen Bürgerinnen und Bürger richtet – eine Art Trainings- und Verhaltensprogamm.

Der Ausschuss der Ständigen Vertreter/innen des Rates sowie der federführende Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des EU-Parlaments haben im Anschluss an eine im November 2022 bis auf wenige Punkte erfolgte vorläufige Einigung nunmehr einen endgültigen Kompromisstext zur Verbesserung des grenzüberschreitenden Zugangs zu elektronischen Beweismitteln gebilligt.

(Praktikantin Pauline von Breitenbuch) Der Gesetzesentwurf wurde bereits 2018 von der Europäischen Kommission vorgelegt und soll ein alternativer Mechanismus zu den bestehenden Instrumenten der internationalen Zusammenarbeit und Rechtshilfe in Strafsachen schaffen. Die neu erarbeiteten Regeln würden es den Behörden erleichtern, elektronische Beweismittel im Zusammenhang mit Strafverfahren oder der Vollstreckung von Freiheitsstrafen auszutauschen.

Durch die neue Verordnung sollen künftig Justizbehörden mittels Herausgabe- und Sicherungsanordnung innerhalb von 10 Tagen, in Ausnahmefällen 8 Stunden, direkt bei einem Telekommunikations- oder Internetdienstanbieter, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen oder vertreten ist, den Zugang zu elektronischen Beweismitteln anfordern oder das Löschen dieser verhindern können. Unternehmen, die einer solchen Anordnung nicht nachkommen, können mit einer Geldstrafe in Höhe von bis zu 2 Prozent ihres Jahresumsatzes sanktioniert werden.

Dabei sollen strenge Vorkehrungen zum Schutz der Grundrechte und des Datenschutzes eingehalten werden. So soll ein Notifizierungssystem eingeführt werden, durch welches der Vollstreckungsstaat, Ablehnungsgründe bzgl. der Freigabe der Beweismittel geltend machen kann, z. B. mögliche Grundrechtsverletzungen. Ausgenommen sind Fälle, in denen die Straftat, gegen die ermittelt wird, in dem Land begangen wurde, in dem die Anordnung ergangen ist, und die betreffende Person ihren Wohnsitz in dem ausstellenden Land hat.

Die Richtlinie legt zudem Regeln für die Bestellung der Rechtsvertreter/innen der Dienstanbieter fest, die für die Entgegennahme und Beantwortung solcher Anordnungen zuständig sind.

Bisher ist der Zugang zu elektronischen Beweismitteln für die Justizbehörden oft mit einem komplizierten und langwierigen Verfahren verbunden. Die Beweismittel, z. B. Nutzerdaten von Online-Diensten, sind auf Servern in verschiedenen Ländern gespeichert und nur mithilfe eines grenzüberschreitenden Ersuchens zugänglich.

Gemeinsam für Lösungen in der Migrationspolitik und geschlossen im Kampf gegen organisierte Kriminalität

(AV) Schweden hat seit Januar 2023 den Vorsitz für die Ratspräsidentschaft inne und lud zum Informellen Justiz- und Innenrat nach Stockholm ein. Am 26.01.2023 tauschten sich die EU-Innenministerinnen und -minister über die EU-Migrationspolitik, den Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den Krieg in der Ukraine aus. Die schwedische Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard und Justizminister Gunnar Strömmer führten den Vorsitz bei dem Treffen. Höchste Priorität habe die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität während der schwedischen Ratspräsidentschaft.

Am Vormittag erörterten die Ratsmitglieder die Notwendigkeit eines effizienten und gut funktionierenden Rückführungssystems in der EU-Migrationspolitik. Die Ministerinnen und -minister betonten, alle Instrumente in der Toolbox zu nutzen, um eine effektivere Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern für eine wirksame Rückkehr zu erreichen und irreguläre Migration zu verhindern. Insbesondere die Visapolitik soll konsequenter als Hebel genutzt werden. Die EU-Migrationspolitik wird ein wichtiger Punkt des Sondergipfels der EU-Staats- und Regierungschefs im Februar sein.

Der Nachmittag begann mit einer Schweigeminute für den ukrainischen Innenminister Denys Monastyrskyi, der zusammen mit mehreren anderen Menschen bei einem Hubschrauberunfall in Kiew auf tragische Weise ums Leben kam. Der EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung war ebenfalls anwesend, um über den aktuellen Stand des Dialogs zur inneren Sicherheit mit der Ukraine zu berichten.

Danach diskutierten die Ministerinnen und -minister über den Zugang zu Daten, elektronischen Beweismitteln und Informationen für Justiz- und Strafverfolgungszwecke im digitalen Zeitalter, um gegen die organisierte Kriminalität auch im digitalen Bereich vorgehen zu können.

(KS) Nach der vorläufigen Einigung mit dem Rat der EU haben die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) und für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) den Kompromisstext zur Entgelttransparenzrichtlinie am 25.01.2023 bestätigt. Die neuen Vorschriften sehen ein Informationsrecht aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach ihrer individuellen Gehaltsklasse und dem durchschnittlichen Gehalt nach Geschlecht vor. Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten sind demnach künftig verpflichtet Informationen über die Entgeltdifferenz zwischen ihren weiblichen und männlichen Angestellten nationalen Behörden, ihren Angestellten und Gewerkschaften zur Verfügung zu stellen. Im Fall einer Entgeltdifferenz ohne Rechtfertigung von 5 Prozent oder mehr ist zudem eine Überprüfung sowie bei Verstößen gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts ein Anspruch auf Schadenersatz vorgesehen. Die Annahme im Plenum ist für Ende März 2023 geplant, auch der Rat der EU muss noch zustimmen.

(Praktikantin Josepha Meisner) Die EU-Justizminister/innen haben sich im Rahmen ihres ersten informellen Treffens unter schwedischer Ratspräsidentschaft u. a. mit der Bekämpfung der organisierten Kriminalität unter dem Aspekt der elektronischen Beweismittel für Justiz- und Strafverfolgungszwecke auseinandergesetzt. Im Rahmen dessen hat die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) eine neue Beweisdatenbank vorgestellt. Zudem haben die Teilnehmenden einen von der Europäischen Kommission angekündigten Vorschlag zu gemeinsamen Vorschriften für die Übertragung von Strafverfahren zwischen den Mitgliedstaaten diskutiert.

Weiterhin stand bei dem Treffen, an dem auch der ukrainische Justizminister Denis Malyuska teilgenommen hat, insbesondere der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Verfolgung internationaler Verbrechen im Vordergrund. Ausgehend von einem Sachstandsbericht zur aktuellen Situation und einem Erfahrungsbericht des schwedischen Generalstaatsanwalts zu früheren Strafverfolgungen bei Kriegsverbrechen tauschten sich die Minister/innen zu Möglichkeiten der effektiven Strafverfolgung aus.

Das Europäische Parlament hat am 19.01.2023 in einer mit großer Mehrheit angenommen Entschließung die Notwendigkeit eines Sondergerichtshofs für Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine betont.

(KS) In der Entschließung fordern die Abgeordneten gemeinsam mit der Ukraine und der internationalen Gemeinschaft unverzüglich auf die Einrichtung des Sondergerichtshofs hinzuarbeiten sowie die Ukraine bei der Beweissicherung zu unterstützen. Angesichts der aus ukrainischen Städten wie Butscha und Irpin gemeldeten Gräueltaten russischer Streitkräfte seien koordinierte internationale Maßnahmen zur Feststellung der Verantwortlichkeit für das Verbrechen der Aggression sowie für alle Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht notwendig, um die aus Sicht der Abgeordneten derzeit bestehende große Lücke im institutionellen Gefüge der internationalen Strafjustiz zu schließen. Die Einrichtung eines solchen Sondergerichtshofs werde, so die Abgeordneten weiter, ein klares Signal an die Gesellschaft in Russland selbst sowie die internationale Gemeinschaft senden, dass sowohl Wladimir Putin als auch die politische und militärische Führung Russlands für das in der Ukraine begangene Verbrechen der Aggression strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Mit Blick auf die noch zu bestimmende Zusammensetzung und Arbeitsweise betonen die Abgeordneten, dass die Zuständigkeit neben Ermittlungen gegenüber Putin und die politische und militärische Führung der Russischen Föderation gleichfalls die Möglichkeit von Ermittlungen gegen Aljaksandr Lukaschenka und die politische und militärische Führung in Belarus umfassen müsse.

(AV) Die Europäische Union stärkt die Vorsorge gegen chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen. Die EU-Kommission stellt Finnland im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens rescEU 242 Mio. EUR bereit, um die erste strategische Reserve für chemische, biologische, radiologische und nukleare Notfälle zu schaffen. Die Reserven von rescEU sollen ein wichtiges Sicherheitsnetz bieten, das eine schnelle und koordinierte Reaktion auf EU-Ebene ermöglicht. Finnland ist der erste Mitgliedstaat mit so einer Reserve, teilte die EU-Kommission am 17.01.2023 mit. Die EU-Kommission hat bereits rescEU-Reserven für verschiedene Bereiche in anderen EU-Mitgliedstaaten eingerichtet, z. B. für die rescEU-Luftflotte zur Waldbrandbekämpfung (Kroatien, Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien und Schweden im Jahr 2022) und für das rescEU-Arzneimitteldepot mit Schutzausrüstungen und -geräten unter anderem in Sachsen/Deutschland sowie Belgien, Kroatien, Dänemark, Griechenland, Ungarn, Rumänien, Slowenien, Schweden und die Niederlande.

Nachdem die Wohnung der Vizepräsidentin des EU-Parlaments Eva Kaili durchsucht wurde und größere Mengen Bargeld gefunden wurde, steckt das EU-Parlament mitten in einem Korruptionsskandal.

(Thorge Babbe) Die belgische Polizei und Staatsanwaltschaft haben bisher nur wenige Informationen offiziell veröffentlicht. Es wurde bekannt gegeben, dass 1,2 Mio. EUR Bargeld sichergestellt wurden. Die Wohnungen und Büros mehrerer Verdächtiger wurden durchsucht. Ebenso wurden die Büros von Mitarbeiter/innen im EU-Parlament durchsucht und elektronische Geräte sichergestellt.

Der Vorwurf lautet, dass die Vizepräsidentin und weitere Angeklagte sich für Katar eingesetzt und dafür Geld erhalten haben. Bei der Vizepräsidentin war auffällig, dass Sie sich positiver als viele andere Abgeordnete zu der Fußballweltmeisterschaft in Katar und den dort herrschenden Arbeitsbedingungen geäußert hatte. Sie reiste eigenständig nach Katar, nachdem eine geplante Delegationsreise des EU-Parlaments abgesagt worden war.

Der Skandal hatte bereits erhebliche politische Auswirkungen. Eva Kaili wurde beinahe einstimmige das Amt als Vizepräsidentin entzogen. Sie wurde aus ihrer Fraktion und Partei ausgeschlossen. Ebenfalls vertagt wurde eine Vorlage für Visa-Erleichterungen für Bürger/innen Katars bei ihrer Einreise in die EU.

Das EU-Parlament hat am 15.12.022 eine Entschließung zum Korruptionsverdacht gegen Katar angenommen. Die Abgeordneten fordern, dass alle Mitarbeiter/innen von Katar ihren Zugang zum EU-Parlament verlieren, die Gesetzgebungsverfahren mit Bezug zu Katar eingefroren werden und sich das EU-Parlament strengere Lobbyregeln gibt.

Es ist davon auszugehen, dass die Transparenz- und Lobbyregeln im Nachgang des Skandals verschärft werden. Mehrere Fraktionen haben hierzu bereits Vorschläge unterbreitet.

Rat der Europäischen Union legt Verhandlungsmandat fest

(AV) Zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung hat sich der Rat der EU am 13.12.2022 auf eine gemeinsame Position geeinigt. Die Verhandlungen über die neue Verordnung werden voraussichtlich nächstes Jahr beginnen, sobald das Europäische Parlament über das eigene Mandat abgestimmt hat.

In einem Marktumfeld, in dem politische Kampagnen zunehmend online und über Landesgrenzen hinweg stattfinden, wird mit dem Vorschlag darauf abgezielt, ein hohes Maß an Transparenz für politische Werbung in der EU zu fördern, die Verwendung gezielter Werbung zu politischen Zwecken einzuschränken und die grenzüberschreitende Erbringung politischer Werbedienstleistungen sowie die diesbezügliche Aufsicht zu erleichtern. Der Vorschlag soll dazu beitragen, Desinformation, manipulierte Informationen und Einflussnahmen auf Wahlprozesse zu bekämpfen sowie eine offene demokratische Debatte in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. In den vorgeschlagenen Vorschriften werden Pflichten für die verschiedenen Akteure entlang der Werbewertschöpfungskette, sowohl online als auch offline, festgelegt. Außerdem enthält der Vorschlag eine Anforderung, nach der politische Werbung eindeutig zu kennzeichnen ist und den Bürgerinnen und Bürgern zusätzliche Informationen über die Sponsoren, die Finanzierung sowie etwaige Zusammenhänge mit bestimmten Wahlen oder Referenden bereitgestellt werden müssen. Der Einsatz von Verfahren zum Targeting und Amplifizieren unterliegt strengen Bedingungen und wäre in einigen Fällen gänzlich untersagt.

Das Mandat des Rates baut auf dem Vorschlag der EU-Kommission auf, wobei die vorgeschlagenen Vorschriften in einigen Fällen gestärkt werden, die Frage ihrer Umsetzung geklärt und eine Erhöhung der Rechtssicherheit angestrebt wird. In Bezug auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit hat der Rat die neuen Vorschriften an das Gesetz über digitale Dienste angeglichen, um dem Herkunftslandprinzip Rechnung zu tragen. Entsprechend dem Mandat des Rates wäre die zuständige Behörde des Landes der Hauptniederlassung somit stets für die grenzüberschreitende Überwachung und Durchsetzung verantwortlich, wobei auch gemeinsame Untersuchung eingeleitet werden können. Neben anderen Änderungen hat der Rat im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung auch eine Obergrenze für Sanktionen bei Verstößen gegen die Verordnung festgelegt.

Die EU-Kommission hatte ihren Vorschlag für eine Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung am 25.11.2021 als Teil ihres Pakets »Demokratie und Integrität der Wahlen« vorgelegt. Das Paket umfasst auch einen Vorschlag für eine Verordnung über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen sowie Vorschläge für zwei Richtlinien über die Wahlrechte von EU-Bürgerinnen und -Bürgern mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (»mobile EU-Bürgerinnen und -Bürger«). Die Verhandlungen zwischen dem EU-Parlament und dem Rat über die Verordnung über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen sind bereits im Gange, während die beiden gesetzgebenden Organe ihre Standpunkte zu den Vorschlägen in Bezug auf mobile EU-Bürgerinnen und -Bürger noch festlegen müssen.

Mitgliedstaaten der Europäischen Union begrüßen Kroatien im Schengen-Raum

(AV) Die Innenminister der europäischen Mitgliedsstaaten tagten am 08.12.2022 in Brüssel. Im Mittelpunkt stand unter anderem die Entscheidung über die Erweiterung des Schengen-Raums. Mit Kroatien, Rumänien und Bulgarien standen drei Kandidaten auf der Liste. Doch die notwendige Einstimmigkeit im Rat erhielt nur Kroatien. Das bedeutet: Ab dem 01.01.2023 werden die Personenkontrollen an den Land- und Seebinnengrenzen zwischen Kroatien und den anderen Ländern des Schengen-Raums aufgehoben, Kroatien wird mit der Ausstellung von Schengen-Visa beginnen und das Schengener Informationssystem in vollem Umfang nutzen können. Die Kontrollen an den Flughäfen werden ab dem 26.03.2023 aufgehoben. Der tschechische Ratsvorsitz und die Europäische Kommission bedauerten während einer Pressekonferenz im Nachgang des Rates, dass keine Einstimmigkeit für Rumänien und Bulgarien im Rat erzielt werden konnte. Hier hatten vor allem die Niederlande und Österreich Bedenken geäußert.

Außerdem befasste sich der EU-Innenrat mit einem Bericht des tschechischen Ratsvorsitzes zum aktuellen Stand der Asyl- und Migrationsthematik, informierte sich über die externe Dimension der Migration sowie die Situation entlang der wichtigsten Migrationsrouten. Einig war man sich darüber, dass alle Routen berücksichtigt werden und die externe Dimension der Migration umfassend angegangen werden müsse. Auch tauschte man sich über die Lage der ukrainischen Flüchtlinge in der EU aus. Ohne Aussprache wurde ein Beschluss über die Nichtanerkennung russischer Reisedokumente angenommen, die in der Ukraine und in Georgien ausgestellt wurden. Außerdem gab der Rat grünes Licht für eine Richtlinie und eine Empfehlung, die die Schwachstellen kritischer Einrichtungen verringern und ihre Resilienz stärken sollen.

(AV) Angleichung an die Visapolitik der EU, Einsatz von Frontex und Abschaffung der Goldenen Pässe, Bekämpfung von Menschenschmuggel, Korruption und organisierter Kriminalität: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien sowie Georgien, Moldawien und die Ukraine erfüllen weiterhin die Anforderungen an die Visaliberalisierung und haben Fortschritte gemacht. Aber es gibt auch Bereiche, in denen jedes Land weitere Anstrengungen unternehmen muss. Zu diesem Ergebnis kommt die EU-Kommission in ihrem fünften Bericht über die Überwachung der EU-Visumfreiheit, den sie am 05.12.2022 vorgelegt hat. Die Daten in diesem Bericht beziehen sich auf das Kalenderjahr 2021, gegebenenfalls mit Aktualisierungen für 2022. Was die Ukraine betrifft, so spiegelt dieser Bericht hauptsächlich die Situation vor dem Beginn der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine am 24.02.2022 wider. Der Bericht konzentriert sich auf die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um den Empfehlungen der EU-Kommission aus dem vierten Bericht über den Mechanismus zur Aussetzung der Visumpflicht vom letzten Jahr nachzukommen und die kontinuierliche Erfüllung der Visaliberalisierungsanforderungen zu gewährleisten.

Dem Druck Ungarns und Missbrauch des Einstimmigkeitsprinzips dürfe nicht nachgegeben werden, so die Forderung der Abgeordneten des EU-Parlaments, welche sogleich die Mitgliedstaaten dazu aufriefen, die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen der Konditionalitätsverordnung anzunehmen, um den EU-Haushalt vor Rechtsstaatsverstößen in Ungarn zu schützen.

(KS) In der am 24.11.2022 mit großer Mehrheit angenommen Entschließung, bedauern die Abgeordneten die eingetretenen Verzögerungen beispielsweise bei der Verabschiedung einer weiteren Finanzhilfe für die Ukraine aufgrund der von Ungarn seit der Eröffnung eines Verfahrens nach der sog. Rechtsstaatskonditionalität im Rat der EU erfolgenden Blockade wichtiger Entscheidungen. Dennoch, so die Forderung der Abgeordneten an EU-Kommission und Rat, dürfe dies weder Auswirkungen auf die Entscheidungen über die Auszahlung der bisher von der EU-Kommission zurückgehaltenen Gelder aus dem Corona-Hilfsfonds noch auf die Anwendung der Konditionalitätsvorschriften haben.

Die zwischen der EU-Kommission und Ungarn zuvor ausgehandelten 17 Abhilfemaßnahmen, bezeichnen die Abgeordneten, auch für den Fall ihrer Umsetzung, als nicht ausreichend, um das in dem Land bestehende Risiko für die finanziellen Interessen der EU auszuschließen. Zudem, so der Text weiter, dürften im Fall von Kürzungen, diese erst dann wieder aufgehoben werden, wenn geeignete Maßnahmen der ungarischen Regierung eine nachhaltige Wirkung gezeigt haben. Sollten Maßnahmen wieder rückgängig gemacht werden, wären Finanzkorrekturen zu fordern.

Mit Blick auf die bisher von der EU-Kommission ebenfalls aufgrund von Rechtsstaatsverstößen zurückgehaltenen Gelder aus dem Corona-Hilfsfond, bedauern die Abgeordneten ebenfalls, dass auch hier notwendige Mittel für den Wiederaufbau die ungarische Bevölkerung allein aufgrund der Maßnahmen der ungarischen Regierung bisher nicht habe erreichen können. Dennoch, so die Abgeordneten weiter, dürfe auch hier die EU-Kommission mit Blick auf die weiterhin bestehende Gefahr des Missbrauchs von EU-Geldern in dem Land, den vorgelegten Konjunkturplan erst dann genehmigen, wenn alle Empfehlungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und einschlägigen Urteile des EU-Gerichtshofs und des Gerichtshofs für Menschenrechte vollständig erfüllt seien.

Damit Endbegünstigten von EU-Geldern nicht allein aufgrund der mangelnder Kooperation ihrer Regierung keine Unterstützung erhalten, müsse die EU-Kommission, so die Forderung der Abgeordneten, vielmehr Möglichkeiten eröffnen, um die Gelder über lokale Regierungen und Nichtregierungsorganisationen zu verteilen.

Schließlich kritisieren die Abgeordneten grundsätzlich die späte Anwendung des Mechanismus und fordern zugleich die Einbeziehung anderer Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit, vor allem gegen die Unabhängigkeit der Justiz. Die EU-Kommission hatte insoweit am 18.09.2022 vorgeschlagen EU-Mittel in Höhe von 7,5 Mrd. EUR für Ungarn einzufrieren und dies auf Bedenken hinsichtlich Korruption und Mängeln im öffentlichen Auftragswesen gestützt.

(KS) Der Rat der EU hat am 18.11.2022 im Format Allgemeiner Rat im Rahmen des Verfahrens nach Art. 7 Abs. 1 EUV gegen Ungarn eine weitere Anhörung durchgeführt.

Die inzwischen fünfte Anhörung fokussierte sich insbesondere auf die Korruptionsbekämpfung in dem Land, einschließlich jüngster Maßnahmen der ungarischen Regierung, die Unabhängigkeit der Justiz, das Funktionieren des Verfassungs- und Wahlsystems, die Medienfreiheit und die Rechte von LGBTIQ.

(CL) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments haben in einer Feierstunde am 22.11.2022 an die Gründung der »Gemeinsamen Versammlung«, der Vorläuferin des EU-Parlaments, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) im Jahre 1952 erinnert. Die Versammlung sollte die Arbeit der »Hohe Behörde« der EGKS, aus der später die EU-Kommission wurde, kontrollieren.

Was einst als Kontrollorgan begann, ist in den vergangenen 70 Jahren zu einem bedeutsamen mehrsprachigen und transnationalen Parlament geworden, das unter anderem bei der Gesetzgebung eine wichtige Rolle als Ko-Gesetzgeber mit dem Rat der EU spielt. Aus den einst 78 nationalen Abgeordneten, die von den jeweiligen nationalen Parlamenten gewählt worden waren, sind mittlerweile 705 EU-weit direkt gewählte Parlamentier/innen geworden. Das Thema Krieg in Europa und die Überwindung seiner negativen Folgen steht nach 70 Jahren leider erneut auf der Tagesordnung der europäischen Volksvertreter/innen.

(AV) Das EU-Parlament hat am 22.11.2022 einem neuen Gesetz zugestimmt, das die kritische Infrastruktur der EU besser schützen soll. Mit 595 zu 17 Stimmen bei 24 Enthaltungen nahmen die Abgeordneten die Einigung mit dem Rat der EU auf Mindestregeln für Risikobewertungen und Resilienzstrategien der Mitgliedstaaten an. Damit wird unter anderem eine einheitliche, EU-weit gültige Definition für den Begriff »kritische Infrastruktur« festgelegt. Das neue Gesetz umfasst strengere Regeln für die Risikobewertung und Berichterstattung in folgenden elf Bereichen: Energie, Verkehr, Bankwesen, Finanzmarktinfrastruktur, digitale Infrastruktur, Trinkwasser, Abwasser, Lebensmittel (einschließlich Herstellung, Verarbeitung und Lieferung), Gesundheitswesen, öffentliche Verwaltung und Raumfahrt.

Außerdem müssen die Mitgliedstaaten Resilienzstrategien verabschieden und zentrale Anlaufstellen für länderübergreifende Kommunikation schaffen. So soll unnötiger Verwaltungsaufwand verhindert werden. Aus Transparenzgründen sollen die wesentlichen Akteure in den genannten Bereichen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten über sämtliche Vorfälle oder Störungen berichten. Die Behörden müssen anschließend die Öffentlichkeit darüber informieren, sofern dies im öffentlichen Interesse liegt.

Die vorangegangene Richtlinie über kritische Infrastruktur deckte nur die Bereiche Energie und Verkehr ab.

(KS) Mit Blick auf mehr Nachhaltigkeit in der europäischen Wirtschaft hat das EU-Parlament am 10.11.2022 mit großer Mehrheit die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) formell angenommen. Die neuen Vorschriften verpflichten Unternehmen dazu, Nachhaltigkeitsaspekte in die Rechnungslegung und Unternehmenspolitik aufzunehmen und zu veröffentlichen und somit die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Menschen und Umwelt offenzulegen. Im Rahmen der Richtlinie, welche die bisherigen Rechtsvorschriften über die Offenlegung nichtfinanzieller Informationen (NFRD) ablöst, wird dabei nun neben Umwelt und Klimaschutz auch verstärkt auf die Einhaltung von arbeits- sowie sozialrechtlichen Standards und Menschenrechte geachtet und bisherige Lücken geschlossen.

Sobald auch der Rat der EU, welcher voraussichtlich am 28.11.2022 über die Vorschriften abstimmen wird, diese angenommen hat, wird die Richtlinie 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten und die Regeln werden sodann stufenweise zwischen 2024 und 2028 für alle Unternehmen in der EU gelten.

(AV) Die neue über die Global Gateway-Initiative der EU geförderte Brücke zwischen Kamerun und Nigeria verbindet strategische Verkehrskorridore in Afrika miteinander. Sie war das letzte noch fehlende Glied eines wichtigen 400 km langen Verkehrskorridors zwischen Zentral- und Westafrika. Die Europäische Union, die Regierungen Kameruns und Nigerias sowie die Afrikanische Entwicklungsbank haben die Brücke über den Cross River am Grenzübergang Ekok/Mfum zwischen Kamerun und Nigeria sowie einen neuen gemeinsamen Grenzposten in Mfum (Nigeria) eingeweiht, teilte die Europäische Kommission am 03.11.2022 mit. Das Projekt ist Teil der Global Gateway-Initiative, in deren Rahmen nachhaltige und hochwertige Projekte durchgeführt werden, die am Bedarf der Partnerländer ausgerichtet sind und dauerhafte Vorteile für die Menschen vor Ort gewährleisten.

(AV) Die Waldbrand-Saison 2021 war – nach 2017 – die zweitschlimmste in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2006. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission, der am 31.10.2022 vorgelegt wurde. Insgesamt sind mehr als 5.500 Quadratkilometer Land abgebrannt – das ist eine Fläche mehr als doppelt so groß wie das Saarland. Dabei verbrannten über 1.000 Quadratkilometer in geschützten Natura-2000-Gebieten, die das Reservoir der biologischen Vielfalt in der EU bilden. Italien war 2021 das am stärksten betroffene Land in Bezug auf die verbrannte Fläche, gefolgt von der Türkei, Portugal und Griechenland. Laut der Analyse der vorläufigen Daten waren die Brände im laufenden Jahr noch zerstörerischer. Auch Sachsen hatte mit Waldbränden zu kämpfen. Insgesamt soll 2022 bereits eine Fläche von 8.600 Quadratkilometern verbrannt sein. Neun EU-Länder haben neue Höchstwerte gemeldet. Allein in diesem Jahr wurde das EU-Katastrophenschutzverfahren elf Mal von sechs Ländern aktiviert, die Flugzeuge, Hubschrauber und Feuerwehrleute anforderten.

(AV) Die Europäische Kommission stellt sieben Mitgliedstaaten, die eine große Zahl von ukrainischen Geflüchteten aufgenommen haben, weitere 100 Mio. EUR zur Verfügung. Das gab sie am 31.10.2022 bekannt. Der Beschluss folgt auf die Globale Geberkonferenz »Stand Up for Ukraine« vom 09.04.2022. Dort hatte die EU-Kommission bis zu 400 Mio. EUR für Mitgliedstaaten zugesagt. Die erste Tranche von 248 Mio. EUR als Soforthilfe wurde im Mai 2022 fünf Mitgliedstaaten zugewiesen. Polen, Rumänien, Ungarn, die Slowakei und Tschechien haben so bereits von der zusätzlichen Unterstützung profitiert. Mit der jetzigen zweiten Tranche der Soforthilfe aus dem Fonds für Inneres werden Polen, die Slowakei, Tschechien, Bulgarien, Estland, Lettland und Litauen unterstützt.

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Im Rahmen von DiscoverEU vergibt die EU zum zweiten Mal in diesem Jahr kostenlose Travel-Pässe an Europäer/innen im Alter von 18 Jahren. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung startet ein eigenes sächsisches Programm mit kostenlosen Tickets für junge Leute.

(Praktikant Robert Ahrendt) DiscoverEU ist ein Programm der EU mit dem Ziel, jungen Menschen Europa näher zu bringen. Durch Reisen soll die Vielfalt Europas erkundet werden.

Interessierte können sich ab dem 11.10.2022 bis zum 25.10.2022 um einen kostenlosen Travel-Pass bewerben. DiscoverEU und damit der Kreis der Bewerber/innen erstrecken sich über die Grenzen der EU hinaus und umfassen neben den Mitgliedstaaten auch die Erasmus+ Länder, also Staaten wie die Türkei oder Norwegen, die dem Erasmus+ Programm beigetreten sind. Europaweit werden 35.000 Travel-Pässe verlost, 6.069 davon gehen nach Deutschland.

Mit dem Travel-Pass können junge Menschen zwischen dem 01.03.2023 und dem 29.02.2024 für bis zu 30 Tage kostenlos innerhalb von Europa reisen. Alle jungen Europäer/innen, die zwischen dem 01.01.2004 und dem 31.12.2004 geboren wurden, dürfen teilnehmen. Die Bewerbung erfolgt über das Jugendportal der EU. Dafür müssen sich Teilnehmende anmelden und fünf einfache Quizfragen plus eine Zusatzfrage beantworten. Anschließend werden die Travel-Pässe über ein Losverfahren verteilt.

Die jungen Menschen können bei ihrer Reise weiterhin auf die European Youth Card zugreifen. Diese Europäische Jugendkarte beinhaltet Rabatte in Bereichen wie Mobilität, Musik und Sport. In 38 europäischen Ländern stehen über 49.000 Rabatte zur Verfügung. In Deutschland kann sich jede Person im Alter von 10 bis 30 Jahren für die Jugendkarte anmelden. Die Europäische Jugendkarte kostet 19 EUR und ist zwölf Monate gültig. Die Registrierung erfolgt über die Internetseite der European Youth Card.

Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung startet ebenfalls eine Initiative für kostenlose Travel-Pässe für junge Menschen. Für das Jahr 2023 verlost das Ministerium 150 Tickets im Zuge des Saxorail-Programms. Für sieben Tage innerhalb eines Monats ermöglicht dieses Ticket kostenloses Reisen durch Europa und gewährt weiterhin einen Reisekostenzuschuss.

Alle Personen im Alter von 18 bis 27 Jahren mit einem Hauptwohnsitz in Sachsen können sich ab dem 01.10.2022 bis zum 31.10.2022 für die Verlosung anmelden. Die Anmeldung erfolgt über die Internetseite des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung.

(AV) Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) soll künftig die nordmazedonischen Behörden beim Grenzmanagement unterstützen können. Eine entsprechende Vereinbarung zur operativen Zusammenarbeit zwischen Nordmazedonien und Frontex hat die Europäische Kommission im September vorgeschlagen. Ähnliche Abkommen hat die EU bereits mit Serbien, Montenegro und Albanien unterzeichnet. Ein ähnliches Statusabkommen mit Bosnien und Herzegowina wird derzeit verhandelt.

Die Vereinbarung soll es Frontex ermöglichen, Nordmazedonien beim Grenzmanagement, bei der Steuerung der irregulären Migration sowie der Bekämpfung von Schmuggel zu helfen. Im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache wird das Statusabkommen mit Nordmazedonien strenge Bestimmungen über den Schutz der Grundrechte enthalten, so die EU-Kommission.

(AV) In Zukunft sollen die Bürger/innen ein Dokument nur einmal bei einer öffentlichen Behörde einreichen müssen. Für das dafür einheitliche technische »Once Only Technical System« (OOTS) hat die Europäische Kommission am 06.09.2022 die Durchführungsverordnung veröffentlicht. Ab Ende 2023 soll es zur Verfügung stehen. Die EU-Kommission erhofft sich einen erheblichen Bürokratieabbau durch diese technische Lösung.

Das »Once Only Technical System« (OOTS) soll es öffentlichen Behörden in der gesamten EU ermöglichen, auf Anfrage von Bürger/innen sowie Unternehmen amtliche Dokumente und Daten einfach und effizient auszutauschen. Mit dem System, das die nationalen Portale miteinander verbindet, sollen die Bürger/innen ein Dokument nur einmal bei einer öffentlichen Behörde einreichen müssen. Wenn eine andere öffentliche Behörde in der EU Zugang zu demselben Dokument benötigt, kann sie es mit der ausdrücklichen Genehmigung der Bürger/innen über das technische OOTS-System abrufen. Aufgrund mangelnder Interoperabilität und digitaler Barrieren zwischen den Mitgliedstaaten sind heute immer mehr Europäer gezwungen, dieselben Informationen an verschiedene Behörden weiterzugeben, selbst wenn eine Behörde diese Informationen bereits in elektronischer Form vorhält. Das OOTS-System soll auch ein wiederverwendbares Modell für andere Datenräume innerhalb der EU liefern.

Trotz einiger Fortschritte in der Debatte zur Rechtstaatlichkeit sowie Verbesserungen und Reformen in vielen Mitgliedstaaten bestehen mit Blick auf die Unabhängigkeit der Justiz in einigen Ländern weiterhin systemische Bedenken, so das Resümee der Vizepräsidentin Věra Jourová zum inzwischen 3. Jährlichen Bericht der EU-Kommission über die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der EU.

(KS) Erstmals enthält der Bericht neben der Bewertung auch spezifische Empfehlungen für jeden Mitgliedstaat, um diesen dabei zu unterstützen, laufende oder geplante Reformen voranzubringen bzw. Verbesserungsbedarf zu identifizieren.

Der Bericht, welcher die Entwicklungen in den Mitgliedstaaten seit Juli 2021 umfasst, bewertet die Bereiche: Justizsysteme, die bestehenden Rahmen für die Korruptionsbekämpfung, Freiheit und Pluralismus der Medien sowie andere institutionelle Fragen im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung, wobei erstmals auch Feststellungen zur Umsetzung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie solche zu öffentlich-rechtlichen Medien und der Verwendung von Spähsoftware enthalten sind.

Gerade vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, so Vizepräsidentin Jourová wie auch Justizkommissar Didier Reynders im Rahmen der gemeinsamen Vorstellung des Berichts, sei der Schutz und die Förderung der Rechtsstaatlichkeit vor allem auch mit Blick auf die Glaubwürdigkeit der EU wichtiger denn je.

Dabei kritisiert der diesjährige Bericht erneut vor allem die Lage in Polen und Ungarn. In Bezug auf Polen stellt die EU-Kommission weiterhin ernste Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der polnischen Justiz fest. So müssten bspw. vor dem Hintergrund des erst kürzlich genehmigten Wiederaufbauplans und der Empfehlungen des Europäischen Semesters ernsthaft Bedenken im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit des Nationalen Rates für das Justizwesen noch ausgeräumt werden. Negativ festgestellt wird zudem, dass das polnische Verfassungsgericht weitere Urteile erlassen habe, in denen der Vorrang des EU-Rechts, die Bestimmungen der EU-Verträge und die Europäische Menschenrechtskonvention direkt in Frage gestellt werden. Ungarn hingegen habe frühere Feststellungen sowie die im Zusammenhang mit dem Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 des Europäischen Vertrags geäußerten Bedenken gar nicht adressiert. Auch gebe eine nur unzureichende Verfolgung von Korruption weiterhin Anlass zur Sorge.

Deutschland attestiert der Bericht eine effektive und vertrauenswürdige Justiz sowie eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft. Herausforderungen bestünden dagegen bei den Einstellungen und der Höhe der Gehälter von Richterinnen und Richtern, welche im »Pakt für den Rechtsstaat« behandelt werden sollten, sowie im Bereich der Lobbyarbeit und dem Wechseln von Politikerinnen und Politkern in die Wirtschaft.

(KS) In einer entsprechenden Entschließung zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA, das Recht auf Abtreibung in den Vereinigten Staaten zu kippen, schlagen die Europaabgeordneten vor, Artikel 7 der Charta um den Zusatz »Jeder hat das Recht auf sichere und legale Abtreibung« zu erweitern und dem Rat der EU einen entsprechenden Vorschlag hierzu vorzulegen. Mit Blick auf das US-amerikanische Urteil zeigen die Abgeordneten zudem Solidarität und Unterstützung mit Personen, die sich trotz der schwierigen Bedingungen für das Recht auf legale sowie sichere Abtreibung einsetzten und fordern den amerikanischen Kongress auf, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, um den Schutz von Abtreibungen auf Bundesebene zu gewährleisten. Zugleich äußern die Abgeordneten aber auch ihre Sorge über eine in der Folge möglicherweise steigende Finanzierung von Anti-Abtreibungsgruppen auch in Europa sowie über ebenfalls in einigen Mitgliedstaaten verbleibende rechtliche, finanzielle, soziale und praktische Einschränkungen, die den Zugang zu Abtreibungsdiensten behindern und fordern, diese zu beseitigen sowie zu bekämpfen.

(KS) Das EU-Parlament hat in einer mit überragender Mehrheit angenommen Entschließung eine stärkere Einbeziehung der Geschlechtergleichstellung in die Politik zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit, fehlendem Zugang zu bezahlbarem Wohnraum und zu Energiefragen sowie die Entwicklung einer entsprechenden EU-Strategie zur Armutsbekämpfung mit Schwerpunkt auf Frauen bis 2030 durch die Europäische Kommission gefordert.

In dem Text stellt das EU-Parlament fest, dass mit der Verschlechterung der sozialen und wirtschaftlichen Situation, auch Missbrauch und Gewalt gegen Frauen zugenommen habe. Mitgliedstaaten, so die Abgeordneten, müssten Frauen, die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt sind, stärker dabei unterstützen, aus entsprechenden Situationen zu entkommen. Nur so könne die Teilnahme von Frauen am Arbeitsmarkt, die volle Ausschöpfung ihres Potenzials und finanzielle Unabhängigkeit gewährleistet werden. Gleiches gelte bezogen auf eine bessere Bewertung und Bezahlung von Arbeit, die überwiegend von Frauen erbracht werde sowie die Sicherstellung adäquater Kinderbetreuung. Die Mitgliedstaaten werden zudem u. a. aufgefordert geschlechtsspezifische Diskriminierung in der Steuerpolitik zu vermeiden, die Mehrwertsteuer auf Hygieneartikel für Frauen abzuschaffen sowie die geschlechtsspezifische Dimension bei der Reform der Rentensysteme zu berücksichtigen und eine Entschädigung für unbezahlte Pflegearbeit vorzusehen.

(KS) Die Europäische Kommission hat am 28.06.2022 ihre Bewertung der Richtlinie über die Rechte von Opfern Richtlinie 2012/29/EU veröffentlicht. Die Richtlinie habe, so die EU-Kommission, in den letzten Jahren dazu beigetragen, das Leben von Opfern in der gesamten EU zu verbessern und wirkungsvoll eine bessere Unterstützung von Opfern zu gewährleisten. Dennoch seien weitere Verbesserungen vorzunehmen. Notwendig sei dabei insbesondere, so Justizkommissar Didier Reynders, den Zugang von Opfern zu Informationen über ihre Rechte zu verbessern und in Bezug auf Straftaten besonders gefährdete Personengruppen, wie Kinder oder Opfer der organisierten Kriminalität, besser zu schützen. Der Kommissar kündigte in diesem Zusammenhang an, im nächsten Jahr eine Überarbeitung der bestehenden Richtlinie vorzuschlagen.

Die Bewertung der bestehenden Richtlinie ist eine der zentralen Maßnahmen der EU-Kommission der EU-Strategie für die Rechte von Opfern (2020 - 2025). Sie stützt sich auf eine Begleitstudie und eine Datenerhebung, die auch eine öffentliche Konsultation umfasste. Zugrunde gelegt wurden fünf Kriterien: Wirksamkeit, Relevanz, Effizienz, Kohärenz und EU-Mehrwert.

(AV) Das Europäische Parlament und der Rat der EU legten am 29.06.2022 eine politische Einigung über die »Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen« (CER-Richtlinie) vor. Die neuen Vorschriften sollen die Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastrukturen gegen Bedrohungen wie Naturgefahren, Terroranschläge oder einer Pandemie stärken. Die Europäische Kommission hatte die Richtlinie im Dezember 2020 vorgeschlagen. Sie ersetzt die europäische Richtlinie über kritische Infrastrukturen von 2008.

Ein breiterer Anwendungsbereich wird es den Mitgliedstaaten und kritischen Einrichtungen ermöglichen, besser auf gegenseitige Abhängigkeiten und mögliche Kaskadeneffekte bei einem Zwischenfall einzugehen. Elf Sektoren werden abgedeckt: Energie, Verkehr, Banken, Finanzmarktinfrastrukturen, Gesundheit, Trinkwasser, Abwasser, digitale Infrastrukturen, öffentliche Verwaltung, Raumfahrt und Lebensmittel. Die politische Einigung, die das EU-Parlament und der Rat erzielt haben, muss nun formell genehmigt werden. Nach der Veröffentlichung im Europäischen Amtsblatt müssen die Mitgliedstaaten die Bestandteile der Richtlinie innerhalb von 21 Monaten in nationales Recht umsetzen.

(AV) Europol kann ab sofort die EU-Staaten noch besser dabei unterstützen, grenzüberschreitende Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen. Das Mandat der EU-Agentur für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung wurde gestärkt und trat am 28.06.2022 in Kraft.

Das gestärkte Mandat stattet Europol mit verbesserten Instrumenten und Sicherheitsvorkehrungen aus, um die Polizeikräfte bei der Ermittlung von Straftaten und der Entwicklung neuer Methoden zur Bekämpfung der Cyberkriminalität zu unterstützen. Die Aktualisierungen enthalten auch klare Regeln für die Verarbeitung großer und komplexer Datensätze. Diese Änderungen gehen einher mit einem verstärkten Datenschutzrahmen sowie einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle und Rechenschaftspflicht.

(AV) Die EU stellt der Ukraine weitere Hilfsgüter im Wert von 11,3 Mio. EUR bereit und hat dafür die neuen rescEU-Notfallreserven mobilisiert. Die von der EU gelieferte Ausrüstung umfasst 300.000 Spezialschutzanzüge, 5.600 Liter Dekontaminierungsmittel und 850 Geräte für Dekontaminierungsmaßnahmen. Im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens haben bereits 30 Länder der Ukraine Güter zur Verfügung gestellt. Der medizinische Bedarf ist durch den anhaltenden Krieg aber so enorm, dass nun die strategischen rescEU-Reserven mobilisiert werden.

Medizinische Ausrüstung sowie Ausrüstung, die auf chemische, biologische oder nukleare Notfälle zugeschnitten ist, befinden sich auf dem Weg in die Ukraine. Diese Hilfe stammt aus den Notfallvorräten der EU, die in Deutschland, Rumänien, Ungarn, Schweden, Griechenland sowie Dänemark vorgehalten werden. Die EU reagiert damit auf ein Ersuchen der ukrainischen Regierung. Sie hatte um medizinische Ausrüstung, Schutzausrüstung und Spezialausrüstung zum Einsatz bei chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Bedrohungen gebeten.

(AV) Die Mitgliedstaaten der EU haben einen wichtigen Schritt nach vorn bei der Reform der Gemeinsamen Migrations- und Asylpolitik gemacht. Sie einigten sich am 23.06.2022 auf einen freiwilligen Solidaritätsmechanismus, der besonders betroffene Mitgliedstaaten entlasten soll. Auch bei der überarbeiteten Eurodac-Datenbank und der Screening-Verordnung, wichtige Teile des Migrations- und Asylpakets, erzielten die Mitgliedstaaten eine Einigung. Hier können nun die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament beginnen.

Die Solidaritätserklärung ist wichtig, um das Migrations- und Asylpaket umzusetzen. Mit diesem freiwilligen Solidaritätsmechanismus sollen die am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten im Mittelmeer sowie andere unter Druck stehende Mitgliedstaaten – auch auf der Westbalkanroute – unterstützt werden. Die teilnehmenden Mitgliedstaaten bieten ihnen Umsiedlungen, finanzielle Beiträge und andere Unterstützungsmaßnahmen an. Der freiwillige Mechanismus wird nützliche Erkenntnisse für den ständigen Solidaritätsmechanismus liefern, der mit der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement eingeführt werden soll, wie von der Europäischen Kommission 2020 vorgeschlagen.

Das Europäische Parlament hat am 09.06.2022 mit großer Mehrheit eine Entschließung zur Forderung der Einberufung eines Konvents zur Überarbeitung der Europäischen Verträge angenommen. Damit stößt das Parlament den Prozess der Vertragsänderungen an, um den Forderungen der EU-Bürgerinnen und -bürger nachzukommen, die diese im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas erarbeitet hatten.

(KS) Angesichts der derzeitigen Krisen müssten die Verträge nach der Auffassung der Abgeordneten „dringend geändert“ werden, um gewährleisten zu können, dass die EU auf künftige Krisen wirksamer reagieren könne. In den Vorschlägen fordert das Parlament vor allem, dass das Einstimmigkeitserfordernis bei Ratsbeschlüssen in bestimmten Bereichen aufgehoben  und dem Parlament ein vollwertiges, gesetzgeberisches Initiativrecht sowie uneingeschränkte Mitentscheidungsrechte in Bezug auf den Haushalt der EU eingeräumt wird.

Daneben schlagen die Abgeordneten einen Ausbau der Kompetenzen der EU in den Bereichen Gesundheit und Soziales zur Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, bei der Vollendung der Energieunion auf der Grundlage von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien im Einklang mit internationalen Übereinkommen zur Eindämmung des Klimawandels, in der Verteidigung sowie in der Sozial- und Wirtschaftspolitik vor. und fordern die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte. Weitere Vorschläge betreffen die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der EU-Wirtschaft sowie eine Stärkung des Verfahrens zum Schutz der grundlegenden Werte der EU, vor allem in Bezug auf die Feststellung und Folgen im Falle von Verletzungen dieser Grundwerte.

Über die Einsetzung eines solchen Konvents zur Vertragsänderung entscheidet der Europäische Rat mit einfacher Mehrheit.

Die EU stellt weitere 205 Mio. EUR an humanitärer Hilfe bereit und fasst die bisher geleistete Hilfe im Krisenmanagement zusammen.

(AV) Angesichts der sich verschärfenden humanitären Notlage in der Ukraine machte sich der für Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarčič ein Bild vor Ort. Der Kommissar traf mit Vertretern von humanitären Organisationen und der ukrainischen Regierung zusammen, um so zur Koordinierung der EU-Krisenreaktion beizutragen. Am 09.06.22 gab er außerdem bekannt, dass die Europäische Union weitere 205 Mio. EUR an humanitärer Hilfe für die Ukraine bereitstellt. Die finanzielle humanitäre Hilfe der EU und der Gegenwert der Sachhilfe für die Ukraine beläuft sich mit den zusätzlichen Mitteln nun auf über 700 Mio. Euro. Davon sind 13 Mio. EUR für Projekte in der benachbarten Republik Moldau bestimmt.

Zusätzlich zur finanziellen humanitären Hilfe gab es die bisher umfangreichste Mobilisierung des EU-Katastrophenschutzverfahrens. Die 27 Mitgliedstaaten und die Türkei, Norwegen und Nordmazedonien haben nicht nur 38.000 Tonnen an Hilfsgütern, darunter Erste-Hilfe-Kits, Nahrungsmittel und Schutzkleidung, bereitgestellt, sondern auch strategische Ausrüstung wie Feuerwehrwagen und mobile Krankenhäuser sowie Energielieferungen im Gegenwert von 373 Mio. EUR in die Ukraine geschickt. Angesichts der Größenordnung dieser Hilfsmaßnahmen hat die EU in den Nachbarländern Polen, Rumänien und Slowakei Logistikzentren eingerichtet, damit die Lieferungen schneller in die Ukraine gelangen. In der Ukraine wurden auch zwei EU-finanzierte Lager für humanitäre Hilfsgüter eingerichtet und Logistikoperationen initiiert.

Mehr als 500 Menschen aus der Ukraine, die eine kontinuierliche medizinische Behandlung benötigen oder dringend medizinisch versorgt werden mussten, wurden im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens aus der Ukraine, der Republik Moldau und Nachbarländern in europäische Krankenhäuser gebracht. Bisher haben sie hauptsächlich in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Portugal, Rumänien, Spanien und Schweden Zuflucht gefunden.

Die EU hat ihre Notfallreserve rescEU mobilisiert, um wichtige medizinische Ausrüstung aus den Beständen in Deutschland, den Niederlanden, Ungarn und Griechenland bereitzustellen. Die Flotte wurde um ein neues medizinisches Evakuierungsflugzeug erweitert, damit Patienten, die dringend medizinische Hilfe brauchen, in europäische Krankenhäuser geflogen werden können. Die EU hat auch die erste rescEU-Mobilisierung aus dem Privatsektor koordiniert, damit private Spenden in die Ukraine gelangen konnten. Die humanitären Partner der EU stellen sicher, dass die Hilfe selbst in den Sperrgebieten die bedürftigsten Menschen erreicht. Sie stellen Bargeldhilfen, Wasser, Nahrungsmittel, Schutz und Notunterkünfte für die betroffene Zivilbevölkerung bereit. Im Rahmen EU-finanzierten Bargeldhilfeprogramme konnte bereits 1,59 Mio. Menschen mit einer monatlichen Finanzhilfe in Höhe von 2.200 ukrainischen Hrywnja geholfen werden. Damit können sie die Güter kaufen, die sie am dringendsten benötigen. Gleichzeitig wird die Wirtschaft vor Ort gefördert.

(KS) Neben Umweltkriminalität und Kinderrechten standen auch auf der jüngsten Tagung des Justizrates am 09./10.06.22 wiederum der Ukrainekrieg und seine Folgen im Fokus. Die Ministerinnen und Minister befassten sich erneut mit dem Vorgehen der Justiz im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg und betonten die Notwendigkeit der fortwährenden Unterstützung bei der Ermittlung und Verfolgung internationaler Verbrechen. In diesem Zusammenhang besprachen sie vor allem den Vorschlag der EU-Kommission, die Liste der EU-Straftatbestände um Verstöße gegen Sanktionen zu erweitern.

Der Rat nahm seine Schlussfolgerungen zur EU-Kinderrechtsstrategie an. Hier lag neben der Allgemeinen Aufforderung an alle Mitgliedstaaten, effektive Strategien zur Stärkung der Rechte von Kindern in allen Bereichen zu erarbeiten, vor dem Hintergrund des Kriegs ein Schwerpunkt auf dem Schutz der Rechte von Kindern in Krisen- und Notsituationen lag.

Eine teilweise allgemeine Ausrichtung nahm der Justizrat  zum Vorschlag der EU-Kommission zur Überarbeitung der Umweltkriminalitätsrichtlinie und definierte zu 20 umweltschädigenden Handlungen neue Straftaten, wie den illegalen Holzhandel, das illegale »Recycling« umweltschädlicher Schiffe und schwere Verstöße gegen das Chemikalienrecht.

Schließlich nahmen die Ministerinnen und Minister auf ihrer letzten Tagung unter französischem Vorsitz in Hinblick auf die Digitalisierung der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen allgemeine Leitlinien zum digitalen Informationsaustausch in Fällen von grenzüberschreitendem Terrorismus und zur Einrichtung einer Plattform für die Zusammenarbeit gemeinsamer Ermittlungsgruppenüber an. In diesem Zusammenhang  tauschten sie sich über den Datenschutz bei internationalen Datenübermittlungen aus.

(KS) Die Europäische Kommission genehmigte am 01.06.2022 den nationalen Plan Polens, der für die Auszahlung von nationalen Hilfsgeldern aus dem EU-Wiederaufbauprogramm, das im Zuge der COVID-19-Pandemie eingerichtet wurde, notwendig ist. Nun zeigen sich die Abgeordneten des Europäischen Parlaments besorgt, dass zwischen der Kommission und Polen vereinbarte weitere Bedingungen nicht ausreichen, um eine vollständige Einhaltung der EU-Werte durch das Land sicherzustellen.

In der am 09.06.22 angenommen Entschließung verweisen die EU-Abgeordneten dabei insbesondere auf die weiterhin in Polen bestehenden und fortgesetzten Verstöße gegen die in Artikel 2 EUV verankerten Werte, einschließlich der Rechtsstaatlichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz.

Vor allem die Erfüllung der wichtigsten Bedingung, die Schließung der rechtswidrigen Disziplinarkammer, müsse ausreichend überprüft werden, so die Abgeordneten. Die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und die ordnungsgemäße Verwaltung der EU-Mittel durch ein Land müsse kontinuierlich bewertet und überwacht werden. Die EU-Kommission müsse die Auszahlung der Mittel zu jedem Zeitpunkt stoppen und sie gegebenenfalls wieder zurückfordern können.

Die EU-Kommission hatte den polnischen nationalen Aufbau- und Resilienzplan wegen schwerer Bedenken in Sachen Rechtsstaatlichkeit, insbesondere was die Unabhängigkeit der Justiz angeht, nicht genehmigt, dann aber doch im Anschluss an eine politische Einigung am 01.06.2022 gebilligt. Die tatsächliche Auszahlung ist dabei an Bedingungen, sogenannte »Meilensteine«, geknüpft, welche vor allem die Änderung der polnischen Disziplinarregelungen für Richter betreffen. Kommissionpräsidentin von der Leyen hatte zuvor am 07.06.2022 betont, dass die Genehmigung des polnischen Aufbau- und Resilienzplans an diesen klaren Zusagen der polnischen Regierung hinge.

AV) Am 10.06.2022 trafen sich die Innenminister der Europäischen Union zur Ratssitzung unter französischen Vorsitz. Sie einigten sich zum Thema Schengener Grenzkodex auf eine allgemeine Ausrichtung zum Vorschlag der Europäischen Kommission. Ziel ist es, den Schengen-Raum für neue Herausforderungen zu reformieren und zu verstärken. Mit dieser Reform sollen:

  • neue Instrumente zur Bekämpfung der Instrumentalisierung von Migrationsströmen eingeführt werden,
  • ein neuer Rechtsrahmen für Maßnahmen an den Außengrenzen im Falle einer Gesundheitskrise unter Berücksichtigung der mit COVID‑19 gesammelten Erfahrungen gestaltet werden,
  • der Rechtsrahmen für die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen modernisiert werden, um den Grundsatz der Freizügigkeit zu gewährleisten und gleichzeitig auf anhaltende Bedrohungen zu reagieren,
  • alternative Maßnahmen zu diesen Kontrollen eingeführt werden.

Auf der Grundlage dieser allgemeinen Ausrichtung kann der Rat die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufnehmen, sobald dieses seinen eigenen Standpunkt festgelegt hat.

(AV) Die am 14.06.22 angekündigte Hilfe wird zusätzlich zum Sozialen Sicherheitsnetz der EU für Notsituationen (ESSN) bereitgestellt. Über das Sicherheitsnetz werden derzeit über 1,5 Mio. Menschen in der Türkei durch Bargeldhilfe unterstützt. Durch das ESSN können die Geflüchteten Dinge bezahlen, die sie am dringendsten benötigen, z. B. Miete, Transport, Lebensmittel oder Medikamente. Die zusätzlichen 50 Mio. EUR sollen Gesundheitsdienste finanzieren und dazu beitragen, den Geflüchteten Rechtsberatung, psychosoziale Unterstützung und den Zugang zu Personenstandsurkunden zu ermöglichen. Der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarčič‚ erklärte: »Die Augen der Welt sind auf die Ukraine gerichtet, aber wir werden die Flüchtlinge in der Türkei, von denen sich viele bereits seit über einem Jahrzehnt in einer Notsituation befinden, nicht vergessen.« Die Türkei beherbergt derzeit 4 Mio. Geflüchtete, darunter rund 3,7 Mio. Menschen aus Syrien.

(AV) Ab sofort müssen terroristische Inhalte im Internet innerhalb von einer Stunde nach einer Anordnung durch nationale Behörden gelöscht werden. Die entsprechende EU-Verordnung trat vor einem Jahr in Kraft, seit dem 07.06.2022 gilt sie. Dem zuständigen Kommissionsvizepräsidenten Margaritis Schinas zufolge haben die Bilder von den Anschlägen in Paris, Halle oder Christchurch eindringlich daran erinnert, dass Terrorismusbekämpfung sowohl online als auch offline stattfinden muss. Das sofortige Löschen terroristischer Inhalte sei von entscheidender Bedeutung, damit Terroristen das Netz nicht zur Verherrlichung ihrer Verbrechen nutzen können.

Rat der Europäischen Union nimmt Rechtsakt zur Übertragung neuer Aufgaben an die Europäische Polizeibehörde an.

(AV) Der Rat hat am 24.05.2022 eine Verordnung zur Änderung der Europol-Verordnung angenommen. Auf der Grundlage eines Kommissionsvorschlags sind das Europäische Parlament und der Rat übereingekommen, dass Europol in die Lage versetzt werden soll, die Mitgliedstaaten in ihrem Kampf gegen neue Bedrohungen und Vorgehensweisen noch besser zu unterstützen.

Der betreffende Verordnungstext sieht Verbesserungen in folgenden Bereichen vor:

  • Forschung und Innovation: Europol soll die Mitgliedstaaten beim Einsatz neu entstehender Technologien unterstützen, neue Konzepte prüfen und gemeinsame technologische Lösungen – einschließlich Lösungen auf Grundlage künstlicher Intelligenz – entwickeln, wobei durchweg solide Garantien in Bezug auf den Grundrechteschutz gelten sollen.
  • Verarbeitung großer Datensätze: Europol soll künftig in der Lage sein, umfangreiche und komplexe Datensätze zu verarbeiten, um die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terrorismus zu unterstützen, wobei die Grundrechte, einschließlich des Rechts auf Privatsphäre, stets gewahrt bleiben.
  • Zusammenarbeit mit privaten Akteuren/innen: Private Akteure/innen verfügen über immer mehr personenbezogene Daten, die für strafrechtliche Ermittlungen relevant sein können. Europol soll Daten direkt entgegennehmen können und somit auf EU-Ebene als Anlaufstelle dienen, der Datensätze, die mehrere Rechtsordnungen betreffen, rechtmäßig übermittelt werden dürfen.
  • Zusammenarbeit mit Drittländern: Es soll mehr Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit von Europol mit Drittländern geben, einschließlich einer Bestimmung, nach der personenbezogene Daten mit Ländern ausgetauscht werden können, in denen angemessene Datenschutzgarantien existieren.
  • Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft: Europol soll eng mit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) zusammenarbeiten, indem sie auf Ersuchen der EUStA deren Ermittlungen unterstützt und unverzüglich alle in ihre Zuständigkeit fallenden Straftaten meldet.
  • SIS-Ausschreibungen: Europol soll die Mitgliedstaaten bei der Verarbeitung der von Drittländern oder internationalen Organisationen übermittelten Daten unterstützen und ihnen die Eingabe von Informationsausschreibungen in das Schengener Informationssystem (SIS) vorschlagen können.
  • Einleitung von Ermittlungen: Der/die Exekutivdirektor/in von Europol wird bei Straftaten, die nicht grenzüberschreitend sind, aber ein gemeinsames Interesse verletzen, das Gegenstand einer Politik der EU ist, die Einleitung von innerstaatlichen Ermittlungen vorschlagen können. Es ist dann Angelegenheit der nationalen Behörden, darüber zu entscheiden, ob sie diesem Ersuchen nachkommen.

Die Veröffentlichung des Textes im Amtsblatt ist bis Ende Juni 2022 vorgesehen und die Verordnung tritt anschließend in Kraft.

Anbieter/innen von Online-Diensten müssen Missbrauch melden sowie Inhalte entfernen und werden künftig von einem neuen EU-Zentrum für die Prävention und Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch unterstützt.

(AV) Allein im Jahr 2021 wurden weltweit 85 Millionen Bilder und Videos mit Darstellungen von sexuellem Kindesmissbrauch gemeldet und die Dunkelziffer ist laut EU-Kommission hoch. Die COVID-19-Pandemie habe das Problem noch verschärft. Am 11.05.2022 hat die EU-Kommission mit einem Gesetzesvorschlag reagiert, um Kinder online und offline besser vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Sie nimmt damit die Anbieter/innen von Online-Diensten in die Pflicht: Sie müssen das Risiko, dass ihre Dienste missbraucht werden, bewerten und mindern, online verübten sexuellen Kindesmissbrauch aufdecken, melden und entsprechende Inhalte entfernen. Ein neues EU-Zentrum für die Prävention und Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch soll die Dienstanbieter/innen in ihren Bemühungen unterstützen und Fachwissen im Bereich der Missbrauchsprävention und Opferhilfe bündeln. Der neue Vorschlag soll dazu beitragen, Kinder vor fortgeführtem Missbrauch zu bewahren, das Wiederauftauchen von Material zu verhindern und die Täter/innen vor Gericht zu bringen.

Da es bisher keine harmonisierten EU-Vorschriften gab, sahen sich Social-Media-Plattformen, Gaming-Dienste und Anbieter/innen anderer Hosting- und Online-Dienste mit unterschiedlichen Regelungen konfrontiert. Manche Anbieter/innen setzen freiwillig Technologien ein, um Material über sexuellen Kindesmissbrauch aufzudecken, zu melden und zu entfernen. Wieviel getan wird, ist jedoch sehr unterschiedlich, und es hat sich gezeigt, dass Freiwilligkeit allein nicht reicht. Der Vorschlag baut auf dem Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) auf und ergänzt es durch Regelungen, die dem speziellen Problem von Kindesmissbrauch in der Online-Welt gerecht werden sollen. Außerdem knüpft er an die EU-Strategie für eine wirksamere Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern vom Juli 2020 an, in der dargelegt wird, wie durch die Verbesserung von Prävention, Ermittlungen und Hilfe für Opfer umfassend auf die wachsende Bedrohung des sexuellen Missbrauchs von Kindern sowohl offline als auch online reagiert werden soll. Außerdem hat die Kommission im März 2021 ihre EU-Kinderrechtsstrategie vorgestellt, die konkrete Maßnahmen dazu enthält, wie Kinder gegen alle Formen von Gewalt, insbesondere auch gegen Missbrauch in der Online-Welt, geschützt werden können.

(KS) Damit Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der Europäischen Union EU-weit einheitlich geahndet werden können, hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, diese in den in Artikel 83 AEUV enthaltenen Katalog der besonders schweren Kriminalitätsbereiche aufzunehmen und einen entsprechenden Beschlussvorschlag sowie eine Mitteilung zu einer möglichen zukünftigen Richtlinie vorgelegt. Durch die Aufnahme sollen gemeinsame Mindeststandards für Straftaten und Strafen ermöglicht und so eine einheitlichere und damit auch effektivere Durchsetzung verhängter EU-Sanktionen erreicht werden. Neben der Mitwirkung an Handlungen oder Tätigkeiten zur indirekten oder direkten Umgehung von Sanktionen, wie die Verschleierung von Vermögenswerten, könnten demnach auch die Nicht-Sicherstellung von Geldern, die sich im Besitz einer gelisteten Person oder Organisation befinden bzw. gehalten oder kontrolliert werden sowie die Beteiligung an der Ein- und Ausfuhr von Waren, die unter Handelsverbote fallen, unter die möglichen Straftaten fallen.

Der Rat der EU muss nun dem Vorschlag einstimmig zustimmen. Anschließend wird die EU-Kommission einen entsprechenden Legislativvorschlag auf Grundlage der Mitteilung vorlegen. Um Vermögenswerte von Personen und Einrichtungen, die gegen die Sanktionen verstoßen, auch effektiver einziehen zu können, hat die Kommission zudem neue Vorschriften für die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten vorgelegt.

(AV) Die Mitgliedstaaten der EU können künftig Informationen über Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Echtzeit austauschen. Dabei soll die am 31.05.2022 gestartete EU-Registrierungsplattform helfen. Die neue Plattform ist Teil des Zehn-Punkte-Plans, den die Europäische Kommission Ende März 2022 den EU-Innenministern/innen vorgelegt hatte. Damit soll die Aufnahme von Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, besser koordiniert werden.

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen mit Hilfe der neuen Plattform ihre Rechte in allen Mitgliedstaaten wirksam wahrnehmen können. Fälle von Doppel- oder Mehrfachregistrierungen werden vermieden, so die EU-Kommission. Sie hat die Registrierungsplattform innerhalb kürzester Zeit technisch entwickelt und kann nun damit an den Start gehen. Die EU-Kommission wird die EU-Innenminister/innen bei ihrer nächsten Ratstagung am 9./10.06.2022 über die weitere Umsetzung des Zehn-Punkte-Plans informieren.

Die Abgeordneten des EU-Parlaments fordern insbesondere bei der angewandten Methodologie erhebliche Verbesserungen am Rechtsstaatlichkeitsbericht der Europäischen Kommission, der 2020 als präventives Instrument zur Beurteilung der Lage der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten eingerichtet wurde.

(KS) Die Abgeordneten kritisieren, dass trotz entsprechender Vorschläge des EU-Parlaments in der Vergangenheit der Bericht weiterhin nicht alle in Artikel 2 des EU-Vertrags erfassten Werte abdecke. Neben der Unterscheidung zwischen systemischen und individuellen Verstößen sowie einer gründlicheren und transparenteren Bewertung müsse statt der derzeit allein beschreibenden Vorgehensweise ein analytischer und wertender Ansatz verfolgt werden, der auch übergreifende Trends umfasse.

Konkret schlagen die Abgeordneten vor, zusätzlich zu der qualitativen Bewertung einen quantitativen »Rechtsstaatlichkeitsindex« einzuführen, welcher auf den durch unabhängige Experten zu beurteilenden Leistungen der Mitgliedstaaten beruht. Daneben sollte nach Ansicht der Parlamentarier eine direkte Verbindung zwischen den Ergebnissen des Berichts und der Aktivierung von Mechanismen zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit wie dem Artikel-7-Verfahren, der Haushaltskonditionalität sowie dem Vertragsverletzungsverfahren, welche automatisch ausgelöst werden sollten, aufgenommen werden. Auch fordern die Abgeordneten die Aufnahme von Verhandlungen zwischen den Institutionen zur Einrichtung eines gemeinsamen, auf einer interinstitutionellen Vereinbarung beruhenden EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte.

Die Sichtbarkeit der Werte der EU soll durch eine jährliche »Wertewoche« im September verbessert, zudem soll ein »Europäischer Index des bürgerlichen Raums« eingeführt werden, um Hindernisse ermitteln zu können, denen sich Organisationen und Einzelpersonen in den Mitgliedstaaten gegenübersehen.

Die Abgeordneten bedauern in diesem Zusammenhang insbesondere bestehenden Mängel in der Methodik, allein die Darstellung von »Mängeln oder Verstößen unterschiedlicher Art oder Intensität«, so die Abgeordneten, berge vielmehr die Gefahr, schwerwiegende Verstöße zu verharmlosen.

Im Rahmen der am 19.05.2022 angenommen Entschließung äußern die Abgeordneten zudem Bedenken im Hinblick auf den derzeitigen Zustand der EU-Werte und verweisen dazu insbesondere auf die absichtliche Verfolgung von Minderheitengruppen in einigen Mitgliedstaaten, die Bedrohung der richterlichen Unabhängigkeit sowie des Vorrangs des EU-Rechts, Korruption, die Einschränkung der Meinungsfreiheit und des Medienpluralismus, die Herausforderungen für die Demokratie in der EU, die Auswirkungen der COVID-Maßnahmen auf die bürgerlichen Freiheiten, die Bedrohung der Grundrechte von Minderheiten, schutzbedürftigen Gruppen und Asylbewerbern sowie die Angriffe auf die reproduktiven Rechte von Frauen und die Rechte von LGBTIQ-Personen.

(KS) Das EU-Parlament hat in einer Entschließung vom 19.05.2022 eine schnelle Unterstützung der Ermittlungen der ukrainischen Behörden sowie des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gefordert. Mit großer Mehrheit wurden die von der Europäischen Kommission Anfang Mai vorgeschlagenen Änderungen der Eurojust-Verordnung angenommen.

Vor dem Hintergrund mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine soll es der Agentur im Wege einer Mandatserweiterung und Zubilligung neuer Befugnisse ermöglicht werden, Beweismittel in Form von DNA-Profilen, Fingerabdrücken, Fotos, Videos und Tonaufnahmen zu speichern, zu analysieren sowie zu verarbeiten und an den IStGH sowie andere internationale Organisationen und an die Behörden der EU-Mitgliedstaaten weiterzugeben.

Damit die neuen Regelungen in Kraft treten können, müssen diese noch formell durch den Rat der EU angenommen werden. Um das nicht in die Zuständigkeit des IStGH fallende Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine untersuchen und die damit in Verbindung stehenden Politiker sowie militärischen Befehlshaber Russlands und seiner Verbündeten strafrechtlich verfolgen zu können, fordern die Abgeordneten zudem die Unterstützung der EU für die Einrichtung eines internationalen Sondergerichts.

»Ernsthaftes Bemühen«, so lautet die Kernforderung der Europaabgeordneten an den Rat der EU und die Europäische Kommission in Hinblick auf weitere Maßnahmen gegen den fortschreitenden Verfall europäischer Werte in Ungarn und Polen.

(KS) In einer mit breiter Mehrheit angenommenen Entschließung hat das EU-Parlament zwar die jüngst von der EU-Kommission eingeleitete Aktivierung der sogenannten Rechtsstaatskonditionalität gegen Ungarn sowie die Wiederaufnahme der Anhörungen in den gegen beide Länder eröffneten Verfahren nach Artikel 7 des Vertrags über die Europäische Union durch den Rat begrüßt, jedoch zugleich »substantielle Fortschritte« sowie ein konsequenteres Vorgehen gegen die weitere Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit in den beiden Mitgliedstaaten gefordert.

Die Abgeordneten des EU-Parlaments kritisierten dabei insbesondere, dass beide Länder den Vorrang des EU-Rechts weitgehend ignorierten. Dass eine Vielzahl von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs sowohl von der polnischen als auch von der ungarischen Regierung nicht umgesetzt würden, sei nicht hinnehmbar, so die EU-Parlamentarier/innen in dem am 05.05.2022 angenommenen Text. Auch bedauerten sie, dass der neue Konditionalitätsmechanismus, welcher die Vergabe von EU-Fördergeldern an die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze knüpft, nicht auch in Bezug auf die Lage in Polen angewandt werde. Zu der in dem Artikel-7-Verfahren möglichen Feststellung der eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte der EU wiesen die Abgeordneten zudem darauf hin, dass insofern keine Einstimmigkeit erforderlich sei und forderten insgesamt ein entschlosseneres Vorgehen der Mitgliedstaaten, die Aufnahme von Verhandlungen zu einem umfassenden EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, basierend auf einer interinstitutionellen Vereinbarung sowie weitere Maßnahmen durch EU-Kommission und Rat für den Fall, dass die Verschlechterung der Lage jeweils weiterhin anhalte.

In Hinblick auf die Anhörungen kritisiert der Text deren bisherige Ausgestaltung durch den Rat und weist darauf hin, dass die Standardmodalitäten einzuhalten sowie diese regelmäßig, transparent und offen zu organisieren seien und insbesondere auch Folgen in Form von konkreten und fristgebundenen Empfehlungen nach sich ziehen müssten.

Kurzfristig forderten die Abgeordneten zudem, dass die nationalen Pläne Ungarns und Polens im Rahmen der Fazilität für Konjunkturbelebung und Widerstandsfähigkeit auch weiterhin von der EU-Kommission nicht genehmigt werden sollten, solange nicht alle Voraussetzungen in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit vollständig erfüllt sowie relevante Urteile umgesetzt worden seien.

Nachdem der Europäische Gerichtshof die Verordnung über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der EU im Februar 2022 für rechtmäßig erklärt hatte, hatte die EU-Kommission im April 2022 den Mechanismus gegen Ungarn aktiviert und auf strukturelle Probleme in dem Land, insbesondere in Bezug auf Unregelmäßigkeiten in öffentlichen Vergabeverfahren, welche auf Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit hindeuteten, hingewiesen. Das EU-Parlament hatte hingegen in der Vergangenheit wiederholt ein zügigeres Vorgehen, vor dem Hintergrund der Justizreformen auch gegen Polen, nach der bereits zum 01.01.2021 in Kraft getretenen Verordnung gefordert.

Im Rahmen der 2017 und 2018 eingeleiteten Artikel 7-Verfahren hat zudem zuletzt im Februar 2022 die inzwischen 5. Anhörung mit der polnischen Regierung stattgefunden. Eine weitere Anhörung der ungarischen Regierung ist für den Juni 2022 geplant. Eine Abstimmung des Rates darüber, ob in einem der beiden Mitgliedstaaten die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 2 des EU-Vertrags genannten Werte vorliegt, ist jedoch bisher nicht erfolgt. Die Feststellung selbst erfolgt mit einer Mehrheit von vier Fünfteln der Mitgliedstaaten und nach Zustimmung des EU-Parlaments.

(KS) Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag zur Änderung der bestehenden Eurojust-Verordnung vorgelegt, um der Agentur eine bessere Unterstützung von Ermittlungen zu Kriegsverbrechen zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine soll es Eurojust zukünftig möglich sein, Beweise für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord in der Ukraine zu sammeln, aufzubewahren, auszuwerten und weiterzugeben. Um die Verfolgung solcher Taten sicherzustellen, soll beispielsweise die Einrichtung eines zentralen Backup-Speichers eine sichere und dauerhafte Aufbewahrung von Beweisen, wie Videos, Fotos, Satellitenaufnahmen, etc. außerhalb der Ukraine gewährleisten. Daneben soll Eurojust in die Lage versetzt werden, solche Beweise im Einklang mit den EU-Datenschutzvorschriften zu verarbeiten und diese an die zuständigen nationalen und internationalen Behörden, insbesondere den Internationalen Strafgerichtshof, weiterzugeben. Die hierzu erforderlichen Änderungen an der Verordnung sollen in einem Dringlichkeitsverfahren behandelt werden. Der Rat der EU hat bereits am 06.05.2022 ein Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament angenommen. Die Agentur unterstützt bereits seit März 2022 eine gemeinsame Ermittlungsgruppe der EU, die sich mit möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine befasst.

(KS) Die Europäischen Kommission hat am 26.04.2022 eine Gesetzesinitiative vorgelegt, um effektiv gegen missbräuchliche Klagen gegen Journalisten/innen sowie Menschenrechtsverteidiger/innen vorgehen zu können. Sogenannte SLAPP-Klagen (Strategic lawsuits against public participation) sind Klagen, die das Ziel verfolgen, öffentliche Kritik zu unterbinden und Kritiker/innen einzuschüchtern. Der Vorschlag sieht hierzu eine Stärkung der Gerichte vor, indem er die Möglichkeit eröffnet entsprechende Klagen bei offensichtlicher Unbegründetheit frühzeitig abzuweisen. Daneben sind u. a. Vorschriften zur Übernahme der Verfahrenskosten durch die klagenden Parteien, Schadensersatzansprüche, Sanktionsmöglichkeiten sowie Regeln, um die Nicht-Annahmen von Entscheidung aus Drittstaaten zu ermöglichen, vorgesehen. Mit einer ergänzenden Empfehlung fordert die EU-Kommission die Mitgliedstaaten zudem auf, auch ihre nationalen Vorschriften für innerstaatliche Fälle und weitere (nicht zivilrechtlichen) Verfahren entsprechend anzupassen sowie weitergehende Maßnahmen, wie Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für Angehörige von Rechtsberufen und potenzielle Geschädigte sowie Unterstützungsmaßnahmen, zu ergreifen.

(AV) Die Europäische Kommission hat zum Rücktritt von Fabrice Leggeri, dem Exekutivdirektor der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex), am 29.04.2022 eine Erklärung veröffentlicht. Darin kündigte sie an, die Einstellung und Ernennung eines/r neuen Exekutivdirektors/in zügig voranzutreiben. In der Zwischenzeit wird die stellvertretende Exekutivdirektorin von Frontex, Aija Kalnaja, die Leitung der Agentur übernehmen. Frontex erfüllt die wichtige Aufgabe, die Mitgliedstaaten beim Schutz der gemeinsamen Außengrenzen der EU zu unterstützen und dabei die Grundrechte zu wahren. Angesichts der Ermittlungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) gegen drei Mitarbeiter von Frontex, darunter der Exekutivdirektor der Agentur, kam der Frontex-Verwaltungsrat am 28./29.04.2022 zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, um über die nächsten Schritte zu entscheiden. Bei dieser Sitzung erhielt Leggeri Gelegenheit, zu den im OLAF-Bericht enthaltenen Feststellungen Stellung zu nehmen. Am ersten Sitzungstag erklärte er seinen Rücktritt von allen seinen Funktionen mit sofortiger Wirkung und seine Absicht, seine Tätigkeit in der Agentur zu beenden.

Die Kommission wird gegenüber Ungarn ein Verfahren nach der Verordnung über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union einleiten und damit erstmals den bereits am 01.01.2021 in Kraft getretenen Mechanismus, welcher die Kürzung von EU-Mittel für das Land zur Folge haben könnte, anwenden.

(KS) Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 05.04.2022 im Rahmen einer Fragerunde mit dem Europäischen Parlaments bekanntgab, seien die ungarischen Behörden über diesen Schritt bereits informiert worden. Ein förmliches Notifizierungsschreiben, welches das Verfahren offiziell in Gang setzt, werde in den nächsten Tagen versandt werden.

Hintergrund der Aktivierung der Verordnung, die dann Rechtstaatsverstöße ahndet, wenn diese Auswirkungen auf den EU-Haushalt haben, seien bestehende Probleme mit Korruption in dem Land, so die Präsidentin weiter. Bereits im November letzten Jahres sei in einem informellen Schreiben eine Stellungnahme zu den von der Europäischen Kommission dargelegten Bedenken in Hinsicht auf die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn angefordert worden. Eine Analyse der Antworten der ungarischen Regierung habe nun ergeben, so von der Leyen, dass zum nächsten Schritt übergegangen werden müsse.

Die Abgeordneten des EU-Parlaments begrüßten mehrheitlich den Schritt, kritisierten jedoch die späte Entscheidung. Das EU-Parlament selbst hatte in der Vergangenheit mit Blick auf schwerwiegende Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit bereits in mehreren Entschließungen die sofortige Anwendung gefordert und zuletzt eine Untätigkeitsklage gegen die EU-Kommission erhoben. Kritisiert worden war dabei insbesondere eine Vereinbarung des Europäischen Rates vom Dezember 2020, welche die Anwendung der Verordnung an eine vorherige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über die Rechtmäßigkeit der Verordnung sowie an die Erstellung von Leitlinien zum Verfahren durch die EU-Kommission knüpfte. Polen und Ungarn hatten daraufhin zwar ihr Veto zum mehrjährigen Finanzrahmen 2020-2027 fallen gelassen, anschließend jedoch jeweils eine Klage gegen die Verordnung beim Europäischer Gerichtshof erhoben.

Die Entscheidung zur Aktivierung erfolgt nun, nachdem der EuGH im Februar 2022 die Klagen der beiden Länder abgewiesen und den Mechanismus für rechtmäßig erklärt hatte und die EU-Kommission daraufhin im März die angekündigten Leitlinien zur Anwendung der Verordnung angenommen hatte.

Im Anschluss an die Ankündigung machten mehrere Abgeordnete erneut auf die im Zusammenhang mit der Justizreform bestehenden Bedenken zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen aufmerksam und forderten, auch hier Maßnahmen zu ergreifen. So verlangten die Abgeordneten von der EU-Kommission vor allem, die bisher zurückgehaltenen Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität des Wiederaufbauplans NextGenerationEU trotz der derzeitigen Lage nicht freizugeben. Im Hinblick auf Berichte zu einer möglichen zeitnahen Genehmigung des polnischen nationalen Aufbau- und Resilienzplans hatten die Vorsitzenden der Fraktionen S&D, Renew Europe, Grüne/EFA und Die Linke bereits am 24.03.2022 in einem Brief die EU-Kommission dazu aufgefordert, diesen so lange nicht zu genehmigen, bis nicht die Kriterien in Art. 19 und Anhang 5 der Verordnung (EU) 2021/241 zur Errichtung einer Aufbau- und Resilienzfazilität sowie die entsprechend gestellten Anforderungen zum Abbau der Disziplinarkammer, der Beendigung des Disziplinarverfahrens für polnische Richter/innen und die Wiedereinsetzung unrechtmäßig entlassener Richter/innen, erfüllt seien. Diese Kriterien waren auch von der Kommissionspräsidentin erneut bekräftigt worden.

Die EU-Kommission gab zudem an, derzeit die Antworten der polnischen Regierung auf das im November 2021 ebenfalls an Polen gerichtete informelle Schreiben zu prüfen.

Die Europäische Koordinierung der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, ein Zehn-Punkte-Plan, die Registrierung an den Außengrenzen und Schutz für Minderjährige waren die Schwerpunkte des Sondertreffens der Innenminister/innen.

(AV) Die Ministerinnen und Minister haben am 28.03.2022 auf dem Sondertreffen des EU-Innenrates über die weitere Koordinierung der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine beraten. Am Rande der Tagung des Rates hatte die Ministerrunde die Gelegenheit, sich per Videokonferenz mit dem ukrainischen Innenminister über die aktuelle Lage auszutauschen.

Außerdem wurde eine Bilanz der Umsetzung der materiellen und finanziellen Unterstützung, sowohl in Bezug auf ihre Höhe als auch auf ihre Flexibilität, gezogen. Die Ministerinnen und Minister haben über einen etwaigen zusätzlichen Finanzbedarf und mögliche Lücken bei der Unterstützung durch die Agenturen beraten. Die Beratungen über den mittel- und langfristigen Unterstützungsbedarf werden nun auf Expertenebene fortgesetzt.

Die Ministerrunde hat sich auch mit der Umsetzung des Beschlusses über den vorübergehenden Schutz befasst und ihre Unterstützung für eine stärkere Koordinierung der Steuerung und der Reisen innerhalb der EU zum Ausdruck gebracht. Insbesondere hat sie die Europäische Kommission gebeten, mit Unterstützung von eu-LISA schnellstmöglich Fortschritte bei einer IT-Lösung zu erzielen, mit der ein auf europäischer Ebene zentralisierter Ansatz für die Registrierung ukrainischer Flüchtlinge ermöglicht wird. Diese angestrebte Konsolidierung der Registrierung in den nationalen Datenbanken wird den Schutz der Flüchtlinge, insbesondere unbegleiteter Minderjähriger, und ihre Reisen innerhalb der EU erleichtern.

Schließlich haben die Ministerinnen und Minister erneut bekräftigt, dass die Außengrenzen weiterhin streng kontrolliert werden müssen. Sie haben die Mobilisierung des EU-Netzes für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität (EMPACT) unterstützt, womit verhindert werden soll, dass Kriminelle die Situation ausnutzen – unter anderem durch Menschenhandel, Online-Betrug, die Unterschlagung von für die Unterstützung von Flüchtlingen bestimmten Mitteln oder durch den Handel mit Waffen.

Im Anschluss an die Tagung legte die EU-Kommission einen mit dem französischen Ratsvorsitz abgestimmten, gemeinsamen Zehn-Punkte-Aktionsplan vor, mit dem auf operative Fragen, die sich aus der Situation ergeben, eingegangen werden soll.

Schluss mit lustig: Kommission drängt Mitgliedstaaten zum Handeln gegen illegale »goldene Pässe« und »goldene Visa«.

(AV) Die Europäische Kommission hat die Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund der russischen Invasion in die Ukraine erneut dazu aufgerufen, alle bestehenden Staatsbürgerschaftsregelungen für Investor/innen umgehend aufzuheben. Das Recht, sich im Schengen-Raum frei zu bewegen, sei eines der wertvollsten Güter der EU. Darum forderte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson strenge Kontrollen, damit dieses Recht nicht missbraucht wird. Mit EU-Sanktionen belegten russischen und belarussischen Staatsbürger/innen sollten goldene Visa entzogen werden. »Mehr denn je müssen wir angesichts des Krieges verhindern, dass sanktionierte Russen und Belarussen sowie Unterstützer des Angriffskriegs Putins sich ihren Weg in die EU einfach erkaufen können«, so Johansson weiter.

Aufenthaltsregelungen für Investor/innen (»goldene Visa«) bergen für die Mitgliedstaaten sowie für die gesamte EU Risiken in Bezug auf Sicherheit, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Korruption. Wer die Staatsbürgerschaft (»goldener Pass«) eines Mitgliedstaats besitzt, ist zugleich auch Unionsbürger/in. Mit der Unionsbürgerschaft geht automatisch das Recht auf Freizügigkeit, das Recht auf Zugang zum EU-Binnenmarkt sowie das aktive und passive Wahlrecht bei Europa- und Kommunalwahlen einher, und zwar in allen Mitgliedstaaten.

Immer wieder hatte die EU-Kommission ihre ernsten Bedenken hinsichtlich solcher Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen für Investor/innen und der damit einhergehenden Risiken geäußert. Nun greift sie stärker durch und legte am 28.03.2022 eine Empfehlung vor.

In der Empfehlung ruft die EU-Kommission dazu auf, dass

  • alle Mitgliedstaaten, die noch immer Staatsbürgerschaftsregelungen für Investor/innen anwenden, diese sofort abschaffen. Solche Regelungen sind nicht mit dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit und der in den EU-Verträgen verankerten Definition der Unionsbürgerschaft vereinbar.
  • die betroffenen Mitgliedstaaten prüfen, ob russischen und belarussischen Staatsangehörigen, gegen die Sanktionen verhängt wurden oder die den Krieg in der Ukraine maßgeblich unterstützen, die zuvor gewährte Staatsangehörigkeit oder der Aufenthaltstitel entzogen werden sollte.
  • vor der Ausstellung von Aufenthaltstiteln für Investor/innen strenge Kontrollen festzulegen und durchzuführen

Es ist Sache der Mitgliedstaaten, die Empfehlung umzusetzen. Die EU-Kommission forderte die betroffenen Mitgliedstaaten auf, bis Ende Mai 2022 über die Umsetzung der abgegebenen Empfehlung Bericht zu erstatten und die EU-Kommission anschließend regelmäßig über den Stand der Umsetzung zu unterrichten.

EU-Sportminister/innen sprachen über EU-Werte, Sport in Zeiten des Krieges und was Bewegung mit Nachhaltigkeit zu tun hat

(AV) Die EU-Sportminister/innen trafen sich am Nachmittag des 04.04.2022 zu einer Ratssitzung. Zugeschaltet per Videokonferenz war auch der ukrainischen Amtskollege Vadym Huttsait, der über die Lage in seinem Land berichtete. Dem Gespräch schloss sich eine Diskussion darüber an, welche Rolle Sportakteur/innen bei der Förderung und Verteidigung europäischer Werte spielen können. Der Krieg in der Ukraine und die starke, vereinte und solidarische Reaktion, die er bei den Mitgliedstaaten, privaten und öffentlichen Organisationen sowie europäischen Bürgerinnen und Bürgern ausgelöst hat, habe ein starkes Bekenntnis zu den Werten wie Achtung der Menschenwürde und -rechte, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtstaatlichkeit gezeigt. Die Minister/innen betonten auch die Rolle der Sportbewegung bei der Verteidigung dieser europäischen Werte und der Solidarität mit dem ukrainischen Volk.

Außerdem berieten die Minister/innen über die Entwicklung der Organisation des Sports in Europa, um auf das Aufkommen neuer Interessengruppen, neuer Praktiken und sonstiger Neuerungen zu reagieren. Auf Basis einer gemeinsamen Grundlage rund um die sozialen, erzieherischen, kulturellen und gesundheitlichen Funktionen des Sports diskutierten die Minister/innen Vorschläge für strukturelle Veränderungen, zu deren Umsetzung die Sportbewegung aufgerufen wurde.

Der Rat billigte Schlussfolgerungen zu Sport und körperlicher Aktivität. Aus Sicht der Sportministerinnen und -minister sei dies ein vielversprechender Hebel, um das Verhalten für eine nachhaltige Entwicklung umzugestalten.

Ziel des Textes sei es, Verhaltensänderungen zu beschleunigen:

  • Einerseits zwischen individuellen und kollektiven Praktiker/innen, Hersteller/innen sowie Verbraucher/innen von Sportartikeln und -dienstleistungen, Unternehmen, die an der Sportinfrastruktur beteiligt sind, und Organisatoren von Veranstaltungen, um die Auswirkungen zu verringern, die jeder von ihnen auf die Umwelt, die biologische Vielfalt und das Klima hat;
  • Andererseits soll Sport für Bildung mit besonderem Augenmerk auf die Ziele der nachhaltigen Entwicklung als Hebel positioniert werden.

Die Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission und die Sportbewegung haben in diesem Bereich bereits erhebliche Anstrengungen unternommen und Fortschritte erzielt. Die Schlussfolgerungen tragen diesen Bemühungen Rechnung, zielen jedoch darauf ab, sie zu beschleunigen, zu intensivieren und vor allem ihre europäische Dimension zu betonen.

(KS) Das Europäische Parlament hat am 05.04.2022 seinen Standpunkt zu dem im letzten Jahr vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen angenommen und die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Rat der EU beschlossen. Der Kommissionsvorschlag und die bereits im Dezember 2021 vorgelegte Position des Rates sehen beide eine Anwendungsschwelle von 250 Mitarbeiter/innen sowie weitergehende Maßnahmen bei einem Lohngefälle von mindestens 5 Prozent vor. Dagegen fordern die Abgeordneten bereits für Unternehmen mit 50 Mitarbeitern die Verpflichtung zur Offenlegung von Informationen, um einen Gehaltsvergleich zu ermöglichen, sowie die Verpflichtung zu Gehaltsbewertungen und Erstellung eines Aktionsplans für Gleichstellung bei einem bestehenden Lohngefälle von mindestens 2,5 Prozent. Mit der erfolgten Positionierung des EU-Parlaments können nun die Verhandlungen zwischen Rat und EU-Parlament beginnen. Weitere Forderungen des EU-Parlaments umfassen neben geschlechtsneutralen Vergleichskriterien und Arbeitsplatzbewertungs- sowie Klassifizierungssystemen auch ein offizielles Gütesiegel für Unternehmen ohne Lohnunterschiede, ein Verbot von Geheimhaltungsklauseln sowie eine Beweislastumkehr in gerichtlichen Verfahren zu Lohnfragen.

(AV) Der Rat der EU hat am 04.04.2022 grünes Licht für den Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa (CARE) und zur Verlängerung des Durchführungszeitraums der drei Fonds für Inneres 2014-2020 um ein Jahr gegeben. Das Europäische Parlament hat dem Kommissionsvorschlag ebenfalls zugestimmt. Durch die Entscheidung zu CARE haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, verbleibende Mittel aus den Kohäsionsfonds des Planungszeitraums 2014-2020 zu nutzen, um Menschen, die wegen des russischen Einmarsches in die Ukraine Schutz in der EU suchen, mit Soforthilfe zu unterstützen.

(Marian Elias Bartz) Schon im November 2012 schlug die Europäische Kommission eine Richtlinie vor, um die Beseitigung des erheblichen Ungleichgewichts zwischen Frauen und Männern bei wirtschaftlichen Entscheidungen auf höchster Ebene zu adressieren und zu beheben. Vorgesehen ist danach ein verpflichtender Frauenanteil für nicht geschäftsführende Direktor/innen bzw. Aufsichtsratsmitglieder von 40 Prozent oder aber 33 Prozent für alle Mitglieder der Leitungsorgane in großen Unternehmen sowie jährliche Berichte der Mitgliedstaaten über die Zusammenstellung von Unternehmensvorständen. Nachdem das Europäische Parlament bereits im November 2013 mit großer Mehrheit seinen Standpunkt angenommen hatte und nachdrücklich die legislativen Maßnahmen unterstützte, hat nun auch der Rat der EU nach einer fast 10-jährigen Blockade, u. a. durch die Bundesregierung, grünes Licht für weitere Verhandlungen zwischen den Institutionen gegeben und seine Allgemeine Ausrichtung angenommen. Der Kompromissvorschlag sieht dabei insbesondere eine Ausnahme für Mitgliedstaaten vor, welche die Zielvorgaben bereits durch Maßnahmen in der nationalen Gesetzgebung festgelegt haben. Die interinstitutionellen Verhandlungen sollen in den nächsten Wochen beginnen.

(Marian Elias Bartz) Das EU-Parlament hat in seiner Plenarsitzung vom 24.03.2022 den Ergebnissen der interinstitutionellen Verhandlungen über die e-Codex-Verordnung mit einer breiten Mehrheit zugestimmt. Das System des e-Codex soll grenzüberschreitende, elektronische Datenübertragung im Bereich justizieller Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen ermöglichen. Im Rahmen der Verordnung wird unter anderem vorgesehen, die Finanzierung und die Verwaltung des Systems zu überarbeiten. Ziel der Überarbeitung ist es, die transnationale justizielle Kommunikation effizienter und Gerichte zugänglicher zu machen.

Nachdem auch der Rat der EU dem Kompromisstext formell zugestimmt hat, wird die Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden und 20 Tage danach in Kraft treten.

(AV) Die Verteidigungs- und Außenminister/innen der EU haben am 21.03.2022 bei ihrem Ratstreffen in Brüssel den Strategischen Kompass angenommen, der Grundlagen der gemeinsamen Verteidigungspolitik der EU für die kommenden Jahre definiert. Dies sei ein »Wendepunkt für die Europäische Union als Sicherheitsgarant und ein sehr wichtiger Schritt für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU«, erklärte der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell. Der Strategische Kompass soll unter anderem ermöglichen, schnell eine Eingreiftruppe von bis zu 5.000 Soldaten zu mobilisieren, die für die Reaktion auf Krisen ausgebildet und ausgerüstet sind. Zudem werden bessere Instrumente gegen hybride und Cyberbedrohungen entwickelt. Darüber hinaus haben die Minister/innen eine politische Einigung über die nächste Tranche von 500 Mio. EUR im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität erzielt, um der Ukraine weiter beizustehen.

(AV) Um Menschen zu helfen, die vor dem Krieg aus der Ukraine fliehen, haben die Mitgliedstaaten Anfang März die Richtlinie über vorübergehenden Schutz aktiviert. Mit operativen Leitlinien, die die EU-Kommission am 18.03.2022 vorgestellt hat, will sie den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie helfen und dazu beitragen, dass die Ankommenden ein einheitliches und wirksames Niveau an Rechten haben.

Seit Beginn der russischen Militärinvasion in der Ukraine am 24.02.2022 sind mehr als drei Millionen Menschen vor dem Krieg in der Ukraine geflohen, Schätzungen zufolge sind mehr als die Hälfte davon Kinder. In Reaktion auf diese beispiellose Situation hat die EU in Rekordzeit vereinbart, die Richtlinie über vorübergehenden Schutz zu aktivieren, um Menschen zu helfen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen. Die Richtlinie trat am 04.03.2022 unmittelbar in Kraft und gewährleistet nun sofortigen Schutz und einen klaren Rechtsstatus für Millionen von Menschen.

(AV) Die EU-Kommission hat am 18.03.2022 vorgeschlagen, zwei Drogenwirkstoffe in der gesamten EU zu verbieten: 3-MMC und 3-CMC. Die beiden Stoffe sind aufgrund ihrer Toxizität lebensbedrohlich. Sie sind seit mindestens 2012 bzw. 2014 in der EU erhältlich. Beide Substanzen werden hauptsächlich als Pulver verkauft, sind aber auch als Tabletten und Kapseln erhältlich. Aus fünf Mitgliedstaaten wurden 27 Todesfälle im Zusammenhang mit 3-MMC und aus zwei Mitgliedstaaten zehn Todesfälle im Zusammenhang mit 3-CMC gemeldet. Die Entscheidung, diese Stoffe zu verbieten, beruht auf einer Risikobewertung der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht. Die ersten Berichte und Risikobewertungen der Beobachtungsstelle (TBC bei Veröffentlichung) sind online verfügbar.

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EU-Innenministerinnen und -minister setzen erstmals den Mechanismus für vorübergehenden Schutz in Kraft, um auf den massenhaften Zustrom von Vertriebenen aus der Ukraine zu reagieren.

(AV) Es sollte und musste schnell gehen. Denn es geht um Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen und Schutz bei ihren direkten Nachbarn in der Europäischen Union suchen. Die EU aktivierte daher erstmalig den Mechanismus, um Personen, die in der EU Zuflucht suchen, schnell und unbürokratisch aufzunehmen.

Die Richtlinie 2001/55/EG des Rates der EU vom 20.07.2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen war also der Schwerpunkt der Diskussion auf der außerordentlichen Ratssitzung der EU-Innenministerinnen und -minister am 27.02.2022. Ylva Johansson, EU-Innenkommissarin, versprach einen Vorschlag der Europäischen Kommission, wie der Mechanismus aktiviert werden könnte. Sie lieferte ihn am Morgen des 02.03.2022, einen Tag vor dem regulären Innenrat. Der endete am Abend des 03.03.2022 mit einer einstimmigen politischen Entscheidung der EU-Innenministerinnen und -minister: der Mechanismus wird erstmals aktiviert. Nach Klärung der technischen Details und der formellen Annahme des Durchführungsbeschlusses am 04.03.2022 traten die neuen Regeln unverzüglich in Kraft.

Der vorübergehende Schutz ist ein Notfallmechanismus, der im Fall eines Massenzustroms von Menschen angewandt werden kann, um Vertriebenen, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, sofort und kollektiv (d. h. ohne vorherige Prüfung von Einzelanträgen) Schutz zu gewähren. Auf diese Weise soll der Druck auf die nationalen Asylsysteme verringert und den Vertriebenen ermöglicht werden, überall in der EU harmonisierte Rechte in Anspruch zu nehmen. Hierzu zählen ein Aufenthaltstitel, der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Wohnraum, medizinische Versorgung und der Zugang zu Bildung für Kinder.

Der vorübergehende Schutz gilt zunächst für ein Jahr. Dieser Zeitraum kann automatisch um sechs Monate, höchstens jedoch um ein Jahr, verlängert werden. Die EU-Kommission kann dem Rat vorschlagen, den vorübergehenden Schutz um ein weiteres Jahr zu verlängern. Sie kann zudem vorschlagen, den vorübergehenden Schutz zu beenden, wenn die Lage in der Ukraine eine sichere und dauerhafte Rückkehr erlaubt.

Ukrainische Staatsangehörige und Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die in der Ukraine internationalen Schutz genießen, sowie ihre Familienangehörigen erhalten vorübergehenden Schutz, sofern sie sich vor dem oder am 24.02.2022 in der Ukraine aufgehalten haben. Die Mitgliedstaaten gewähren Drittstaatsangehörigen, die sich vor dem oder am 24.02.2022 mit einem unbefristeten Aufenthaltstitel in der Ukraine aufgehalten haben und nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkehren können, entweder vorübergehenden Schutz oder einen angemessenen Schutz nach Maßgabe ihres einzelstaatlichen Rechts.

Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten diesen Beschluss auf andere Personen anwenden, etwa auf alle Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in der Ukraine aufhalten und nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkehren können, sowie auf ukrainische Staatsangehörige, die bereits kurz vor dem 24.02.2022 geflohen sind oder sich im Hoheitsgebiet der EU befunden haben, beispielsweise wegen eines Urlaubs oder ihrer Arbeit.

Im Rahmen dieses Beschlusses wird die EU-Kommission die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten koordinieren, wobei es insbesondere darum gehen wird, die Aufnahmekapazitäten im Auge zu behalten und festzustellen, wo möglicherweise zusätzliche Unterstützung erforderlich ist. Die EU-Agenturen, unter anderem Frontex, die EU-Asylagentur und Europol, können auf Ersuchen der Mitgliedstaaten weitere operative Unterstützung leisten.

Am 24.02.2022 haben die russischen Streitkräfte eine groß angelegte Invasion der Ukraine begonnen. Infolgedessen sind beträchtliche Teile des ukrainischen Hoheitsgebiets nun Gebiete bewaffneter Konflikte, aus denen tausende Personen fliehen. Noch am Tag des Angriffs hat der Europäische Rat die grundlose und ungerechtfertigte militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste verurteilt und Russland aufgefordert, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine uneingeschränkt zu achten.

(Dr. Peter Illes) Die EU-Kommission hat am Weltfrauentag EU-weite Vorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vorgeschlagen. Die entsprechende Richtlinie sieht vor, Vergewaltigung auf der Grundlage fehlender Einwilligung, Genitalverstümmelungen bei Mädchen und Frauen sowie Cybergewalt EU-weit unter Strafe zu stellen. Bereits im Dezember 2021 hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, die Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität zu erweitern. Die nunmehr vorgelegten Vorschriften sehen zudem u. a. auch einen verbesserten Zugang von Opfern zur Justiz vor und fordern die Einrichtung zentraler Anlaufstellen für Unterstützungs- und Schutzdienste. Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission ist auch vor dem Hintergrund des ebenfalls am Weltfrauentag veröffentlichten Jahresbericht 2022 zur Gleichstellung der Geschlechter in der EU zu sehen. Aus diesem geht u. a. hervor, dass durch das Versäumnis, gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt vorzugehen, Kosten von schätzungsweise 289 Mrd. EUR pro Jahr entstehen. Zudem waren dem Bericht zufolge Frauen unverhältnismäßig stark von der Pandemie betroffen.

(Laura Vitt) Nachdem der Europäische Gerichtshof die Verordnung über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts am 16.02.2022 für rechtmäßig erklärt hat (Rechtssachen C-156/21 und C-157/21), legte die EU-Kommission am 02.03.2022 Leitlinien zur Anwendung dieser Verordnung vor. Die Leitlinien behandeln Aspekte im Zusammenhang mit der Anwendung der Verordnung. Ziel ist es, Klarheit und Vorhersehbarkeit der vorgesehenen Anwendung der Verordnung durch die EU-Kommission zu gewährleisten. Enthalten sind z. B. allgemeine Voraussetzungen für die Anwendung, Erläuterungen dazu, wie Dritte Informationen melden können und wie die Rechte der Endempfänger und Begünstigten von EU-Mitteln geschützt werden können. Die Leitlinien legen drei Voraussetzungen fest, unter welchen ein Verfahren eingeleitet werden kann:

  1. in einem Mitgliedsstaat wurde gegen mindestens einen der in der Konditionalitätsverordnung genannten Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit verstoßen,
  2. dieser Verstoß betrifft Behörden oder das Verhalten ist Behörden zurechenbar
  3. der Verstoß beeinträchtigt die wirtschaftliche Führung des Haushalts der EU, den Schutz der finanziellen Interessen der EU oder droht diese zu beeinträchtigen. Wichtig ist dabei ein hinreichender Zusammenhang zwischen dem Verstoß und den Auswirkungen auf den Haushalt der EU.

(Marian Elias Bartz) Das Zusammentreffen des Justizrates am 03.03.2022 in Brüssel fand im Lichte des Krieges in der Ukraine statt. So wurde von den Mitgliedstaaten u. a. vereinbart, von Russland und Belarus gestellte Ersuchen im Rahmen der Zusammenarbeit in Strafsachen nicht zu bearbeiten. Außerdem wurde die Aufnahme von Ermittlungen zu der militärischen Invasion durch den internationalen Strafgerichtshof begrüßt. Die Möglichkeit der strafrechtlichen Durchsetzung bei der Sanktionierung russischer Oligarchen wurde geprüft sowie verstärkte Anstrengungen gegen Geldwäsche besprochen. Auf der Agenda der Minister/innen standen außerdem aktuelle Sachstandsinformationen zur Verhandlung des Rates der EU mit dem Europäischen Parlament zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission zu elektronischen Beweismitteln sowie eine Orientierungsaussprache zu dem kürzlich vorgelegten Vorschlag der Aufnahme von Hass und Hetze in die EU-Straftatbestände. Zudem nahm der Rat die Schlussfolgerungen zur Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus an.

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Regeln für die Achtung der Menschenrechte und der Umwelt in den globalen Wertschöpfungsketten, dieses Ziel verfolgt die EU-Kommission mit einem neu unterbreiteten Vorschlag für eine Richtlinie zur Verpflichtung von Unternehmen, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und die Umwelt zu verhindern.

(KS/Marian Elias Bartz) Die Europäische Kommission hat am 23.02.2022 den seit langem erwarteten Vorschlag für eine Richtlinie bezüglich der Nachhhaltigkeits- sowie Sorgfaltspflichten von Unternehmen vorgelegt. Der Gesetzesvorschlag zielt darauf ab, ein nachhaltiges und verantwortungsvolles Verhalten von Unternehmen innerhalb globaler Wertschöpfungsketten zu fördern und damit Transparenz für Verbraucher/innen sowie Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu schaffen. Insgesamt, so Vizepräsidentin für Werte und Transparenz, Věra Jourová, soll der Vorschlag dazu beitragen, europäische Werte fair und verhältnismäßig in den Wertschöpfungsketten zu verankern.

Vorgesehen ist demnach, dass Firmen Sorgfaltspflichten in ihre eigenen Richtlinien und Politiken integrieren. Zur Umsetzung und Überwachung verpflichtet sowie verantwortlich für die Einbindung der Nachhaltigkeitsbestrebungen in die Unternehmensstrategie sollen dabei die Geschäftsführungen selbst sein. Variable Vergütungen für Vorstandsmitglieder sollen zudem Anreize bezüglich der Erfüllung von den zu erstellenden Unternehmensinternen Klimaschutzplänen setzen.

Ziel ist es, Unternehmen zukünftig dazu anzuhalten, in internationalen Menschenrechtsübereinkünften enthaltene Rechte und Verbote sowie internationale Umweltübereinkommen einzuhalten und mögliche Verstöße sowie Umweltbelastungen als Folge der eigenen Tätigkeit zu verhindern, zu beenden oder einzugrenzen. Zur Erfüllung dieser Sorgfaltspflichten sollen die Unternehmen zudem ein Beschwerdeverfahren einrichten sowie die Wirksamkeit entsprechender Maßnahmen kontrollieren und diese öffentlich kommunizieren. Neben Sanktionen durch nationale Aufsichtsbehörden sind zudem innerstaatliche Rechtbehelfe für Opfer im Fall von Schäden, welche bei Einhaltung der Pflichten nicht entstanden wären, vorgesehen.

Die Vorgaben sollen dabei für zwei Gruppen von EU-Unternehmen gelten. Zum einen für EU-Gesellschaften mit mindestens 500 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von mindestens 150 Mio. EUR weltweit, wobei deren Geschäftspläne hinzukommend über einen mit dem Pariser Abkommen konformen Geschäftsplan verfügen müssen, welcher die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C berücksichtigt. Zum anderen sollen EU-Gesellschaften erfasst sein, die in bestimmten ressourcenintensiven Branchen tätig sind und mehr als 250 Beschäftigte sowie einen Nettoumsatz von mindestens 40 Mio. EUR weltweit haben. Ebenso soll die Richtlinie gegenüber in der EU tätigen Unternehmen aus Drittstaaten mit einem in der EU erwirtschafteten Umsatz in Höhe der ersten wie der zweiten Gruppe Anwendung finden. Einbezogen werden dabei explizit auch Tochtergesellschaften sowie direkte und indirekt bestehende Geschäftsbeziehungen in der gesamten Wertschöpfungskette. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist dagegen eine direkte Geltung der Pflichten des Vorschlages nicht vorgesehen.

In einer zugleich vorgelegten Mitteilung über menschenwürdige Arbeit weltweit kündigte die EU-Kommission zudem weitere interne und externe Maßnahmen der EU an, um menschenwürdige Arbeit weltweit zu fördern.

Der nun vorgelegte Legislativorschlag war bereits vor über einem Jahr durch die EU-Kommission angekündigt, dann aber mehrfach verschoben worden. Die Verzögerung wurde insbesondere von Teilen der Zivilgesellschaft und vom Europäischen Parlament kritisiert, wobei letzteres bereits im März 2021 in einem legislativen Initiativbericht »Unternehmerische Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht« die EU-Kommission aufgefordert hatte, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorzulegen. Gerade große Unternehmen hatten dagegen immer wieder beherrschbare Haftungsregeln gefordert und einen möglichen Vorschlag kritisch gesehen. Auch die sächsische Unternehmerschaft forderte ein KMU-freundliches Gesetz mit entsprechenden Ausnahmen und sprach sich gegen die Aufnahme der Weitergabe von Sorgfaltsanforderungen an die Zulieferer aus. Insofern sieht der Vorschlag für dadurch nunmehr dennoch mittelbar betroffene KMU verschiedene unterstützende Maßnahmen, wie u. a. Internetseiten, Plattformen oder Portale, Mustervertragsklauseln und Leitlinien der EU-Kommission, sowie speziell für KMU darüber hinaus auch Finanzhilfen vor.

EU-Parlament und Rat sind nun als Gesetzgeber gefragt, sich mit dem Kommissionsvorschlag auseinanderzusetzen. Nach der formellen Annahme des Gesetzesvorschlags haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Regelungen in ihr nationales Recht zu übertragen.

Der EuGH hat am 16.02.2022 die Klagen Ungarns und Polens gegen die Gültigkeit der Verordnung 2020/2092 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union abgewiesen und damit den Weg für die Anwendung der bereits zum 01.01.2021 in Kraft getretenen Verordnung frei gemacht.

(KS) Die Verordnung erlaubt es, die Vergabe von EU-Geldern an Mitgliedstaaten an die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze zu knüpfen und im Fall von Rechtsstaatsverstößen zu kürzen, wenn sich diese auf den Schutz der finanziellen Interessen bzw. die Haushaltsführung der Europäischen Union auswirken.

Die Verordnung war trotz mehrerer Aufforderungen des Europäischen Parlaments bisher nicht angewendet worden. Eine Erklärung des Rats der EU, aufgrund derer Polen und Ungarn ihr Veto zum mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 fallen gelassen hatten, hatte die Anwendung insoweit u. a. an die vorherige Entscheidung des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) geknüpft.

Der EuGH geht nunmehr in seiner Entscheidung davon aus, dass die Verordnung auf einer geeigneten Rechtsgrundlage beruhe, in der Zuständigkeit der EU liege und weder das bereits bestehende Verfahren nach Art. 7 des Vertrages über die Europäische Union zur Feststellung einer eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der EU-Werte durch einen Mitgliedstaat umgehe, noch dem Grundsatz der Rechtssicherheit widerspreche und wies damit die von Polen und Ungarn vorgebrachten Einwände zurück.

Der EuGH betonte dabei insbesondere, dass die Verordnung gerade nicht allgemein Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit als solche bestrafe, sondern der Unionshaushalt vor Beeinträchtigungen geschützt werden soll, die sich hinreichend unmittelbar aus solchen Verstößen ergeben. Die der EU zugrunde gelegten Werte machten diese im Grundsatz aus und das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten beruhe gerade auf der Achtung dieser Werte, die somit auch grundsätzlich Vorrausetzung für die Inanspruchnahme aller mit der Mitgliedschaft in der EU verbundenen Rechte sei und nicht nur eine reine Beitrittsvoraussetzung, so das Gericht weiter.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, die Verordnung nunmehr entschlossen anwenden zu wollen. Eine gründliche Analyse der Urteilsgründe sowie die Fertigstellung von Leitlinien zur Anwendung für die nächsten Wochen solle bereits in den nächsten Wochen erfolgen. Auch das Europäische Parlament, das erst im vergangenen September eine Untätigkeitsklage gegen die Europäische Kommission erhoben hatte, begrüßte das Urteil und forderte die nunmehr sofortige Anwendung des Mechanismus.

Führungsspitzen kündigen Investitionspaket Afrika-Europa in Höhe von 150 Mrd. EUR an, mit dem ein gemeinsames Ziel für 2030 und die AU-Agenda 2063 unterstützt werden sollen

(AV) Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union (AU) und der EU sind zum sechsten Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union am 17./18.02.2022 in Brüssel zusammengetreten.

Den gemeinsamen Vorsitz führten der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, und der Präsident Senegals und Vorsitzende der AU, Macky Sall.

Die Führungsspitzen der EU und der AU haben sich auf eine gemeinsame Vision für eine erneuerte Partnerschaft geeinigt.

Die Ziele der Partnerschaft sind Solidarität, Sicherheit, Frieden, Wohlstand und eine nachhaltige und kontinuierliche wirtschaftliche Entwicklung für die beiden Unionen. Sie soll Menschen, Regionen und Organisationen zusammenbringen.

Die erneuerte Partnerschaft zielt darauf ab, gemeinsame Prioritäten und Werte sowie das Völkerrecht zu fördern und Interessen sowie gemeinsame öffentliche Güter zu wahren. Dazu gehören der Schutz der Menschenrechte für alle, die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau in allen Lebensbereichen, die Rechtsstaatlichkeit, Maßnahmen zum Schutz des Klimas, der Umwelt und der biologischen Vielfalt, aber auch ein nachhaltiges und inklusives Wirtschaftswachstum sowie die Bekämpfung von Ungleichheiten.

Die Spitzen der EU und AU haben ein Investitionspaket Afrika-Europa in Höhe von 150 Mrd. EUR angekündigt, mit dem ein gemeinsames Ziel für 2030 und die AU-Agenda 2063 unterstützt werden sollen. Das Investitionspaket soll dazu beitragen, stärker diversifizierte, inklusivere, nachhaltigere und widerstandsfähigere Volkswirtschaften aufzubauen.

Zur Umsetzung des Pakets werden die EU und die AU öffentliche Mittel mobilisieren, um durch den Einsatz innovativer Finanzierungsinstrumente Anreize für private Investitionen zu schaffen. Sie zielen auch darauf ab, das Geschäfts- und Investitionsklima durch eine Reform der Governance und die Unterstützung des afrikanischen Unternehmertums zu verbessern. Dafür sollen auch internationale und nationale Finanzinstitutionen wie die Europäische Investitionsbank und die Afrikanische Entwicklungsbank sowie öffentlich-private Partnerschaften mobilisiert werden.

Die EU und die AU werden ihre Zusammenarbeit bei der Suche nach dauerhaften Lösungen für Asylsuchende, Flüchtlinge sowie schutzbedürftige Migrantinnen und Migranten, die internationalen Schutz benötigen, vertiefen. Es wurde außerdem vereinbart, die Arbeit der gemeinsamen Dreiparteien-Taskforce Afrikanische Union – Europäische Union – Vereinte Nationen (AU-EU-VN) neu zu beleben.

Am Rande des Gipfeltreffens hat die Weltgesundheitsorganisation die ersten sechs Länder bekanntgegeben, denen die Technologie, mit der mRNA-Impfstoffe auch auf dem afrikanischen Kontinent hergestellt werden können, zur Verfügung gestellt werden soll: Ägypten, Kenia, Nigeria, Senegal, Südafrika und Tunesien.

Die Konferenz hat den Auftrag, einen Bericht zu erarbeiten, an dem sich die zukünftige Politik der Europäischen Union ausrichten soll.

(Maximilian Schiller) Nachdem lange nicht klar war, wie der Abschlussbericht der Konferenz zur Zukunft Europas erstellt werden soll und wie mit den Empfehlungen der nationalen und europäischen Bürgerforen sowie der Online-Plattform umgegangen wird, hat sich nun der zuständige Exekutiv-Ausschuss der Konferenz auf eine vorläufige Regelung geeinigt.

Demnach soll das Sekretariat der Konferenz alle Empfehlungen sammeln und zu thematischen Clustern zusammenführen. Dabei soll Flexibilität gewährleistet werden, um breitere Themenbereiche diskutieren zu können. Jede der neun bestehenden Arbeitsgruppen soll mehrere Cluster bearbeiten.

Zu jedem Cluster soll eine Empfehlung mit einem Ziel und mehreren konkreten Maßnahmen erarbeitet werden. Die Ergebnisse werden auf den kommenden Plenarversammlungen vorgestellt und diskutiert.

Mögliche Änderungen durch die Plenarversammlung werden durch die Arbeitsgruppen bearbeitet.

In der letzten Plenarversammlung muss ein Konsens zwischen den vier politischen Akteuren (nationale Parlamente, Europäische Kommission, Europäischer Rat und Europäisches Parlament) erzielt werden. Wird kein Konsens erreicht, wird die Empfehlung nicht weiter verfolgt.

Wird eine Empfehlung weiterverfolgt, stimmen die Bürgerinnen und Bürger zusammen mit den vier Akteuren über den finalen Wortlaut ab. Stimmen sie gegen eine Empfehlung, wird dieses Votum mit Begründung extra im Abschlussbericht, zusammen mit den gewünschten Änderungen der Bürgerinnen und Bürger, aufgeführt.

Der Abschlussbericht wird für Mai 2022 erwartet.

(AV) Die Europäische Kommission will Zypern bei der Umsetzung eines fairen und effektiven Migrationsmanagementsystems unterstützen. Dabei sollen den zyprischen Behörden auch die zuständigen EU-Agenturen EASO, Frontex und Europol zur Seite stehen. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson und der zyprische Innenminister Nicos Nouris haben am 21.02.2022 ein entsprechendes Memorandum of Understanding und einen detaillierten Aktionsplan unterzeichnet.

Am 21./22.01.2022 fand in Straßburg die 3. Plenarversammlung der Konferenz zur Zukunft Europas statt. Zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger legten ihre Empfehlungen, die in Bürgerforen entwickelt wurden, vor und diskutierten sie mit Politikern und Interessenvertretern in den Arbeitsgruppen: »Europäische Demokratie/Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit« und »Klimawandel, Umwelt/Gesundheit«.

(Maximilian Schiller) Die Bürgerinnen und Bürger der Arbeitsgruppe »Demokratie« forderten unter anderem, dass die EU künftig:

  • für einen fairen und nicht diskriminierenden Arbeitsmarkt sorgt und die Einrichtung von Betriebskindergärten unterstützt,
  • eine unabhängige, objektive und ausgewogene Medienlandschaft ermöglicht,
  • Mehrheitsentscheidungen im Europäischen Rat trifft, ohne kleine Mitgliedstaaten zu übergehen,
  • tierwohlorientierte, klima- und umweltfreundliche Landwirtschaft fördert,
  • sich stärker für den Schutz von personenbezogenen Daten einsetzt und Bußgelder verhängt, die vom Jahresumsatz der Unternehmen abhängig sind,
  • die Konditionalitätsregelung ändert, um diese auch als Strafe für Rechtsstaatlichkeitsverletzung nutzen zu können, sowie eine jährliche Rechtsstaatskonferenz ausrichtet,
  • EU-weite Referenden und »transnationale Listen« ermöglicht,
  • Besteuerung großer Unternehmen und hoher Einkommen gewährleistet,
  • verständliche Informationen über die derzeitigen Gesetzesvorhaben und Vertragsänderungen bereitstellt und EU-Wissen in allen Mitgliedstaaten fördert,
  • für die Verminderung von Sprachbarrieren, auch durch Nutzung neuer Technologien wie KI, sorgt und
  • permanente Bürgerforen einrichtet.

Die Debatte kreiste vornehmlich um Partizipationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, die Rolle junger Menschen, transnationale Listen, bessere Öffentlichkeitsarbeit der europäischen Institutionen und die Macht nationaler Parlamente in der EU.

Während die vorigen Sitzungen größtenteils unstrukturiert und im Grunde ernüchternd verliefen, hatten die Vertreter der Arbeitsgruppe »Demokratie« zum ersten Mal das Gefühl einer echten »Arbeitsatmosphäre«. Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe und Mitglied des Europäischen Parlaments Manfred Weber (EVP/Deutschland), überzeugte die Anwesenden mit der sehr guten Organisation und dem Willen zur lebendigen Debatte. Die Bereitschaft zum offenen Diskurs und die gelungene Durchführung blieben, im Vergleich zu den anderen Arbeitsgruppen, einzigartig. Die Bürgerinnen und Bürger zeigten ein hohes Maß an Selbstbewusstsein und ließen sich von den Politikern nicht vorschreiben, über welche Themen sie diskutieren sollten. Dies wird zum einen als positives Zeichen für das Konzept der partizipativen Demokratie gesehen, wirft auf der anderen Seite aber Fragen bezüglich der demokratischen Legitimation von »zufällig« ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern auf.

Neben der mangelnden Struktur und Problemen mit der Online-Plattform ist kurz vor dem vorläufigen Ende der Konferenz, dem Europatag am 09.05.2022, immer noch unklar, welche Realisierungsmöglichkeiten es überhaupt geben wird.

Für viele Empfehlungen aus den Bürgerforen wären Vertragsänderungen notwendig, die von den Mitgliedstaaten einstimmig angenommen werden müssten. Besonders die Bestrebung, Einstimmigkeitsentscheidungen in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik abzuschaffen, stößt bislang auf wenig Unterstützung.

Doch bevor es so weit ist, muss erst einmal die Konferenz zu einem Ende kommen. Tatsächlich stellt sich auch hier die Frage über das weitere Vorgehen. Ursprünglich wollte die französische Ratspräsidentschaft noch vor den französischen Präsidentschaftswahlen im April 2022 eine erste Zusammenfassung vorstellen, doch der Termin lässt sich nicht halten. So werden zunehmend Forderungen laut, der Konferenz zur Zukunft Europas mehr Zeit zu geben.

Erster Austausch auf Ministerebene über das weitere gemeinsame Vorgehen bei den wichtigsten EU-Innenthemen wie Migrations- und Asylpaket, Schengenraum sowie Radikalisierung.

(AV) Am 03.02.2022 hatte Gérald Darmanin, französischer Innenminister, seinen Auftakt der französischen EU-Ratspräsidentschaft bei der Informellen Ratssitzung der EU-Innen- und Justizministerinnen und -minister in Lille/Frankreich. Das Treffen sollte ein erster Austausch über das weitere gemeinsame Vorgehen bei den wichtigsten EU-Innenthemen ohne Beschlussfassungen sein. Trotzdem einigten sich die EU-Innenministerinnen und -minister darüber, einen »Schengen-Rat« auf Ministerinnen- und Ministerebene einzurichten. Die erste Sitzung soll am 03.03.2022 in Brüssel stattfinden.

Die Ministerinnen und -minister haben sich ebenfalls zu Asyl- und Einwanderungsfragen ausgetauscht. Sie erklärten sich mit dem von der französischen Ratspräsidentschaft vorgeschlagenen schritt- und etappenweisen Ansatz einverstanden, um bei den komplexen Verhandlungen Fortschritte zu erzielen. Frankreich führt damit den bereits eingeschlagenen Weg bei den Verhandlungen zum Migrations- und Asylpaket weiter. Die Einigung auf die Asylagentur war bereits eine der ersten Etappen, die in den vorhergehenden Ratspräsidentschaften vorbereitet wurde.

Im Rahmen eines Arbeitsessens wurde insbesondere die Thematik der Radikalisierung besprochen. Auch die Frage der Finanzierung dieser Gruppierungen wurde angesprochen, mit besonderem Augenmerk auf Zugang zu öffentlichen Geldern.

Während der Ratssitzung kam des Weiteren die Zukunft des Katastrophenschutzes in Europa zur Sprache. Betont wurde die Notwendigkeit, die gemeinsame Antizipations- und Reaktionsfähigkeit zu verbessern.

Am Vortag der Ratssitzung konnten sich die Ministerinnen und -minister von den maßgeblichen Herausforderungen der Cyberkriminalität ein Bild verschaffen. Das Internationale Forum zur Cyberkriminalität (IFC) hatte dazu eine Übung durchgeführt. Bei der Erörterung der Maßnahmen wurden unter anderem die tragende Rolle von Europol, die Relevanz einer besseren Ausbildung der Sicherheits- und Polizeikräfte sowie die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Entwicklung ausgewogener Regelungen zur Datenverschlüsselung und -speicherung sowie zum Zugriff auf elektronische Beweismittel angesprochen.

Der nächste Rat zu EU-Innenthemen ist für den 03.03.2022 geplant.

Europäische Kommission registriert Europäische Bürgerinitiative für den europäischen Fußball und den europäischen Sport.

(AV) Die Europäische Kommission hat am 02.02.2022 beschlossen, die Europäische Bürgerinitiative mit dem Titel »Sport soll Sport bleiben« (Win it on the pitch) zu registrieren. Zulässig ist eine Initiative, wenn die geplante Maßnahme: 1. nicht offenkundig außerhalb des Rahmens liegt, in dem die EU-Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen, 2. nicht offenkundig missbräuchlich, unseriös oder schikanös ist und 3. nicht offenkundig gegen die Werte der Union verstößt. Inhaltlich geprüft hat die EU-Kommission die Initiative zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

Die Bürgerinitiative möchte, dass die EU-Kommission ein europäisches Sportmodell schützt, das auf Werten, Solidarität, Nachhaltigkeit und der Offenheit des Wettbewerbs beruht. Die Organisatoren fordern die EU-Kommission auf, eine Empfehlung mit einem EU-Rahmen und Leitlinien für Maßnahmen der Mitgliedstaaten anzunehmen, um das Fußballmodell in Europa zu schützen, den sozialen Wert des Sports in der europäischen Gesellschaft anzuerkennen, den besonderen Charakter des Sports im EU-Wettbewerbsrecht zu berücksichtigen und die Vorstellungen und langfristigen Pläne der EU für die Zukunft und die Organisation des europäischen Sports auszugestalten. Nach der Registrierung durch die EU-Kommission haben die Organisatoren nun sechs Monate Zeit, um mit der Sammlung von Unterschriften zu beginnen. Wenn eine europäische Bürgerinitiative innerhalb eines Jahres eine Million Unterstützungsbekundungen aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten erhält, muss die EU-Kommission reagieren. Sie kann dann selbst entscheiden, ob sie der Initiative nachkommen will oder nicht, muss ihre Entscheidung aber in jedem Fall begründen.

Die Europäische Bürgerinitiative wurde im April 2012 offiziell eingeführt und basiert auf dem Vertrag von Lissabon. Sie gibt EU-Bürgerinnen und -Bürgern die Möglichkeit, ein bestimmtes Thema auf die politische Tagesordnung der EU-Kommission setzen zu lassen. Seit es die Europäische Bürgerinitiative gibt, hat die Kommission 111 Anträge auf Einleitung einer solchen Initiative erhalten. 87 davon waren zulässig und erfüllten damit die Registrierungsvoraussetzungen.

Zusammenarbeit bei Strafverfolgung: Einigung von Rat und Parlament auf stärkeres Mandat für Europol

(AV) Europol, die EU-Agentur für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung, wird die Mitgliedstaaten demnächst besser dabei unterstützten können, Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen und neue Sicherheitsbedrohungen zu bewältigen. Das Europäische Parlament und der Rat der EU haben am Abend des 01.02.2022 eine politische Einigung über ein stärkeres Mandat für die Agentur erzielt. Die Europäische Kommission hat die Einigung begrüßt. Die Verordnung muss noch vom EU-Parlament und vom Rat formell angenommen werden.

Das gestärkte Mandat sieht neben vielen anderen Punkten vor, dass Europol nun wirksam mit privaten Parteien zusammenarbeiten kann. Außerdem sind klare Regeln enthalten für die Verarbeitung großer und komplexer Datensätze, auch wird Europol neue Technologien entwickeln können, die den Anforderungen der Strafverfolgung beispielsweise zur Bekämpfung der Cyberkriminalität entsprechen. Diese Änderungen gehen einher mit einem verstärkten Datenschutzrahmen sowie einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle und Rechenschaftspflicht.

Europol bietet den nationalen Strafverfolgungsbehörden Unterstützung und Fachwissen bei der Prävention und Bekämpfung von Schwerkriminalität und Terrorismus.

Die EU-Kommission hat im Dezember 2020 einen Legislativvorschlag zur Stärkung des Mandats von Europol vorgelegt, der Europol eine bessere Unterstützung der nationalen Strafverfolgungsbehörden mit Informationen, Analysen und Fachwissen ermöglichen und die grenzübergreifende polizeiliche Zusammenarbeit sowie terrorismusbezogene Ermittlungen erleichtern soll. Zugleich hat die EU-Kommission einen Legislativvorschlag unterbreitet, der Europol ermöglichen soll, auf der Grundlage von aus Nicht-EU-Ländern übermittelten Informationen (insbesondere zur Aufdeckung von ausländischen terroristischen Kämpfern) Ausschreibungen in das Schengener Informationssystem (SIS) einzugeben.

© European Union Agency for Asylum

Weiterer Schritt vorwärts zum neuen Migrations- und Asylpaket der EU, gestärktes Mandat soll Asylentscheidungen beschleunigen

(AV) Die neue Asylagentur der Europäischen Union hat am 19.01.2022 ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll mit einem gestärkten Mandat unter anderem dazu beitragen, Asylentscheidungen zu beschleunigen und die Aufnahmestandards EU-weit anzugleichen. Die EU-Institutionen und Mitgliedstaaten hatten lange um eine Einigung gerungen. Die neue Asylagentur der EU ist der zweite Legislativvorschlag, der im Rahmen des neuen Migrations- und Asylpakets umgesetzt wird.

Die neue Agentur wird auf den Erfahrungen des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen aufbauen. Ziel ist es, effizientere Asylsysteme durch stärkere operative und technische Unterstützung der Mitgliedstaaten, einschließlich Schulungen (insbesondere zu den Aufnahmebedingungen), Vorsorgemaßnahmen, Informationsanalyse und -austausch zu schaffen. Dazu gibt es eine Reserve von 500 Expert/innen (einschließlich Sachbearbeiter/innen, Dolmetscher/innen sowie Aufnahmespezialist/innen). Sie können auf Ersuchen der Mitgliedstaaten als Teil des Asyl-Unterstützungsteams schnell entsandt werden und haben die Aufgabe, das gesamte administrative Asylverfahren für die Entscheidung durch nationale Behörden vorzubereiten und in der Rechtsbehelfsphase Unterstützung zu leisten. Die Europäische Kommission erhofft sich so eine einheitliche und fundierte Entscheidungsfindung für die Umsetzung des Asylrechts der EU.

Außerdem soll ein Kapazitätsaufbau in Drittländern zur Verbesserung der Asyl- und Aufnahmesysteme sowie zur Unterstützung der Neuansiedlungsregelungen der EU und der Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Zusammenarbeit mit UN-Agenturen führen.

Auch soll der Schutz der Rechte der Asylbewerber/innen gesichert werden. Verantwortlich dafür wird ein unabhängiger Grundrechtsbeauftragter sein und ein neuer Beschwerdemechanismus soll ebenfalls eingerichtet werden.

Im Jahr 2022 wird die neue Agentur EU-Mittel in Höhe von 172 Mio. EUR erhalten und acht Maßnahmen (in Belgien, Griechenland, Italien, Lettland, Litauen, Malta, Spanien und Zypern) zur Unterstützung der Asyl- und Aufnahmebehörden der Mitgliedstaaten einleiten.

Verhandlungen über die verbleibenden Legislativvorschläge des neuen Asyl- und Migrationspakets werden im Europäischen Parlament und im Rat der EU fortgesetzt.

(KS) Der Rechtsausschuss und der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments haben am 08.01.2022 eine bereits im Dezember zwischen dem EU-Parlament und dem Rat der EU erzielte vorläufige Vereinbarung zur e-CODEX-Verordnung gebilligt. Mit Hilfe des e-CODEX-Systems können im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen grenzüberschreitend Daten elektronisch übermittelt werden und so der europaweite elektronische Zugang zum Recht für Bürger/innen und Unternehmen sowie die elektronische Zusammenarbeit von Justizeinrichtungen in der EU verbessert werden. Mit der neuen Verordnung sollen die Finanzierung und Verwaltung des Systems überarbeitet werden. Vorgesehen ist u. a., dass das System ab 2023 von der EU-Agentur für IT-Großsysteme (eu-LISA) verwaltet wird.

In einem nächsten Schritt wird der Text dem Plenum des EU-Parlaments zur Abstimmung vorgelegt, bevor die Verordnung, nach einer anschließenden Billigung durch den Rat, offiziell angenommen und im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird.

(KS) Die Europäische Kommission hat am 22.12.2021 erneut ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet. Hintergrund sind zwei Entscheidungen des polnischen Verfassungsgerichts, mit denen das Gericht die Bindungswirkung von bestimmten durch den Europäischen Gerichtshofs erlassenen einstweiligen Anordnungen verneint sowie die EU-Verträge als zum Teil unvereinbar mit der polnischen Verfassung und damit als in Polen nicht wirksam angesehen hat. Nach Auffassung der EU-Kommission verstoßen die Entscheidungen gegen die allgemeinen Grundsätze der Autonomie, des Vorrangs, der Wirksamkeit und der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts sowie gegen die Bindungswirkung der Urteile des EuGH.

(AV) Die Europäische Kommission will das Mandat der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht stärken und sie in die Drogenagentur der Europäischen Union umwandeln. Mit den am 12.01.2022 vorgeschlagenen Änderungen will die EU-Kommission sicherstellen, dass die Agentur eine wichtigere Rolle bei der Identifizierung und Bewältigung aktueller sowie künftiger Herausforderungen im Zusammenhang mit illegalen Drogen in der EU spielen kann. Dazu gehören Warnungen, wenn gefährliche Stoffe wissentlich für den illegalen Konsum verkauft werden, die Überwachung des Suchtmissbrauchs von Stoffen zusammen mit illegalen Drogen und die Entwicklung von Präventionskampagnen auf EU-Ebene. Die Drogenagentur der EU soll künftig auch international eine stärkere Rolle spielen.

Das Europäische Parlament hat ein zu langsames Tempo des Fortschreitens der Gleichstellung kritisiert und konkrete Maßnahmen zur Wahrung der Rechte von Frauen sowie zum Abbau des Geschlechtergefälles in der EU gefordert.

(KS) In einer am 15.12.2021 angenommen Entschließung zeigten sich die Abgeordneten des EU-Parlaments besorgt über ein weiterhin in der EU bestehendes geschlechtsspezifisches Lohn- und Rentengefälle und betonten vor dem Hintergrund oftmals bestehender prekärer Arbeitsverhältnisse die Notwendigkeit gleichen Entgelts sowie Gleichbehandlung als wesentliche Voraussetzung für die Gleichstellung, wirtschaftliche Unabhängigkeit und berufliche Entfaltung von Frauen. Zugleich forderten sie die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zum Arbeitsmarkt, gleichen Lohn sowie, bspw. durch Sanktionierung von Unternehmen, gleiche Arbeitnehmerrechte zu ergreifen. Im Hinblick auf das Recht auf Arbeit und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sei es zudem notwendig, Ansprüche auf Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub auszubauen, die Dauer von gleichberechtigtem, voll bezahltem Urlaub zu verlängern sowie Arbeitsregelungen flexibel zu gestalten und in hochwertige Kinderbetreuung zu investieren, so die Abgeordneten weiter.

Daneben machen die Abgeordneten auf notwendige Maßnahmen vor dem Hintergrund gestiegener Gewalt gegen Frauen als Folge von Ausgangs- und Kontaktsperren im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie aufmerksam. Neben der Sicherstellung strafrechtlicher Verfolgung von Tätern forderten die Abgeordneten hier konkrete Programme zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt sowie eine Verbesserung des Zugangs zur Justiz und zu Unterkünften. Bulgarien, Lettland, Litauen, die Slowakei, Tschechien und Ungarn wurden erneut zur Ratifizierung des Übereinkommens von Istanbul aufgefordert. Gleichfalls, so die Entschließung weiter, dürfe auch der Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sowie zu den damit verbundenen Rechten, bei welchen es sich um ein Grundrecht handle, weder geschmälert noch entzogen werden. Neben der Europäische Kommission und den Mitgliedstaaten forderten  die Abgeordneten auch Menschenrechtsverteidiger, Gesundheitsdienstleister und Organisationen der Zivilgesellschaft auf, sich verstärkt für die sexuelle und reproduktive Gesundheit einzusetzen und diese Form der Gewalt gegen Frauen effektiv anzugehen.

Bereits zuvor hatte das EU-Parlament in einer weiteren Entschließung am 14.12.2012 einen verstärkten Kampf gegen geschlechtsspezifische Cybergewalt gefordert. Die Abgeordneten wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die EU bisher über keinen angemessenen Rechtsrahmen zur Bekämpfung dieser Form von Gewalt im Internet sowie zum Schutz und Unterstützung der Opfer gebe und forderten eine europäische Richtlinie und gemeinsame Definition von geschlechtsspezifischer Gewalt im Internet sowie harmonisierte Mindest- und Höchststrafen. Den Rat der Europäischen Union forderten sie auf, die Liste der EU- Straftatbestände, entsprechend dem Vorschlag der EU-Kommission, auch um geschlechtsspezifische Gewalt zu erweitern. Von der geforderten Gesetzgebung umfasst sein sollen dabei neben Cyber-Belästigung, Cyberstalking, der Aufnahme und Weitergabe von Bildern sexueller Übergriffe unter anderem auch Kontrolle oder Überwachung aus der Ferne (einschließlich Spionage-Anwendungen) sowie ebenfalls Bedrohungen und Aufrufe zur Gewalt, sexistische Hetze, Anstiftung zu sich selbst zugefügter Gewalt und der unrechtmäßige Zugriff auf Handys, E-Mails, Instant-Messaging-Nachrichten oder Social-Media-Konten.

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben erneut zu den Entwicklungen in Polen im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit und dem Grundrechtsschutz ihre Besorgnis über die fortschreitende Verschlechterung der Situation in dem Land zum Ausdruck gebracht. Auch der Rat der Europäischen Union hat eine aktuelle Bestandsaufnahme zur Kenntnis genommen.

(KS) Gemeinsam mit dem slowenischen Ratsvorsitz und dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission für die Förderung der europäischen Lebensweise, Margaritis Schinas, debattierten die Abgeordneten die aktuelle Lage in Polen. Die Abgeordneten zeigten sich besorgt über die Vielzahl aus ihrer Sicht bedenklicher Entwicklungen, wie bspw. das Urteil des polnischen Verfassungsgerichts vom 24.11.2021, welches die polnische Verfassung als mit Teilen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) für unvereinbar erklärt, das im letzten Jahr eingeführte De-facto-Abtreibungsverbot oder auch die sogenannten »LGBTIQ-freien Zonen«, zu welchen sich einzelne Regionen des Landes erklärt hatten.

Zugleich wiesen die Abgeordneten aber auch auf fehlende Fortschritte in dem 2017 eingeleiteten Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 EUV  hin sowie die bisher nicht erfolgte Anwendung der seit Januar 2021 in Kraft getretenen Verordnung zur Rechtsstaatskonditionalität.

Bereits am 14.12.2021hatte die EU-Kommission auch die Europaministerinnen und -minister der Mitgliedstaaten auf ihrer Tagung über die Entwicklungen zum Stand der Rechtsstaatlichkeit seit der letzten Anhörung Polens in dem nach Artikel 7 Absatz 1 EUV eingeleiteten Verfahrens informiert. Die Ministerinnen und Minister betonten in einem anschließenden Gedankenaustausch unter anderem die Wichtigkeit der Reaktion der Europäischen Union auf festgestellte Verstöße und verwiesen in diesem Zusammenhang ebenfalls auf den Einsatz »neuerer Handlungsmechanismen«. Der im Januar 2022 eintretende französische Ratsvorsitz kündigte an, während seiner Amtszeit im ersten Halbjahr 2022 eine weitere förmliche Anhörung abhalten zu wollen. Im Rahmen des Verfahrens fanden bisher vier Anhörungen statt.

Europäische Kommission will Kontrollen an Binnengrenzen nur als letztes Mittel

(AV) Die EU-Kommission hat  am 14.12.2021 aktualisierte Vorschriften zur Stärkung des Schengen-Raums vorgeschlagen. Mit der Aktualisierung soll sichergestellt werden, dass die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen nur als letztes Mittel eingesetzt wird. Es sollen gemeinsame Instrumente für ein effizienteres Management der Außengrenzen im Falle einer Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit eingeführt werden. Die Instrumentalisierung von Migranten ist ebenfalls ein Aspekt, der in den aktualisierten Schengen-Vorschriften sowie in einem parallelen Vorschlag für Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten in den Bereichen Asyl und Rückkehr in einer solchen Situation ergreifen können, behandelt wird.

Aufbauend auf den Lehren aus der COVID-19-Pandemie soll mit dem Vorschlag zur Änderung des Schengener Grenzkodexes sichergestellt werden, dass starke Koordinierungsmechanismen zur Bewältigung von Gesundheitsbedrohungen greifen. Die aktualisierten Vorschriften sollen es dem Rat der EU nach Ansicht der EU-Kommission ermöglichen, im Falle einer Bedrohung der öffentlichen Gesundheit rasch verbindliche Vorschriften zur Festlegung vorübergehender Reisebeschränkungen an den Außengrenzen anzunehmen. Hierbei finden bestimmte Ausnahmen Anwendung, u. a. für Personen, die aus zwingenden Gründen reisen müssen, sowie für Unionsbürger/innen und Personen mit Wohnsitz in der EU. So soll eine einheitliche Anwendung der Reisebeschränkungen sichergestellt werden.

Die Vorschriften umfassen auch einen neuen Schengen-Schutzmechanismus zur Gewährleistung einer gemeinsamen Reaktion an den Binnengrenzen in Bedrohungssituationen, die die meisten Mitgliedstaaten betreffen. Dazu zählen aus Sicht der EU-Kommission z. B. Gesundheitsbedrohungen oder andere Bedrohungen der inneren Sicherheit und der öffentlichen Ordnung. Mit diesem Mechanismus, der den bestehenden Mechanismus mit Blick auf Schwachstellen an den Außengrenzen ergänzt, könnten im Falle einer gemeinsamen Bedrohung mit einem Beschluss des Rates Binnengrenzkontrollen in den meisten Mitgliedstaaten genehmigt werden. In einem solchen Beschluss sollten auch Maßnahmen zur Abmilderung der negativen Auswirkungen der Kontrollen festgelegt werden.

Der Vorschlag umfasst folgende Maßnahmen:

  • Ein klares strukturiertes Verfahren für die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen mit mehr Garantien: Nach den neuen Vorschriften müssen zudem die Auswirkungen auf die Grenzregionen bewertet werden. Ein Mitgliedstaat, der eine Verlängerung der Kontrollen als Reaktion auf vorhersehbare Bedrohungen in Erwägung zieht, sollte zunächst prüfen, ob alternative Maßnahmen wie gezielte Polizeikontrollen und eine verstärkte polizeiliche Zusammenarbeit anstelle von Grenzkontrollen geeigneter wären. Im Falle einer Verlängerung um mehr als sechs Monate sollte eine Risikobewertung erfolgen. Bei Binnengrenzkontrollen, die seit 18 Monaten bestehen, muss die EU-Kommission eine Stellungnahme zu deren Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit abgeben. In jedem Fall sollten vorübergehende Grenzkontrollen einen Gesamtzeitraum von zwei Jahren nicht überschreiten, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor.
  • Stärkere Nutzung alternativer Maßnahmen: Im Einklang mit dem neuen EU-Kodex für die polizeiliche Zusammenarbeit, den die EU-Kommission am 08.12.2021 vorgeschlagen hat, wird mit den neuen Schengen-Vorschriften der Rückgriff auf wirksame alternative Maßnahmen, die anstelle von Binnengrenzkontrollen zum Einsatz kommen – d. h. mehr und verstärkte operative Polizeikontrollen in Grenzregionen – gefördert, indem klargestellt wird, dass diese Maßnahmen nicht Grenzübertrittskontrollen gleichkommen.
  • Begrenzung der Auswirkungen von Binnengrenzkontrollen auf Grenzregionen: Mitgliedstaaten, die wieder Kontrollen einführen, sollen Maßnahmen ergreifen, um negative Auswirkungen auf die Grenzregionen und den Binnenmarkt zu begrenzen. Dies kann einen erleichterten Grenzübertritt für Grenzgänger sowie die Einrichtung spezieller Korridore (»Green Lanes«) zur Gewährleistung eines reibungslosen Transits wesentlicher Güter umfassen.
  • Verhinderung unerlaubter Reisebewegungen innerhalb des Schengen-Raums: Um dem Phänomen der relativ geringen, aber konstanten Zahl unerlaubter Reisebewegungen entgegenzuwirken, werden die neuen Vorschriften ein neues Verfahren schaffen, um diesem Phänomen im Rahmen gemeinsamer Polizeieinsätze zu begegnen. Mitgliedstaaten sollen in der Lage sein, bestehende bilaterale Rückübernahmeabkommen zu überarbeiten bzw. untereinander neue Abkommen zu schließen. Die neuen Bestimmungen knüpfen an die vorgeschlagenen Maßnahmen des neuen Migrations- und Asylpakets an und ergänzen diese, insbesondere den Rahmen für verbindliche Solidaritätsmaßnahmen.

Außerdem werden neue Maßnahmen eingeführt, die die Mitgliedstaaten in Situationen, in denen Migranten für politische Zwecke instrumentalisiert werden, ergreifen können, um ein wirksames EU-Außengrenzenmanagement zu gewährleisten. Dazu zählen die Begrenzung der Zahl der Grenzübergangsstellen und eine stärkere Grenzüberwachung.

Darüber hinaus schlägt die EU-Kommission zusätzliche Maßnahmen im Rahmen der EU-Asyl- und Rückkehrvorschriften vor, um klarzustellen, wie die Mitgliedstaaten in solchen Situationen unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte reagieren können. So können unter anderem die Registrierungsfrist für Asylanträge um bis zu vier Wochen verlängert und alle Asylanträge – außer wenn medizinische Gründe vorliegen – an der Grenze geprüft werden. Der wirksame Zugang zum Asylverfahren sollte weiterhin gewährleistet sein, und die Mitgliedstaaten sollten humanitären Hilfsorganisationen Zugang gewähren. Die Mitgliedstaaten werden auch die Möglichkeit haben, ein Notverfahren für das Rückkehrmanagement in die Wege zu leiten. Die einschlägigen EU-Agenturen (die Asylagentur der Europäischen Union, Frontex und Europol) sollen den betreffenden Mitgliedstaat auf Ersuchen vorrangig operativ unterstützen.

Die beiden Vorschläge müssen nun im Europäischen Parlament und im Rat geprüft und angenommen werden.

Mehr Sicherheit durch intensivere grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit

(AV) Die Europäische Kommission hat am 08.12.2021 ihren Vorschlag für den EU-Kodex für die polizeiliche Zusammenarbeit vorgelegt. Die EU-Kommission will die Zusammenarbeit aller Mitgliedstaaten bei der Strafverfolgung verbessern und den Polizeibeamten in der EU modernere Instrumente für den Informationsaustausch an die Hand geben.

Der EU-Kodex für die polizeiliche Zusammenarbeit umfasst eine Empfehlung zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit sowie neue Bestimmungen für den Informationsaustausch und soll wirksamere grenzüberschreitende Einsätze, klare Kanäle und Fristen für den Informationsaustausch und eine stärkere Rolle von Europol ermöglichen. Parallel dazu sollen überarbeitete Vorschriften für den automatisierten Austausch bestimmter Kategorien von Daten dafür sorgen, dass in der gesamten EU Zusammenhänge zwischen Straftaten wesentlich wirksamer erkannt werden können. Die Vorschläge der EU-Kommission umfassen:

  • Eine Empfehlung zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit: Die Empfehlung sieht gemeinsame Standards für die Zusammenarbeit zwischen Polizeibeamten vor, die an gemeinsamen Patrouillen teilnehmen und an Einsätzen im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats mitwirken. Sie umfassen eine gemeinsame Liste von Straftaten, bei denen eine grenzüberschreitende Nacheile möglich ist, und sichere Kommunikationssysteme für Polizeibeamte, damit sie bei Einsätzen in anderen EU-Ländern mit ihren Amtskollegen kommunizieren können. Während die gemeinsamen Standards den Polizeibeamten Einsätze in anderen Mitgliedstaaten erleichtern werden, bleiben die Polizeieinsätze und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten. Die Empfehlung zielt auch darauf ab, eine gemeinsame Polizeikultur in der EU durch gemeinsame Schulungen, einschließlich Sprachkursen und Austauschprogrammen, zu fördern.
  • Neue Bestimmungen für den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten: Polizeibeamten in einem Mitgliedstaat sollte unter denselben Bedingungen der gleiche Zugang zu Informationen gewährt werden wie ihren Kollegen in einem anderen Mitgliedstaat. Die Mitgliedstaaten sollten eine rund um die Uhr besetzte zentrale Kontaktstelle einrichten, die über ausreichend Personal verfügt und als zentrale Anlaufstelle für den Informationsaustausch mit anderen Mitgliedstaaten fungiert. Die angeforderten Informationen sollten (in dringenden Fällen) binnen acht Stunden und für höchstens sieben Tage zur Verfügung gestellt werden. Die von Europol verwaltete vertrauenswürdige Netzanwendung für sicheren Datenaustausch (SIENA) sollte zum Standardkommunikationskanal werden.
  • Überarbeitete Regeln für den automatisierten Datenaustausch bei der polizeilichen Zusammenarbeit gemäß dem Prüm-Rahmen. Diese Regeln sollen den Datenaustausch verbessern, erleichtern und beschleunigen sowie zur Identifizierung von Straftätern beitragen. Die Maßnahmen umfassen die Ergänzung des automatisierten Datenaustauschs um Gesichtsbilder von Verdächtigen und verurteilten Straftätern und um Strafregisterdaten sowie die Einrichtung eines zentralen Routers, an den die nationalen Datenbanken angeschlossen werden können, sodass sich die zahlreichen Verbindungen zwischen den einzelnen nationalen Datenbanken erübrigen. Ferner soll Europol in die Lage versetzt werden, die Mitgliedstaaten effizienter zu unterstützen und Daten aus Drittländern mit den Datenbanken der Mitgliedstaaten abzugleichen, um Straftäter zu identifizieren, die in Drittländern bekannt sind.

Die vorgeschlagene Richtlinie über den Informationsaustausch und die vorgeschlagene Verordnung über den automatisierten Datenaustausch müssen nun im Europäischen Parlament und im Rat der EU geprüft und verabschiedet werden. Der Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit liegt dem Rat zur Erörterung vor und kann von diesem nach Anhörung des EU-Parlaments angenommen werden.

(KS) Der am 10.12.2021 in Luxemburg zusammengekommene Justizrat hat einen Gedankenaustausch über die aus der COVID-19-Pandemie zu ziehenden Lehren hinsichtlich der Funktionsweise der Gerichte und der gerichtlichen Überprüfung von Sofortmaßnahmen geführt und darüber debattiert, wie man bestehende und künftige Herausforderungen von Notlagen bewältigen könne. Betont hat die Ministerrunde dabei insbesondere die Notwendigkeit die Digitalisierung fortzusetzen, um den Zugang zur Justiz zu gewährleisten. Bei einem Mittagessen berieten die Ministerinnen und Minister zudem über bestehende Herausforderungen und Lücken in der Bekämpfung von Hetze und Hasskriminalität. Aktuelle Sachstandsinformationen erhielten sie zu den Fortschritten bei den laufenden Verhandlungen zwischen dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament hinsichtlich der Verordnung über elektronische Beweismittel, den weiterhin andauernden Verhandlungen zum Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der Arbeit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) sowie zu aktuellen Entwicklungen hinsichtlich laufender Gesetzgebungsvorschläge.

(KS) Die Europäische Kommission hat eine Initiative vorgelegt um Hetze und Hasskriminalität in die Liste der EU-Straftatbestände aufzunehmen. Sie schlägt vor, die bestehende Liste der in Artikel 83 Absatz 1 AEUV aufgenommenen Straftatbestände zu erweitern, um für die Festlegung von Straftatbeständen und Strafen gemeinsame Mindestvorschriften in den Mitgliedstaaten zu erreichen. In einer am 09.12.2021 veröffentlichten Mitteilung legt sie ihre Gründe für die Erweiterung dar. Demnach verbreiten sich Hetze und Hasskriminalität aufgrund der grenzüberschreitenden Dimension online sehr schnell, sind für alle überall zugänglich und nehmen auch aufgrund technologischer Entwicklungen stetig zu. Da sie die gemeinsamen Werte der EU untergraben, handele es sich um einen Bereich besonders schwerer Kriminalität, deren effektive Bekämpfung einen umfassenden strafrechtlichen Ansatz auf EU-Ebene erfordere. Zur Umsetzung der Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände ist zunächst, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, ein einstimmiger Beschluss des Rates der EU erforderlich, in dem Hetze und Hasskriminalität als weiterer Kriminalitätsbereich eingestuft werden und der den Kriterien des Artikels 83 Abs. 1 AEUV entspricht. Erst danach kann die EU-Kommission einen Legislativvorschlag vorlegen.

(KS) Die Europäische Kommission wird das vor einem halben Jahr gegen Deutschland aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren einstellen. Grund hierfür seien weitreichende Zusagen der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die im Juni 2021 erfolgte Aufforderung der EU-Kommission. Die Bundesregierung habe erklärt, den Vorrang und die Autonomie des EU-Rechts anzuerkennen und zudem die in Artikel 2  EUV niedergelegten Werte, insbesondere die Rechtsstaatlichkeit, bekräftigt. Zudem habe das Schreiben ausdrücklich die Autorität des Europäischen Gerichtshofs und dessen endgültige und bindende Entscheidungen anerkannt und die Bundesregierung habe zugesagt, zukünftig aktiv alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen zu wollen, um weitere Entscheidungen zu Kompetenzüberschreitungen der EU-Organe, eine sog. »ultra vires«-Feststellung, zu vermeiden.

Die EU-Kommission vertrat die Auffassung, dass das Urteil des BVerfG gegen den Grundsatz des Vorrangs des EU-Rechts verstoße, da es einer Entscheidung des EuGH die Rechtswirkung in Deutschland abspreche und insbesondere aufgrund einer möglichen Vorbildwirkung eine Gefahr für die Integrität des Unionsrechts darstelle.

(KS) Die Europäische Kommission hat am 02.12.021 drei Legislativvorschläge zur Förderung der Digitalisierung in der Justiz vorgelegt. Mit Hilfe der Vorschläge soll erreicht werden, das in grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren zukünftig standartmäßig digital kommuniziert wird. Umgesetzt werden damit einige Prioritäten der im letzten Jahr vorgestellten Mitteilung über die Digitalisierung der Justiz. Neben einem Vorschlag zur Digitalisierung der grenzüberschreitenden justiziellen Zusammenarbeit in der EU und dem Zugang zur Justiz in Zivil-, Handels- und Strafsachen, welcher vor allem aktuell bestehende Hindernisse in diesen Bereichen beseitigen soll, besteht das Paket aus zwei weiteren Vorschlägen zur wirksamen Bekämpfung des Terrorismus und anderer Formen der schweren grenzüberschreitenden Kriminalität, mit denen die Kommunikation zwischen Eurojust und den Behörden der Mitgliedstaaten digitalisiert werden soll. Daneben umfasst das Paket zudem einen Vorschlag für die Entwicklung einer Plattform um die Zusammenarbeit von sog. gemeinsamen Ermittlungsgruppen, das sind durch mehrere Mitgliedstaaten eingerichteten Teams für spezifische strafrechtliche Ermittlungen, die in Deutschland bei den Staatsanwaltschaften geführt werden, künftig zu erleichtern.

(AV) Die bestehenden Regeln zur Bekämpfung des Menschenhandels sind über zehn Jahre alt und jüngste Berichte zeigen, dass sie nicht mehr ausreichen, um den Menschenhandel wirksam zu bekämpfen. Mit einer am 14.12.2021 gestarteten öffentlichen Konsultation möchte die Europäische Kommission die Meinungen zu einer möglichen Überarbeitung der geltenden Richtlinie einholen. Bürgerinnen und Bürger, Zivilgesellschaft, Behörden und Sozialpartner können bis zum 22.03.2022 ihre Standpunkte übermitteln.

Die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation werden in die Bewertung und eine mögliche Überarbeitung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels einfließen. Sie bildet seit 2011 das Rückgrat der Anstrengungen der EU im Kampf gegen den Menschenhandel. Mit dieser Richtlinie werden Mindestvorschriften zur Definition von Straftaten und Strafen im Bereich Menschenhandel festgelegt. Unter Berücksichtigung der Geschlechterperspektive führt sie auch Bestimmungen zur Stärkung der Prävention und des Opferschutzes sowie zur Verbesserung von Ermittlungen und Strafverfolgung ein.

Am Internationalen Tag für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25.11.2021 haben die Abgeordneten des Europäischen Parlaments den aktuellen Sachstand bei der Ratifizierung der Istanbul-Konvention durch die Europäische Union debattiert sowie weitere Möglichkeiten zum Schutz von Frauen gefordert. Dabei wurden insbesondere mangelnde Fortschritte kritisiert und ein zeitnahes Handeln gefordert.

(KS) Zu Beginn der Debatte erinnerte zunächst Gleichstellungskommissarin Helena Dalli an die Ausrufung des Gedenktages durch die Vereinten Nationen und den damit verbundenen, noch heute gültigen und wichtigen, Zielstellungen und Versprechungen. Im Bemühen der Europäischen Kommission um die Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen befürworte diese weiterhin den Beitritt der EU zu dem 2011 verabschiedeten Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention). Vor dem Hintergrund einer unsicheren zeitnahen Zustimmung des Rates der Europäischen Union zum Beitritt, kündigte sie für Anfang 2022 die Vorlage einer Richtlinie an, welche auf dem Ziel der Istanbul-Konvention aufbauen werde und zugleich aktuelle Probleme wie Cybergewalt und den Anstieg häuslicher Gewalt im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie aufgreifen werde.

Bereits in diesem Jahr werde zudem die Erweiterung der Liste der europäischen Straftaten vorgeschlagen werden, um eine EU-weite Kriminalisierung von Hassreden und Hassverbrechen u. a. aus Gründen des Geschlechts und der sexuellen Ausrichtung zu erreichen. Begleitend kündigte die Kommissarin zudem weitere Maßnahmen, wie eine Empfehlung zur Verhütung schädlicher Praktiken und die Einrichtung eines EU-Netzwerks zur Verhütung geschlechtsspezifischer Gewalt, an.

Auch die wortnehmenden Abgeordneten verdeutlichten fraktionsübergreifend das zunehmende Ausmaß häuslicher Gewalt sowie Gewalt gegen Frauen und forderten angesichts des fehlenden Beitritts ein schnelles und effektives Handeln durch die EU-Kommission, wozu sie auch die Unterstützung des EU-Parlaments zusagten. Kritik erfolgte vor allem auch an den Mitgliedstaaten, welche die Konvention bisher nicht ratifiziert oder gar einen Ausstieg angekündigt haben, sowie die Blockade der Ratifikation durch die EU im Rat. Doch auch die bisherige Untätigkeit der EU-Kommission seit dem Amtsantritt der derzeitigen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, welche bisher keine konkreten Vorschläge vorgelegt habe, um eine weitere Straflosigkeit von Tätern zu vermeiden, wurde scharf kritisiert. So merkten bspw. die Sprecherinnen der Fraktionen Die Grünen/EFA und der EKR an, das zwischenzeitig selbst die polnische Regierung konkrete Gesetzgebungsmaßnahmen zum Schutz von Frauen vor Gewalt ergriffen habe. Ein weiteres Zuwarten sei angesichts aktueller Statistiken, so die einhellige Auffassung unter den Abgeordneten, nicht hinnehmbar.

Die EU hatte das internationale Abkommen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen bereits im März 2016 unterzeichnet und damit ihre Absicht bekundet ihr beitreten zu wollen, wobei jedoch weiterhin sechs Mitgliedstaaten (Lettland, Litauen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Bulgarien) den völkerrechtlichen Vertrag bisher nicht ratifiziert haben. Erst am 06.11.2021 hatte der Europäische Gerichthof in einem vom EU-Parlament geforderten Gutachten festgestellt, dass die EU der Konvention auch dann beitreten könne, wenn nicht alle Mitgliedstaaten dem zugestimmt haben.

EU schlägt schwarze Liste für an Menschenschmuggel beteiligte Verkehrsunternehmen vor und hilft mit weiteren 200 Mio. EUR beim Grenzschutz

(AV) Die Europäische Kommission und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell haben am 23.11.2021 eine schwarze Liste für Verkehrsunternehmen vorgeschlagen, die sich an Menschenschmuggel beteiligen. Damit wird das Instrumentarium der EU erweitert, um die durch die hybriden Angriffe betroffenen Mitgliedstaaten unterstützen zu können. Zudem stellt die EU-Kommission weitere 200 Mio. EUR bereit, um Lettland, Litauen und Polen beim Grenzschutz zu stärken.

Bei einer Rede im Europäischen Parlament betonte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 23.11.2021 in Straßburg erneut, es handele sich nicht um eine Migrationskrise, sondern um eine besonders perfide Form der hybriden Bedrohung des Lukaschenko-Regimes, die sich gegen die EU als Ganze richte. »Ganz Europa steht in dieser Frage solidarisch an der Seite Litauens, Polens und Lettlands.« Europa handele auf vier Ebenen: humanitäre Hilfe, diplomatische Kontakte mit den Herkunftsländern, Sanktionen gegen Personen und Unternehmen in Belarus und Sanktionen gegen Transportunternehmen, die Menschenhandel und Schleuserkriminalität begünstigen und Schutz der Grenze. Außerdem bekräftigte die Kommissionspräsidentin die Position der EU: »Ich sage es noch einmal: Die EU erkennt dieses Regime, das sein eigenes Volk gewaltsam unterdrückt, nicht an.«

Um sicherzustellen, dass die EU über die geeigneten Instrumente verfügt, um gegen die Instrumentalisierung von Menschen für politische Zwecke vorzugehen, schlägt die EU-Kommission daher einen neuen Rechtsrahmen vor. Damit kann die EU unabhängig von der Beförderungsart (Straßen-, Luft-, Binnenschiffs- und Seeverkehr) gezielte Maßnahmen gegen Verkehrsunternehmen ergreifen, die sich am Schmuggel und Handel von Menschen in die EU beteiligen bzw. derartige Aktivitäten begünstigen. Sie könnten die Einschränkung des Betriebs auf dem Unionsmarkt, die Aussetzung von Betriebsgenehmigungen oder Lizenzen, die Aussetzung des Rechts auf Betankung oder Wartungsarbeiten und ein Flugverbot im EU-Luftraum sowie ein Verbot technisch bedingter Stopps in den Häfen bzw. das Anlaufen von Häfen der EU umfassen.

Polen hatte zuvor die Europäische Grenzschutzagentur Frontex um Unterstützung bei der Durchführung von Rückführungen ersucht. Das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung von Europol unterstützt strafrechtliche Ermittlungen und erleichtert den Informationsaustausch. Die vollständige Umsetzung des EU-Aktionsplans gegen die Schleusung von Migranten (für den Zeitraum 2021-2025) bietet Maßnahmen gegen die Instrumentalisierung von Menschen zu politischen Zwecken und für ein Management der EU-Außengrenzen in diesen Situationen.

Die EU-Kommission arbeitet momentan an einem Vorschlag für vorübergehende Maßnahmen im Bereich Asyl und Rückkehr auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Damit folgt die EU-Kommission der Aufforderung des Europäischen Rates, erforderliche Änderungen am Rechtsrahmen der EU und konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, um eine unverzügliche und angemessene Reaktion im Einklang mit dem EU-Recht und den internationalen Verpflichtungen zu gewährleisten. Sie kommt damit auch dem Ersuchen der betroffenen Mitgliedstaaten nach, vorübergehende Maßnahmen einführen zu können, um migrationsbedingte Notlagen an den Außengrenzen der EU wirksam zu bewältigen.

Der Rat der Europäischen Union hat Schlussfolgerungen zur besseren Vorbereitung, Reaktionsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber künftigen Krisen angenommen

(AV) Die vom slowenischen Ratsvorsitz ausgearbeiteten Schlussfolgerungen enthalten eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit, Bereitschaft und Reaktion der EU für künftige Krisenlagen. In dem am 23.11.2021 veröffentlichen Papier betont der Rat, dass die Schaffung der integrierten Regelungen zur politischen Krisenreaktion (IPCR) aus dem Jahr 2013 bereits ein wichtiger Schritt zur Unterstützung eines umfassenden Lagebewusstseins und einer umfassenden Entscheidungsfindung auf EU-Ebene war. Trotzdem haben die aktuellen Krisen gezeigt, dass die EU gemeinsam besser vorbereitet sein muss.

Zukünftige Krisen erfordern ein verbessertes sektorübergreifendes und grenzüberschreitendes Krisenmanagement, so der Rat. Daneben seien eine verbesserte strategische und Krisenkommunikation sowie die Bekämpfung von Desinformation von entscheidender Bedeutung, um die Reaktion auf Krisen zu unterstützen und das Vertrauen der Öffentlichkeit aufzubauen.

Die COVID-19-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig es sei, zusammenzuarbeiten, um die Widerstandsfähigkeit des Binnenmarktes gegenüber Störungen zu stärken, wie beispielsweise im Hinblick auf wichtige Lieferketten und Wirtschaftssektoren der EU wie Arzneimittel, Medizinprodukte und Halbleiter. Besonders berücksichtigt werden müsse die Situation von Grenzgemeinden und wichtigen Transitregionen.

Angesichts der unverzichtbaren Rolle des Binnenmarkts für die EU betont der Rat, dass krisenbedingte Maßnahmen befristet, verhältnismäßig und vollständig koordiniert sein sollten, um das normale Funktionieren des Binnenmarkts, einschließlich der Freizügigkeit, so bald wie möglich wiederaufzunehmen, wie in den Verträgen vorgesehen.

Im Juni 2021 hatte der Europäische Rat aufgefordert, die Arbeiten zur Verbesserung der kollektiven Bereitschaft, Reaktionsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber künftigen Krisen und zum Schutz des Funktionierens des Binnenmarkts voranzubringen. Die Minister/innen für europäische Angelegenheiten unterstützten anschließend auf ihrem informellen Treffen im Juli 2021 in Brdo die Bemühungen der Ratspräsidentschaft um eine umfassendere Reaktion auf Krisen. Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten hat diese Schlussfolgerungen nun abschließend gebilligt.

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Europäisches Sportmodell muss auf Solidarität, Inklusion, offenem Wettstreit und Fairness beruhen

(AV) Das Europäische Parlament war am Abend des 23.11.2021 bei der Sitzung in Straßburg sportlich unterwegs. Es ging um eine Entschließung zum europäischen Sportmodell. Vorgestellt hat das Thema der Berichterstatter Tomasz Frankowski (EVP/Polen).

Frankowski forderte die Europäische Kommission auf, einen eigenen Koordinator für den Sport zu ernennen und schloss mit der Feststellung, dass die größte Herausforderung darin besteht, »das europäische Sportmodell zu fördern und es vor Bedrohungen wie der Super League zu schützen«.

Mit 597 Stimmen bei 36 Gegenstimmen und 55 Enthaltungen sprachen sich die Abgeordneten des EU-Parlaments dafür aus, dass die europäische Sportkultur den Grundsätzen der Solidarität, der Nachhaltigkeit, der Inklusion aller Menschen, des offenen Wettstreits, des sportlichen Verdienstes und der Fairness Rechnung tragen soll. Das EU-Parlament lehnte die von ihm so bezeichneten »Ausreißer-Wettbewerbe« (»breakaway competitions«), die diese Grundsätze untergraben und die Stabilität des gesamten Sportökosystems gefährden, entschieden ab.

Die Abgeordneten fordern in ihrer Entschließung auch, dass die Ausrichtung des Profisports auf kommerzielle Interessen mit den sozialen Funktionen in Einklang gebracht werden sollte. Was sie damit meinen ist, dass die Verbindung zwischen dem Breiten- und dem Spitzensport verbessert werden und eine stärkere Umverteilung der Finanzmittel zwischen dem Profi- und dem Breitensport stattfinden muss. Die Sportverbände sollen aus Sicht des EU-Parlaments einen Solidaritätsmechanismus umsetzen, mit dem die angemessene Finanzierung des Amateur- und Breitensports sichergestellt wird. Wie genau das funktionieren soll, ist nicht erwähnt.

Außerdem sollen die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass EU-Bürgerinnen und -Bürger weniger auf der Couch sitzen und sich mehr bewegen. Besonders junge Menschen sollen gefördert werden, indem die Zahl der für den Sportunterricht und sportliche Aktivitäten in den Schulen vorgesehenen Stunden erhöht sowie der Einsatz von Vorbildern und Botschaftern des Sports mehr unterstützt wird. Allerdings ist hier natürlich aus Sicht von Deutschland klar: das Thema Schule ist Ländersache und nicht Sache der EU.

Die Abgeordneten wollen auch die Gleichstellung der Geschlechter fördern, mit besonderem Augenmerk auf die Bekämpfung aller Formen von Gewalt und Belästigung, Ungleichheiten bei Löhnen und auf die gleichberechtigte Vertretung in Führungspositionen sowie Vorständen von Sportorganisationen. Das EU-Parlament fordert die nationalen Sportverbände auf, auf eine Angleichung der Prämienzahlungen für weibliche und männliche Sportler nach dem Vorbild des Fußballverbands von Irland hinzuwirken. Explizit ist in der Entschließung auch der Schutz von Kindern vor jeglicher Form von Missbrauch und Belästigung im Sport aufgenommen worden.

Die Abgeordneten fordern Behörden, Sportverbände und Organisationen auf, die Menschenrechte und demokratischen Grundsätze in all ihren Handlungen zu wahren, insbesondere bei der Vergabe von Sportgroßveranstaltungen an Länder und bei der Auswahl von Sponsoren. Länder, deren Regierungen wiederholt gegen die Grundrechte und -werte verstoßen, sollen keine großen Sportereignisse mehr ausrichten dürfen.

(KS) Das Kollegium der Europäischen Staatsanwaltschaft hat am 24.11.2021 zwei aus Slowenien entsendete Staatsanwälte ernannt und konnte damit nunmehr die Ernennung aller europäischen delegierten Staatsanwälte abschließen. Das Land hatte bisher als einziges der sich an der ersten supranationalen Ermittlungsbehörde 22 beteiligenden Mitgliedstaaten keine Kandidaten/innen nominiert.

In einer Debatte des Europäischen Parlaments am selben Tag zur Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit in dem Land begrüßten zwar viele der Abgeordnete die Ernennung, machten jedoch gleichfalls vielfach auf die Auswirkungen der aus ihrer Sicht aus politischen Gründen verzögerten Ernennung auf die Ermittlungen der bereits seit Juni 2021 operierenden Behörde aufmerksam.

(AV) Die Europäische Kommission will für mehr Transparenz bei bezahlter politischer Werbung und klarere Regelungen für die Finanzierung europäischer politischer Parteien sorgen. Dazu hat sie am 25.11.2021 entsprechende Legislativvorschläge angenommen. Demzufolge soll jede politische Werbeanzeige eindeutig als solche gekennzeichnet sein. Außerdem müssen Angaben enthalten sein, wer wieviel dafür bezahlt. Techniken für das Targeting (Ausrichten auf Zielgruppen) und die Amplifikation von politischer Werbung sollen öffentlich gemacht werden.

Zusätzlich will die EU-Kommission, dass die Verwendung sensibler personenbezogener Daten ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen verboten werden soll. Auch sollen die geltenden EU-Vorschriften in Bezug auf außerhalb ihres Herkunftslands ansässige sog. »mobile EU-Bürgerinnen und -Bürger« und ihr Wahlrecht bei Europawahlen und Kommunalwahlen sowie die Vorschriften über europäische politische Parteien und Stiftungen aktualisiert werden.

Nachdem der Europäische Gerichtshof am 27.10.2021 im Verfahren um die polnische Disziplinarkammer, welche trotz einer Anordnung des EuGH weiter arbeitet, ein tägliches Zwangsgeld in Höhe von einer Million EUR verhängt hatte, hat auch das Europäische Parlament im Streit um die Lage der Rechtsstaatlichkeit in dem Land weitere Schritte eingeleitet und die EU-Kommission im Hinblick auf die Anwendung der sog. Rechtsstaatskonditionalität zum Schutz des Haushalts der Union wegen Untätigkeit verklagt.

(KS) Die Umsetzung der bereits am 14.07.2021 angeordneten einstweiligen Maßnahmen, insbesondere die Aussetzung der Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften zur Zuständigkeit der Disziplinarkammer des polnischen Obersten Gerichtshofs, sei notwendig, um einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden für die Rechtsordnung der EU und ihrer zugrundeliegenden Werte, insbesondere den Rechtsstaat, abzuwenden, so der EuGH.

Bereits zuvor hatte zudem der Präsident des EU-Parlaments, David Sassoli (S&D/Italien), ebenfalls ausgeführt, »dass, wenn die Rechtsstaatlichkeit bedroht sei, die EU handeln müsse« und anschließend am 29.10.2021 in einer Erklärung mitgeteilt, dass der Juristische Dienst des EU-Parlaments auf sein Ersuchen eine Klage gegen die EU-Kommission wegen Nichtanwendung der Konditionalitätsverordnung (Verknüpfung der Auszahlung von Mitteln aus dem EU-Haushalt an die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten) beim EuGH eingereicht habe. Das EU-Parlament, so der Präsident, erwarte von der EU-Kommission, dass sie konsequent handelt und das umsetzt, was Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der letzten Plenardebatte zu diesem Thema gesagt hat. Den Worten müssten nun Taten folgen, so der Präsident weiter.

Den bestehenden Konflikt hatte zuletzt eine Entscheidung des polnischen Verfassungsgerichts aus Oktober 2021, in welcher das Gericht mehrere Bestimmungen der EU-Verträge für verfassungswidrig erklärt hatte, weiter angeheizt. Zudem hatte Kommissionspräsidentin von der Leyen im Abschluss an eine kurzfristig auf die Tagesordnung des Europäischen Rats gesetzten Debatte zum Thema Rechtstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz in Polen erklärt, die Rechtsstaatskonditionalität nicht vor Abschluss der durch Ungarn und Polen vor dem EuGH geführten Verfahren zur Überprüfung der dem Mechanismus zugrundliegenden Verordnung, anwenden zu wollen und sich damit in Gegensatz zu den kurz zuvor getätigten Äußerungen im EU-Parlament gesetzt. Im Rahmen der dortigen mit dem polnischen Ministerpräsidenten geführten Debatte hatte die Kommissionspräsidentin noch angekündigt, dass »die ersten Notifizierungen in den kommenden Wochen verschickt werden« und auch das EU-Parlament hatte vor der nunmehr erfolgten Klageerhebung in einer erneuten Entschließung, zum Schutz der überwiegend pro-europäischen Bevölkerung Polens, wiederholt die vollständige Anwendung der bereits seit Januar 2021 geltenden Verordnung gefordert und den polnischen Verfassungsgerichtshof als »Instrument zur Legalisierung der illegalen Tätigkeiten der Staatsmacht« verurteilt, das nicht zur Auslegung der Verfassung befugt sei.

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte dagegen im Vorfeld des Europäischen Rats in einem an die Staats- und Regierungsoberhäupter gerichteten Schreiben vor einer schrittweisen Entwicklung der Europäischen Union in eine supranationale Organisation gewarnt, das kein Bündnis freier, gleicher und souveräner Staaten mehr wäre, sondern ein zentral verwalteter Organismus, der der demokratischen Kontrolle durch die Bürgerinnen und Bürger entzogen wären.

Der CULT-Ausschuss im Europäischen Parlament will mehr Geld vom Spitzensport zum Breitensport kanalisieren, Spielertransfers besser regulieren und fordert ein wertebasiertes europäisches Sportmodell.

(AV) In der Sitzung des Ausschusses für Kultur und Bildung (CULT) am 26.10.2021 forderten die Abgeordneten des EU-Parlaments, dass sich die EU stärker in die europäische Sportlandschaft einbringen sollte. Sie nahmen einen entsprechenden Bericht mit 29 Stimmen bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung an. Darin fordern die Abgeordneten, dass die EU die europäische Sportkultur im Einklang mit den EU-Werten Solidarität, Nachhaltigkeit, Inklusion, offener Wettbewerb und Fairness gestaltet. Außerdem äußerten sie sich entschieden gegen »abgespaltene Wettbewerbe, die diese Standards untergraben und die Stabilität des gesamten Sportökosystems gefährden«. Gemeint sind hier sicherlich die Versuche besonders im Profi-Fußball, eine »Super League« ins Leben zu rufen. Das war ein Projekt, das im April 2021 von zwölf Fußballvereinen aus England, Italien  und Spanien  vorangetrieben wurde. Vermutet wurde, dass rein finanzielle Motive der Vereine im Vordergrund standen. Aufgrund von massiven negativen Reaktionen und Fanprotesten wurde das Projekt vorerst gestoppt; im Oktober 2021 wurde hingegen bekannt, dass die Super League nicht vom Tisch ist und die drei Vereine Real Madrid, FC Barcelona und Juventus Turin diese Idee weiter vorantreiben.

Die Abgeordneten fordern eine Balance zwischen den kommerziellen Interessen des Profisports und seinen sozialen Funktionen, die durch die Stärkung der Verbindungen zwischen Breiten- und Spitzensport erreicht werden soll. Sportverbände sollten beispielsweise einen Solidaritätsmechanismus einrichten, um Gelder in den Amateur- und Breitensport zu lenken. Die Abgeordneten wollen auch die Ungleichheit der Geschlechter im Sport bekämpfen, insbesondere, wenn es um die Bezahlung und die gleiche Vertretung in den Vorständen von Sportorganisationen geht. Außerdem sollen die europäischen Medien für eine gleichberechtigtere Berichterstattung über Sportveranstaltungen von Männern und Frauen sorgen.

Länder, deren Regierungen immer wieder Grundrechte und Werte verletzen, sollen nach dem Willen der Ausschussmitglieder keine Sportgroßveranstaltungen mehr ausrichten können. Auch die Mitgliedstaaten und Sportverbände sollten bei der Auswahl von Sponsoren für Sportveranstaltungen die Menschenrechte und die Demokratie berücksichtigen.

In dem angenommenen Bericht empfehlen die Abgeordneten außerdem eine Reihe weiterer Verbesserungen:

  • Schutz von Kindern vor Missbrauch und Belästigung im Sport, auch durch Beratung und Schutz auf EU- und nationaler Ebene;
  • mehr Transparenz auf den Spielertransfermärkten durch einen EU-Rahmen für Spielertransfers, der EU-Arbeitsmarktstandards und Finanzvorschriften umfasst;
  • Verwendung der »50+1«-Regel des deutschen Fußballvereins (Privatinvestoren dürfen nur bis zu 49 Prozent der Aktien besitzen) als Best Practice für andere Länder;
  • die nationalen Sportverbände sollten die Prämienzahlungen für weibliche und männliche Sportler nach dem Vorbild des irischen Fußballverbandes angleichen;
  • Erhöhung der Medienpräsenz von Wettkämpfen, an denen Sportler mit Behinderungen beteiligt sind;
  • Nutzung des sozialen Gewichts des Spitzensports, um das Bewusstsein für die Probleme von LGTBQI+-Personen zu schärfen.

Das EU-Parlament wird während der November-Plenartagung in Straßburg vom 22. bis 25.11.2021 über den Bericht des Berichterstatters Tomasz Frankowski (EVP/Polen) abstimmen.

© Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen

(KS) Vor dem Hintergrund nur schleppender Fortschritte der EU im jährlichen Gleichstellungsindex 2021 hat der Ausschuss für die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) des Europäischen Parlaments in einem am 28.10.2021 angenommen Berichtsentwurf daran erinnert, dass gleiches Entgelt und gleiche Behandlung eine wesentliche Voraussetzung für die Gleichberechtigung, wirtschaftliche Unabhängigkeit und berufliche Entfaltung von Frauen sind und konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles sowie Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt gefordert. Dem von dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) herausgegebenen Bericht zufolge, erreicht Europa in diesem Jahr einen Wert von 68 und somit lediglich 0,6 Prozentpunkte mehr al Mehr als ein Drittel der Mitgliedstaaten erreichte sogar weniger als 60 Punkte. Spitzenreiter sind erneut die nördlichen Länder. Deutschland liegt dagegen mit 68,6 Punkten auf Platz 10 und nur leicht über dem EU-weiten Durchschnitt.

© Europäische Kommission

(AV) In der Europäischen Union sind im vergangenen Jahr rund 340.000 Hektar Wald verbrannt. Das ergab der 21. Jahresbericht über Waldbrände in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika, den die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission am 29.10.2021 vorgelegt hat. Am stärksten betroffen war im Jahr 2020 Rumänien, gefolgt von Portugal, Spanien und Italien. Aus Deutschland wurden 1.360 Waldbrände gemeldet, betroffen war eine Fläche von 368 Hektar. Mit den meisten Waldbränden hatte Brandenburg in Deutschland zu kämpfen.

Die Berichte der Gemeinsamen Forschungsstelle bieten einen umfassenden Überblick über die Lage in Bezug auf Waldbrände. Die Ausgabe aus dem Jahr 2020 enthält Berichte aus 33 Ländern in den erfassten Regionen, in denen die nationalen Brandschutzmaßnahmen und die Aktionen beschrieben werden, die auf nationaler und europäischer Ebene während der Brandkampagnen in diesem Zeitraum ergriffen wurden.

Neben der auch 2022 ganz oben auf der Agenda stehenden Rechtsstaatlichkeit, stehen im Bereich der Justiz im nächsten Jahr vor allem die Stärkung der Effizienz von Strafverfahren und die Steigerung des gegenseitigen Vertrauens im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Mittelpunkt. Im Bereich der Gleichstellung wird das Hauptaugenmerk auf dem weiteren Aufbau einer Union der Gleichheit und der Bekämpfung von Diskriminierung liegen.

(KS) Die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze stellt eines der Fundamente der EU dar und die EU-Kommission kündigt auch für 2022 an, die bestehenden Herausforderungen und mit Sorge betrachteten Entwicklungen weiter anzugehen. So soll der jährliche Bericht über die Rechtsstaatlichkeit nunmehr ebenfalls spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten enthalten und auch im nächsten Jahr konsequent weitere Maßnahmen zur Verteidigung des Vorrangs des Unionsrechts sowie auch zum Schutz des Geldes der europäischen Steuerzahler ergriffen werden.

Im Bereich der Justiz kündigt die EU-Kommission für das folgende Jahr insbesondere die Erarbeitung von Vorschriften an, die eine effiziente Übertragung von Strafverfahren zwischen den Mitgliedstaaten gewährleisten sollen, um die Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität zu stärken. Vor allem die Effizienz von Strafverfahren soll erhöht, Straflosigkeit verhindert sowie eine ordnungsgemäße Rechtspflege im gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sichergestellt werden. Geprüft werden soll zudem, wie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Strafsachen verbessert und das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten durch Mindeststandards im Bereich der Untersuchungshaft sowie den Haftbedingungen gestärkt werden kann.

Das Arbeitsprogramm der EU-Kommission steht 2022 zudem weiterhin im Zeichen des Aufbaus einer Union der Gleichheit für alle Menschen und der effektiven Bekämpfung von Diskriminierung und/oder Gewalt aus Gründen der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität, der geschlechtlichen Ausdrucksform, der Geschlechtsmerkmale, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung oder des Alters. So werde die EU-Kommission zum einen Vorschriften erarbeiten, welche die Gleichstellungsstellen der Mitgliedstaaten und ihre Rolle stärken und Mindeststandards in Bezug auf Mandat, Befugnisse, Unabhängigkeit, Ressourcen, Datenerhebung, Förderung, Sensibilisierung für ihre Existenz sowie die Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Stellen festlegen.

Zum anderen soll im 3. Quartal 2022 ein Gesetzesvorschlag zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Anerkennung der Elternschaft zwischen den Mitgliedstaaten vorgelegt werden, um die derzeit abweichenden nationalen Vorschriften zu harmonisieren, den bestehenden Rechtsrahmen zu vereinfachen und damit insbesondere auch Regenbogenfamilien das Umziehen und Reisen innerhalb der EU erleichtert werden.

Der noch für dieses Jahr angekündigte Gesetzesvorschlag zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen soll zudem bereits im nächsten Jahr um Maßnahmen ergänzt werden, die die Mitgliedstaaten bei der Prävention und Bekämpfung schädlicher Praktiken gegen Frauen und Mädchen unterstützen sowie der Besitzstand im Bereich der Opferrechte geprüft und überarbeitet werden. Der Schwerpunkt soll dabei auf der Verbesserung des Zugangs zu den Rechten von Opfern liegen, wobei laut EU-Kommission im Ergebnis vor allem eine mögliche Überarbeitung der Opferschutzrichtlinie, auch im Zusammenhang mit Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt, in Betracht gezogen werden könne.

Polizeizusammenarbeit, Migrations- und Asylpaket, globale- und Cybersicherheit – was steht aus, was ist neu?

(AV) Die EU-Kommission hat für ihr Arbeitsprogramm eine starke Priorisierung vorgenommen und konzentriert sich nur auf die wesentlichen Aufgaben, die zusätzlich zur Pandemiebekämpfung und Stärkung der EU aus ihrer Sicht tatsächlich umsetzbar sind.

Unter der Überschrift »Ein stärkeres Europa in der Welt« (Punkt 2.4) ist klar zu sehen, dass die EU-Kommission verstärkt die globale Rolle der EU im Sicherheitsgefüge ausbauen will.

Doch zuerst hat sie noch einige nicht abgeschlossene Themen aus dem letzten Jahr abzuarbeiten.

Besonders mit den jüngsten Entwicklungen beispielsweise in Belarus und Afghanistan, muss dringend eine Einigung über die anhängigen Legislativvorschläge im Rahmen des Migrations- und Asylpakets erzielt werden.

Auch will die EU-Kommission das Thema der Schaffung einer echten Sicherheitsunion weiter vorantreiben und regelmäßig über die Fortschritte im Sicherheitsbereich Bericht erstatten, einschließlich über die laufenden Verhandlungen über wichtige Gesetzgebungsdossiers. Dabei geht es insbesondere um die vier strategischen Prioritäten: ein zukunftsfähiges Sicherheitsumfeld, die Bewältigung sich wandelnder Bedrohungen, der Schutz der Europäerinnen und Europäer vor Terrorismus und organisiertem Verbrechen sowie eine starke europäische Sicherheitsgemeinschaft.

Die fortlaufenden Arbeiten im Bereich der Cybersicherheit stellen nach wie vor einen wesentlichen Baustein der Sicherheitsunion dar. Neu geplant für 2022 ist der Europäische Rechtsakt über die Cyberabwehrfähigkeit (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung, 3. Quartal 2022). Auch soll die Bekämpfung des Menschenhandels fortgesetzt werden. Neue Schritte sind geplant, um den gesicherten Austausch wichtiger Informationen mit Drittländern und denjenigen, die für die Gewährleistung der Sicherheit an vorderster Front zuständig sind, zu verbessern. Der neue Legislativvorschlag trägt den ausführlichen Namen »Rahmen zur Gewährleistung des gegenseitigen Zugangs zu sicherheitsrelevanten Informationen für vor Ort tätige Beamte der EU und wichtige Drittländer« und ist für das 4. Quartal 2022 geplant.

Nach Ansicht der EU-Kommission müssen Partnerschaften mit Verbündeten vertieft werden, um besonders in Krisenzeiten gemeinsam stark handeln zu können. In diesem Sinne soll eine neue Gemeinsame Erklärung der EU und der NATO vorgelegt werden. Damit sollen unter anderem die Arbeiten zur Schaffung einer echten europäischen Verteidigungsunion beschleunigt werden.

Außerdem wird die EU-Kommission ein Verteidigungspaket ausarbeiten. Es soll auch einen Fahrplan für Sicherheits- und Verteidigungstechnologien (nicht legislativ, 1. Quartal 2022) beinhalten, mit dem Forschung, technologische Entwicklung und Innovation gefördert und die strategischen Abhängigkeiten der EU bei kritischen Technologien und Wertschöpfungsketten im Sicherheits- und Verteidigungssektor verringert werden sollen.

»Dieses Urteil stellt die Grundlagen der Europäischen Union infrage« so die Reaktion der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf die Entscheidung des polnischen Verfassungsgerichts vom 07.10.2021, die Teile des EU-Rechts als unvereinbar mit polnischem Recht erklärt. Zugleich drohte die Europäische Kommission dem Land erneut Konsequenzen an.

(KS) In einer emotionalen Plenardebatte zur Krise im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit in Polen und dem Vorrang des Unionsrechts zeigte sich die Kommissionspräsidentin wie auch die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments zutiefst besorgt über die aktuellen Entwicklungen in Polen und verurteilten die Entscheidung des Verfassungsgerichts wie auch die Ausführungen des anwesenden polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki. Mitgliedstaaten, so die weitgehend fraktionsüberfgreifende Auffassung der Abgeordneten, stimmen mit ihrem Beitritt zur EU freiwillig gemeinsamen Regeln zu. Polen kehre jedoch fundamentalen gemeinsamen Grundsätzen den Rücken zu, spalte und schwäche damit die EU, greife sie in ihrer Existenz an und trete faktisch aus der Rechtsgemeinschaft aus, so nur einige der Reaktionen. Von der EU-Kommission forderten die Abgeordneten erneut ein schnelles und nachdrückliches Handeln, einschließlich der Anwendung der Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der EU.

Die EU-Kommission, so von der Leyen, führe als Hüterin der Verträge derzeit eine eingehende Prüfung des Urteils durch, an deren Ende Entscheidungen folgen würden und nannte im Hinblick auf mögliche Konsequenzen neben der Einleitung weiterer Vertragsverletzungsverfahren und einer erneuten Anwendung des Artikel-7-Verfahrens ebenfalls die Kürzung von EU-Mitteln im Rahmen der seit Januar geltende Regelung.

»Polens Platz sei im Herzen Europas«, stellte die Kommissionpräsidentin fest und drückte ihr Bedauern über die Situation aus, betonte jedoch zugleich, dass die EU-Kommission nicht zulassen werde, dass die »gemeinsamen Werte aufs Spiel gesetzt werden«.

Der polnische Ministerpräsident hatte dagegen in seiner Rede gleichfalls betont, dass Polens Platz in der EU sei. Morawiecki heizte den Streit jedoch trotz beteuerter Ablehnung eines Austritts aus der Union weiter an und warf der EU vor, das Land durch angedrohte finanzielle Konsequenzen und die Zurückhaltung der Mittel des Wiederaufbaufonds »zu erpressen«. Rechtsstaatlichkeit, so schilderte er seine Auffassung, bedeute die Demokratie zu schützen, was auch die Abwehr von Angriffen auf das polnische Volk umfasse und nahm Bezug auf die Forderungen des EU-Parlaments nach finanziellen Sanktionen.

Dem Europäischen Gerichtshof warf er vor, die der EU übertragenen Kompetenzen nach und nach auszuweiten sowie die Grenze zur nationalen Zuständigkeit zu überschreiten. Höchstes Recht in Polen sei die Verfassung, so der Ministerpräsident, und verwies auf in seinen Augen ähnliche Urteile anderer Verfassungsgerichte, darunter das Bundesverfassungsgericht und der französische Verfassungsrat. Polen erwarte einen Dialog über Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Verhältnisses von EU und nationalem Recht. Der Aufbau eines »nationalitätenlosen Superstaats«, so der Ministerpräsident, erfordere jedenfalls das Einverständnis aller.

(KS) Am 14.10.2021 haben die Ausschüsse für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und Recht (JURI) des Europäischen Parlaments ein Verhandlungsmandat zu dem von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf für eine e-Codex-Verordnung angenommen. Ziel des Vorschlags ist es, das e-CODEX-System, einem Datentransfersystem zur elektronischen Übermittlung von Informationen und Dokumenten in grenzüberschreitenden Zivil- und Strafverfahren, als standardmäßiges Kommunikationsnetz zwischen den nationalen IT-Systemen einzurichten. Das Mandat sieht vor allem Änderungen im Hinblick auf zusätzliche Garantien für die Zulässigkeit elektronischer Dokumente, die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung, die Wahrung der Grundrechte und weitere Schutzmechanismen, wie bspw. einem E-Justiz-Kernvokabular, vor.

© © IGSU – Generalinspektorat für Notfallsituationen, Rumänien

Kurz und Knapp: Katastrophenschutz – EU hilft Rumänien

(AV) Im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens helfen mehrere Länder Rumänien bei der Behandlung der großen Zahl von COVID-19-Patienten im Land. Dies teilte die Europäische Kommission am 21.10.2021 mit. Rumänien hat die EU auch um finanzielle Unterstützung im Rahmen des Soforthilfeinstruments gebeten.

Österreich hat 1.075 Pakete mit verschiedenen Medikamenten für die Notfallversorgung angeboten, Frankreich fast 90.000 Ampullen Medikamente und 18 Beatmungsgeräte, sowie weitere medizinische Ausrüstung. Hinzu kommen 200 Sauerstoffkonzentratoren aus der von den Niederlanden bereitgestellten strategischen medizinischen Reserve von rescEU. Polen beteiligt sich mit 50 Sauerstoffkonzentratoren, Italien stellt 5.200 Fläschchen mit monoklonalen Antikörpern zur Verfügung. Dänemark hatte bereits 15 Beatmungsgeräte und 8 Sauerstoffkonzentratoren nach Rumänien geliefert.

Haft sollte letztes Mittel sein, so der Tenor einer Orientierungsaussprache der Justizministerinnen und -minister der EU zur Untersuchungshaft im Rahmen des Justizrates am 07.10.2021, in der die Ratsformation zugleich die bedeutende Rolle alternativer Maßnahmen unterstrich und vorrangig die notwendige Einhaltung materieller Mindeststandards in den Bereichen der Überbelegung, medizinischer und psychologischen Betreuung sowie sanitärer und hygienischer Maßnahmen sah.

(KS) Insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen der Untersuchungshaft, einschließlich der Haftbedingungen, auf die Grundrechte sowie auf das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten und die Anerkennung bspw. europäischer Haftbefehle, wie sie auch in Sachsen vollstreckt werden, erörterten die Ministerinnen und Minister prioritäre Maßnahmen in Bezug auf Mindeststandards für Haftbedingungen und Verfahrensrechte. Zwar bestünde, so das Fazit mit Blick auf bereits bestehende verschiedene internationale Gremien, derzeit kein Bedarf an zusätzlichen Rechtsinstrumenten, eine wirksamere Anwendung bestehender Standards bspw. des Europarats sei jedoch herauszuheben. Neben dem Austausch bewährter Verfahren und den Verbesserungen in der Ausbildung ermutigte die Ratsformation vor allem die Europäische Kommission weitere Maßnahmen zu ergreifen, wie die bereits zur Verfügung gestellten Finanzierungsmöglichkeiten zur Verbesserung der materiellen Haftbedingungen.

Keine Einigung erzielte die Runde dagegen bei der Annahme von Ratsschlussfolgerungen zur EU-Kinderrechtsstrategie. Im Hinblick auf die von der EU-Kommission im März 2021 vorgelegten Strategie mit konkreten Maßnahmen zum Schutz, zur Förderung und zur Verwirklichung der Rechte des Kindes unterstützten die Mitgliedstaaten zwar vorgeschlagene Hauptaktionslinien sowie ein umfassendes Vorgehen zur Verwirklichung aller Kinderrechte, eine stärkere Verhütung und Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Kinder, die Stärkung der Justizsysteme sowie die Teilhabe von Kindern in der digitalen Gesellschaft. Eine nicht zu erreichende Einigkeit über einige Formulierungen des Textentwurfs verhinderte schlussendlich die Annahme des Entwurfs.

Neben Informationen zu dem Stand aktueller Gesetzgebungsvorschläge im Bereich der Justiz erhielten die Ministerinnen und Minister auf ihrer ersten formellen Sitzung unter der slowenischen Ratspräsidentschaft weiterhin Sachstandsinformationen zur Europäischen Staatsanwaltschaft sowie zur Lage von Angehörigen des Justizwesens in Afghanistan und den Unterstützungsmaßnahmen für Afghanen, die aufgrund ihrer Tätigkeit im afghanischen Justizsystem von Verfolgung bedroht sind. Die EU-Kommission informierte die Ministerinnen und Minister zudem über die Ergebnisse der sechsten Bewertung des Verhaltenskodex für die Bekämpfung illegaler Hassreden im Internet.

Bereits vor dem Treffen erfolgte im Rahmen eines Arbeitsessens ein Austausch zum Thema strategischer Klagen gegen die öffentliche Beteiligung (SLAPP), zu denen die EU-Kommission derzeit eine Initiative zum Schutz von Journalisten und Rechtsverteidigern vor dieser Art missbräuchlicher Rechtsstreitigkeiten vorbereitet.

(KS) Die Europäische Kommission hat am 23.09.2021 gegen Deutschland sowie drei weitere Mitgliedstaaten ein Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelnder Umsetzung der Richtlinie über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand und über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug (Richtlinie 2013/48/EU) eingeleitet. Einige der gemeldeten nationalen Umsetzungsmaßnahmen, so die EU-Kommission, genügten nicht den Anforderungen der Richtlinie. Bspw. seien Mängel in Bezug auf mögliche Ausnahmen von den niedergelegten Rechten festgestellt worden. Deutschland hat nun zwei Monate Zeit auf das Aufforderungsschreiben zu reagieren und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

(KS) Die Europäische Generalstaatsanwältin Laura Kövesi hat im Rahmen einer Debatte im Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments darüber informiert, dass die seit Juni 2021 operierende Europäische Staatsanwaltschaft (EuStA) dringend zusätzliche personelle Ressourcen benötige. Um effektiv arbeiten zu können, so Kövesi, benötige die Behörde mindestens 130 weitere Mitarbeiter, insbesondere Finanzermittler und IT-Spezialisten. Die erste supranationale Ermittlungsbehörde habe bisher insgesamt 350 Ermittlungen eingeleitet. Auch dass weiterhin eine Delegation seitens Slowenien fehle, kritisierte die Generalstaatsanwältin, da dies dazu führe, dass der EU-Haushalt in Slowenien ungeschützt sei. Die vollständige Debatte kann im Multimedia Center des EU-Parlaments verfolgt werden.

Regenbogenfamilien müssen das gleiche Recht auf Familienzusammenführung haben wie heterosexuelle Paare und deren Familien, so die zentrale Forderung des EU-Parlaments in einer zu den Rechten der LGBTIQ in Europa verabschiedeten Entschließung.

(KS) Erreicht werden müsse, dass LGBTIQ-Personen die Grundrechte in allen Mitgliedstaaten uneingeschränkt wahrnehmen können und Diskriminierungen sowie Hindernisse, mit denen die Familien bei der Ausübung des Grundrechts auf Freizügigkeit konfrontiert sind, abgebaut werden, so die Abgeordneten des EU-Parlaments. In ihrem am 14.09.2021 angenommenen Text, fordern sie sowohl die Europäische Kommission wie auch die Mitgliedstaaten auf, hierzu notwendige Maßnahmen zu ergreifen.

So solle die EU-Kommission, neben weiteren Maßnahmen, u. a. Rechtsvorschriften für eine verpflichtende Anerkennung von Geburtsurkunden in allen Mitgliedstaaten unabhängig vom Geschlecht der Eltern vorschlagen, um die Staatenlosigkeit von Kindern im Falle eines Umzugs zu verhindern, sowie solche, die sicherstellen, dass Ehen oder eingetragene Partnerschaften in allen Mitgliedstaaten einheitlich anerkannt werden. Auch die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Ausübung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens ohne Diskriminierung sowie die Freizügigkeit aller Familien uneingeschränkt sicherzustellen, was ebenfalls Maßnahmen zur Erleichterung der Anerkennung des gesetzlichen Geschlechts von Transgender-Eltern umfasse, so die Forderungen der Abgeordneten weiter.

Besonders stark kritisieren die Abgeordneten in diesem Zusammenhang auch die im Rat der Europäischen Union seit Jahren bestehende Blockade des Vorschlag für eine Antidiskriminierungsrichtlinie. Dies, so der Text, sende die Botschaft, dass die EU-Organe vor einer schwerwiegenden Diskriminierung in den Mitgliedstaaten der EU die Augen verschließen und deren Fortbestehen ermögliche.

Soweit der Europäische Gerichtshof entschieden habe, dass der Begriff »Ehegatte« im Sinne der bestehenden Freizügigkeitsrichtlinie auch für gleichgeschlechtliche Partner gilt, seien entsprechende Durchsetzungsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten erforderlich, wobei insbesondere gegen Rumänien Maßnahmen notwendig seien, da das Land dem Urteil auch weiterhin nicht nachkomme. Gleiches gelte im Hinblick auf die Diskriminierung der LGBTIQ-Gemeinschaft in Polen und Ungarn, in deren Fall die EU-Kommission die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen soll, um der eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der grundlegenden Werte der Europäischen Union entgegenzuwirken.

In der nunmehr auf die bereits im August erfolgte Debatte durchgeführten Abstimmung, stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten für die Annahme der Entschließung, wobei jedoch auch eine große Anzahl von Enthaltungen (123) erfolgten.

Die EU-Kommission hatte bereits im November 2020 erstmals eine Strategie zur Gleichstellung von LGBTIQ in der EU vorgelegt und neben der Erweiterung der Liste der »EU-Straftaten« um Hassstraftaten, einschließlich homophober Hetze und Hassdelikte, die Vorlage neuer Vorschriften über die gegenseitige Anerkennung von Elternschaft in grenzüberschreitenden Situationen angekündigt.

(KS) Die EU-Kommission hat am 07.09.2021 weitere Schritte gegen Polen aufgrund der dortigen Justizreform unternommen und beim Europäischen Gerichtshof die Verhängung eines täglichen Zwangsgeld beantragt sowie ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Polen komme weder der am 14.07.2021 erlassenen einstweiligen Anordnung nach, noch seien hinsichtlich des Urteils vom 15.07.2021 die zur Umsetzung erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden, in welchem der Gerichtshof entschieden hatte, dass die Kammer nicht die Voraussetzungen für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von Richter/innen erfülle. Polen habe bisher allein mitgeteilt zu beabsichtigen die Disziplinarkammer aufzulösen, weitere Einzelheiten hierzu aber nicht erklärt.

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