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Newsletter vom 03. Juli 2019

Forschung

© Sächsische Staatskanzlei

Innovationsanzeiger 2019:
Europa überholt die USA, China holt auf, Deutschland europaweit auf Platz 7, Sächsische Regionen stark

Der am 17. Juni 2019 veröffentlichte Europäische Innovationsanzeiger (European Innovation Scoreboard) und der Regionale Innovationsanzeiger (Regional Innovation Scoreboard) der Kommission für 2019 zeigen, dass sich die Innovationsleistung der EU nunmehr vier Jahre in Folge verbessert hat. Zum ersten Mal übertrifft die Innovation in Europa diejenige der Vereinigten Staaten von Amerika. Allerdings verliert die EU nach wie vor Boden gegenüber Japan und Südkorea, während China schnell aufholt. Der Leistungsvorsprung der EU gegenüber Brasilien, Indien, Russland und Südafrika bleibt dagegen weiter groß.

Zur Ermittlung dieser Entwicklungen werden verschiedene Bereiche in den Blick genommen: Personal- und innovationsfreundliches Umfeld; attraktive Forschungssysteme; Finanzen und Unterstützung; Unternehmensinvestitionen; KMU-Innovatoren; Vernetzung; geistiges Eigentum; Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Umsatz.

Innovationsführer unter den EU-Mitgliedstaaten sind demnach Dänemark, Finnland, die Niederlande und Schweden. Sie liegen 20 % oder mehr über dem EU-Durchschnitt. Zu den starken Innovatoren gehört erstmals Estland, außerdem Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland und Irland sowie Luxemburg und das Vereinigte Königreich, die beide in diese Kategorie abgestiegen sind. Diese Gruppe liegt über oder nahe dem EU-Durchschnitt. Deutschland ist dabei Spitzenreiter im Bereich Unternehmensinvestitionen.

Als Mäßige Innovatoren ausgewiesen sind Kroatien, Zypern, Tschechien, Griechenland, Ungarn, Italien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien und Spanien mit einer Innovationsleistung, die unter dem EU-Durchschnitt liegt.

Die Schlusslichter Bulgarien und Rumänien liegen deutlich unter 50 Prozent des EU-Durchschnitts.

Sächsische Regionen stark, aber nicht ganz vorne dabei

Die Leistungsfähigkeit der Innovationssysteme von insgesamt 238 Regionen aus 23 EU-Mitgliedstaaten wurde ebenfalls vergleichend bewertet. Auch sie wurden anhand von 17 Indikatoren von wissenschaftlicher Publikationsleistung über FuE-Investitionen bis zu Patentanmeldungen in die vier Kategorien »Innovationsführer« (38 Regionen), »starke Innovatoren« (73 Regionen), »moderate Innovatoren« (98 Regionen) und »bescheidene Innovatoren« (29 Regionen) unterteilt.

Von den drei sächsischen Regionen schneidet dabei Dresden am besten ab. Die Region gilt als Innovationsführer (unteres Drittel innerhalb dieser Kategorie), das bedeutet ein gutes Abschneiden bei allen Indikatoren, insbesondere bei denjenigen, mit denen die Leistung des Forschungssystems und der Unternehmensinnovationen gemessen wird.

Die Region Leipzig wird als starker Innovator (oberes Drittel in dieser Kategorie) unweit hiervon verortet. Wiederum ohne großen Abstand folgt die Region Chemnitz - die sich vor einigen Jahren selbst noch Innovationsführer nennen durfte - als ebenfalls starker Innovator (unteres Drittel in dieser Kategorie).

Die insgesamt innovativste Region in Europa ist Zϋrich in der Schweiz. Das Land glänzt dabei unter anderem mit herausragenden Ergebnissen im Bereich Lebenslanges Lernen.

Die innovativste Regionen innerhalb der EU sind Helsinki-Uusimaa (Finnland), gefolgt von Stockholm (Schweden) und Hovedstaden (Dänemark). Die innovativsten Regionen in Deutschland sind Berlin, Oberbayern, Karlsruhe, Tübingen, Braunschweig, Stuttgart und Mittelfranken.

Die Region Prag gilt als eine von wenigen „Exzellenznischen“ innerhalb eines insgesamt als mäßigem Innovator ausgewiesenen Landes.

Insgesamt ist innerhalb Europas eine starke Konvergenz mit abnehmenden Leistungsunterschieden zwischen den meisten EU-Regionen, aber zunehmenden Abstand zu den schwächsten Innovatoren festzustellen.

Entwicklung seit 2011:
Leipzig und Dresden holen auf,
Innovationsführer Dresden stagniert auf hohem Niveau

Im Durchschnitt ist die Innovationsleistung der EU seit 2011 um 8,8 Prozent gestiegen. In insgesamt 25 EU-Ländern ist die Innovationsleistung seither gestiegen. Bei dieser mittelfristigen Betrachtung hat die Leistung hat in Litauen, Griechenland, Lettland, Malta, dem Vereinigten Königreich, Estland und den Niederlanden am stärksten zugenommen und in Rumänien und Slowenien am stärksten abgenommen.

Von den untersuchten 238 Regionen haben während dieses achtjährigen Zeitraums 159 ihre Leistung gesteigert, darunter alle Regionen in Österreich, Belgien, Finnland, Italien, Litauen, den Niederlanden, Norwegen, Portugal, Serbien und dem Vereinigten Königreich.

Zu den Regionen mit positiver diesbezüglicher Entwicklung zählen auch die beiden sächsischen Regionen Leipzig und Chemnitz mit jeweils überdurchschnittlicher Zunahme der Innovationsleistung von 11,9 bzw. 10 %.

Für die Region Dresden hingegen ermittelt der Innovationsanzeiger seit 2011 (bei hohem Ausgangsniveau) eine Abnahme der Innovationsleistung um 1,3 %.

Die Leistung sank seither auch in 78 weiteren Regionen, unter anderem in allen Regionen Rumäniens und Sloweniens sowie den meisten Regionen in Bulgarien, Dänemark und der Schweiz. Auch in den meisten übrigen (west-)deutschen Regionen sank die Innovationsleistung während dieses Zeitraums, zum Teil sogar um 10 %.

Es ist zu berücksichtigen, dass die Methodik des Innovationsanzeigers inklusive der an ihr vorgenommenen Änderungen während der letzten Jahre nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Dies wirft zumindest auch einen leichten Schatten auf die Aussagkraft der ermittelten Ergebnisse.

Auf europäischer Ebene soll insbesondere das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont Europa“ ab 2021 dazu beitragen, dass es auch in den kommenden Jahren insgesamt weiter aufwärts geht. Den Staaten und Regionen soll der Anzeiger Hinweise darauf liefern, in welchen Bereichen bereits gute Leistungen erzielt werden und in welchen Bereichen Verbesserungen angestrebt werden sollten.

Finanzen

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Faire Besteuerung

(JB) Am 01. Juli 2019 sind neue EU-Vorschriften in Kraft getreten, die eine schnellere und wirksamere Beilegung von Steuerstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten ermöglichen und so doppelt besteuerten Unternehmen und Einzelpersonen das Leben vereinfachen und Steuersicherheit bieten sollen.

Das seit Langem erwartete neue System soll Mitgliedstaaten helfen, eine Lösung für Steuerstreitigkeiten zu finden, die sich aus der Auslegung und Anwendung internationaler Vereinbarungen und Übereinkommen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung ergeben können. Derzeit sind geschätzte 2000 solcher Streitigkeiten in der EU anhängig, von denen etwa 900 schon länger als zwei Jahre dauern.

Die neue Regelung soll dafür sorgen, dass Streitigkeiten von Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern im Zusammenhang mit Steuerübereinkommen und insbesondere Doppelbesteuerung rascher und wirksam gelöst werden. Diese Streitigkeiten sind problematisch für Unternehmen und Einzelpersonen, weil sie Unsicherheit, unnötige Kosten und Liquiditätsprobleme verursachen. Außerdem sorgt die neue Richtlinie für mehr Transparenz bei Steuerstreitigkeiten in der EU.

Zu Doppelbesteuerung kommt es, wenn zwei oder mehr Länder das Recht auf Besteuerung derselben Einkünfte bzw. Gewinne eines Unternehmens oder einer Person beanspruchen. Ursache dafür können beispielsweise eine Inkongruenz zwischen den nationalen Vorschriften verschiedener Rechtsordnungen oder unterschiedliche Auslegungen derselben Bestimmung eines bilateralen Steuerabkommens sein. Bis gab es nur ein multilaterales Übereinkommen, das es Steuerbehörden ermöglichte, eine Steuerstreitigkeit in einem Schlichtungsverfahren regeln zu lassen, welches jedoch der Steuerpflichtige selbst nicht einleiten konnte. Außerdem waren die Steuerbehörden bisher nicht verpflichtet, eine abschließende Einigung zu erzielen.

Die neue Richtlinie über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten dürfte zu einer besseren Beilegung von Steuerstreitigkeiten beitragen, da die Mitgliedstaaten fortan rechtlich verpflichtet sind, zu einer abschließenden Lösung zu gelangen:

  • Steuerpflichtige, die mit Steuerstreitigkeiten aufgrund bilateraler Steuervereinbarungen oder -übereinkommen konfrontiert sind, welche die Abschaffung der Doppelbesteuerung vorsehen, können nun ein Verständigungsverfahren anstrengen, in dessen Rahmen die betreffenden Mitgliedstaaten versuchen müssen, den Streit binnen zwei Jahren gütlich beizulegen.
  • Ist nach Ablauf dieser zwei Jahre keine Lösung in Sicht, kann der Steuerpflichtige die Einsetzung eines Beratenden Ausschusses beantragen, der eine Stellungnahme abgibt. Tun die Mitgliedstaaten dies nicht, kann der Steuerpflichtige vor einem nationalen Gericht klagen und die Mitgliedstaaten zum Handeln zwingen.
  • Der Beratende Ausschuss setzt sich aus drei unabhängigen Mitgliedern bzw. Vertretern der zuständigen Behörden zusammen, die von den betreffenden Mitgliedstaaten benannt werden. Er muss binnen sechs Monaten eine Stellungnahme abgeben, die von den betroffenen Mitgliedstaaten durchgeführt werden muss, es sei denn, sie einigen sich binnen sechs Monaten nach der Stellungnahme auf eine andere Lösung.
  • Wird die Entscheidung nicht umgesetzt, so kann der Steuerpflichtige, wenn er die abschließende Entscheidung akzeptiert und innerhalb von 60 Tagen ab der Mitteilung dieser Entscheidung auf das Recht auf jegliche innerstaatliche Rechtsbehelfe verzichtet hat, vor den nationalen Gerichten die Durchsetzung der Entscheidung beantragen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, dem Steuerpflichtigen die abschließende Entscheidung mitzuteilen und den gesamten Wortlaut oder eine Zusammenfassung der Entscheidung zu veröffentlichen.

Die neue Richtlinie findet auf alle Beschwerden Anwendung, die ab dem 01. Juli 2019 zu Streitfragen im Zusammenhang mit Einkommen oder Vermögen eingereicht werden, welches in einem Steuerjahr, das am oder nach dem 01. Januar 2018 beginnt, erwirtschaftet wird. Die zuständigen Behörden können auch vereinbaren, die Richtlinie auf Beschwerden anzuwenden, die vor diesem Datum oder in Bezug auf frühere Steuerjahre eingereicht werden.

(Quelle: Europäische Kommission)

Institutionen

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Vorstellung der Europäischen Agenda unter dem finnischen Ratsvorsitz

(Hospitanten Heike Fabisch und Thomas Perl) Die finnische Botschafterin Hanna Lehtinen stellte im Rahmen einer Veranstaltung in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der EU am 26. Juni 2019 die Leitlinien der finnischen Ratspräsidentschaft vor, die am 1. Juli 2019 beginnen wird.

Die Botschafterin informierte darüber, dass die finnische Ratspräsidentschaft unter dem Motto „nachhaltiges Europa – nachhaltige Zukunft“ stehen wird. Eine entsprechende Regierungserklärung des finnischen Ministerpräsidenten wurde ebenso am 26. Juni 2019 veröffentlicht (www.EU2019.fi).

Das Präsidentschaftsprogramm weist vier Prioritäten aus:

 

  • die Stärkung der gemeinsamen Werte und des Rechtsstaatlichkeitsprinzips,
  • eine wettbewerbsfähige und sozial inklusive Union,
  • die Stärkung der EU als Vorkämpfer für den Klimaschutz,
  • und die Gewährleistung umfassender Sicherheit für alle Europäerinnen und Europäer. 

Die Ziele der Ratspräsidentschaft sollen auf die wesentlichsten Fragen konzentriert und pragmatisch angegangen werden. Um eine kontinuierliche Arbeit des Rats zu gewährleisten, führt Finnland im Rahmen der Trio-Präsidentschaft mit dem bisherigen Vorsitzland Rumänien und dem nachfolgenden Vorsitzland Kroatien Abstimmungen durch. Auch mit Deutschland, welches den Vorsitz ab 1. Juli 2020 innehaben wird, werden intensive Gespräche geführt und ein entsprechender Austausch gepflegt.

Die Eckpunkte der Europäischen Einigung - Nachhaltigkeit, Frieden, Sicherheit, Stabilität und Wohlstand Europas - gilt es durch gemeinsames und entschlossenes Handeln zu bewahren.

Für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit will sich Finnland für eine verstärkte Anwendung der Instrumente der Rechtsstaatlichkeit einsetzen. So soll unter anderem die Kopplung der Auszahlung von EU-Finanzmitteln an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien weiter verhandelt werden.

Mit Hinblick auf den zentralen Schwerpunkt Klimaschutz wird sich Finnland  für die Umsetzung der Klimaziele bis 2030 und die Verpflichtung zur Klimaneutralität bis 2050 einsetzen. Ziel ist es, eine Einigung auf die zentralen Elemente bis Ende 2019 zu erreichen.

Zu den weiteren Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) von 2021 - 2027 brachte die Botschafterin ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass bis zum Ende der Ratspräsidentschaft bereits konkrete Zahlen vorliegen. Dies wäre auch zielführend, um Überbrückungsmaßnahmen für 2021 zu vermeiden, was in der anschließenden Podiumsdiskussion zum Ausdruck gebracht wurde.

Hinsichtlich der Gewährleistung der Sicherheit der Europäerinnen und Europäer wird der Schwerpunkt der Arbeit der finnischen Ratspräsidentschaft auf der Verbesserung der Verbrechensbekämpfung insbesondere der Internetkriminalität und der Fragen des Grenzschutzes liegen.

Außenpolitisch steht die kommende Ratspräsidentschaft für eine starke EU. Ziel ist es, die Verhandlungen zu den Eckpunkten einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zum Abschluss zu bringen.

 

Übergangsregeln für die Amtsnachfolge des Kommissionspräsidenten und der Kommissionsmitglieder

(AV) Im Einklang mit der üblichen Praxis hat die Europäische Kommission am 3. Juli 2019 für die Monate bis zur Ernennung der neuen Kommission Übergangsregeln mit praktischen Vorkehrungen für den Kandidaten für das Amt des Präsidenten/gewählten Präsidenten und die designierten Kommissionsmitglieder angenommen. Die Europäische Kommission als Organ ist für einen reibungslosen Übergang zwischen dem derzeitigen und dem nächsten Kommissionskollegium verantwortlich. Diese Regelungen entsprechen denjenigen, die im Jahr 2014 zur Vorbereitung des Amtsantritts der Juncker-Kommission erlassen wurden. In ihnen wird berücksichtigt, dass sowohl der Kandidat für das Amt des Präsidenten/gewählte Präsident als auch die designierten Mitglieder der Kommission bei der Vorbereitung auf die offizielle Aufnahme ihrer Tätigkeit beträchtliche Zeit in Brüssel, Luxemburg und/oder Straßburg verbringen müssen.

Konkret hat der Kandidat für das Amt des Präsidenten/gewählte Präsident nach seiner Nominierung Anspruch auf ein Büro in den Räumlichkeiten der Kommission, auf die erforderliche IT-Ausstattung sowie auf eine begrenzte Anzahl von Mitarbeitern. Das Gleiche gilt für die designierten Kommissionsmitglieder ab dem Zeitpunkt, zu dem der gewählte Präsident erklärt, dass er sie als Kandidaten für dieses Amt akzeptiert.

Sowohl der Kandidat für das Amt des Präsidenten/gewählte Präsident als auch die designierten Kommissionsmitglieder haben ferner Anspruch auf die Unterstützung der Kommissionsdienststellen, einschließlich der Vertretungen der Kommission in den EU-Mitgliedstaaten, in Bezug auf etwaige Reisen. Die Regeln können in ihrem vollständigen Wortlaut hier online abgerufen werden.

Nach dem Ausscheiden von Andrus Ansip und Corina Creţu, die als Abgeordnete ins Europäische Parlament gewechselt sind, hat Kommissionspräsident Juncker beschlossen, die Ressorts vorübergehend auf Vizepräsident Šefčovič und Kommissar Hahn zu übertragen. Andrus Ansip war bisher als Vizepräsident für den digitalen Binnenmarkt tätig, und Corina Creţu war für Regionalpolitik zuständig.

Dies steht im Einklang mit Artikel 17 Absatz 6 des Vertrags über die Europäische Union und mit Artikel 248 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, wonach der Präsident über die Organisation der Europäischen Kommission entscheidet. Am Vormittag des 3. Juli 2019 informierte Präsident Juncker das Europäische Parlament und Ministerpräsident Antti Rinne als derzeitigen Präsidenten des Ratsvorsitzes, Vizepräsident Šefčovič und Kommissar Hahn sowie den Rest des Kollegiums über die sich daraus ergebenden befristeten Arbeitsvereinbarungen.

Justiz

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Neue Vorschriften zum besseren Schutz von Kindern bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten der Eltern

(KS) Zum Ende der rumänischen Ratspräsidentschaft konnte mit der Neufassung der Verordnung über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen, welche der Rat am 25. Juni 2019 mit der erforderlichen Einstimmigkeit förmlich angenommen hat, ein weiteres komplexes und langwieriges Gesetzgebungsverfahren zum Abschluss gebracht werden. Die seit dem 1. März 2005 in allen Mitgliedstaaten (mit Ausnahmen von Dänemark) geltende sog. Brüssel IIa-Verordnung stellt einen Eckpfeiler der justiziellen Zusammenarbeit der Europäischen Union (EU) in grenzüberschreitenden Ehesachen, in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (einschließlich Sorge- und Umgangsrecht) sowie bei internationalen Kindesentführungen, dar. Mit der nunmehr angenommenen Neufassung sollen klarere Regelungen eingeführt werden und somit eine Beschleunigung und Kostensenkung in den Verfahren erreicht werden. Auch soll insbesondere der Schutz für Kinder in Fällen grenzüberschreitender elterlicher Sorgestreitigkeiten verbessert werden. So betreffen die Änderungen hauptsächlich solche Verfahren aus dem Bereich der elterlichen Verantwortung und internationalen Kindesentführungen, indem beispielsweise die Fristen für die verschiedenen Phasen des Kindesrückgabeverfahrens verkürzt und die Anhörung des Kindes gewährleistet werden. Auch wird durch die neuen Regelungen die wirksame Vollstreckung von Entscheidungen in anderen Mitgliedstaaten sichergestellt. So wird u. a. das sog. Exequatur-Verfahren, bei dem es sich um ein separates Verfahren, mit dem eine ausländische Entscheidung von dem Vollstreckungsmitgliedstaat bisher zunächst förmlich anerkannt werden musste, bevor sich das eigentliche Verfahren zur Vollstreckung anschließen konnte, abgeschafft. Weitere Vereinfachungen betreffen die Akzeptanz einer gerichtlichen Zuständigkeit während eines laufenden Verfahrens, Gerichtsstandsvereinbarungen sowie Aspekte von Unterbringungen und weitere Probleme im Zusammenhang mit internationaler Kindesentführung.

Die Neufassung unterlag dem besonderen Gesetzgebungsverfahren des Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Zur Gesetzgebung musste daher im Rat die nun erzielte Einstimmigkeit vorliegen, während dem Europäischen Parlament (EP) lediglich ein Anhörungsrecht zustand. Das EP hatte seine Stellungnahme am 14. März 2019 abgegeben. Die Verordnung muss nun im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und tritt am 20. Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Die neuen Regelungen gelten (bis auf wenige Ausnahmen) sodann ab dem ersten Tag desjenigen Monats, der auf den Ablauf von drei Jahren ab dem Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt folgt.

Quelle: Pressemitteilung des Europäischen Rates vom 25. Juni 2019

EuGH urteilt zur Richterlichen Unabhängigkeit in Polen

(KS) Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat am 24. Juni 2019 entschieden, dass das polnische Gesetz zur Herabsetzung des Ruhestandsalters für Richter des Obersten Gerichts, welches Teil der polnischen Justizreform ist, gegen Europarecht verstößt.

Das am 03. April 2018 in Kraft getretene Gesetz setzt das Ruhestandsalter der im Amt befindlichen  Richter des Obersten Gerichts von 70 auf 65 Jahre herab. Das Gesetz räumt weiterhin die alleine Entscheidungsbefugnis, über eine beantragte Verlängerung der  Amtszeit über das 65. Lebensjahr hinaus, dem polnischen Präsidenten ein. Die Entscheidung des Präsidenten steht danach allein in seinem Ermessen, unterliegt keinen objektiven Kriterien und kann insbesondere nicht mittels eines Rechtsbehelfs angegriffen werden.

Dem Urteil lag eine von der Kommission gegen Polen eingereichte Vertragsverletzungsklage vom 02. Oktober 2019 gemäß Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zugrunde. Die Kommission war der Auffassung, dass das Gesetz gegen das Rechtsstaatsprinzip aus Artikel 19 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) sowie gegen Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU Grundrechtecharta) verstößt.

Das Gericht stimmte dem zu. Zwar falle die Organisation der Justiz in die Kompetenz der Mitgliedstaaten, jedoch müssten die Mitgliedstaaten sich an die sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen halten und somit auch den in Art. 19 Abs. 1 Unterabsatz 2 EUV geforderten wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz in den von dem Unionsrecht erfassten Bereichen durch ihre Gerichte gewährleisten. Um diesen geforderten gerichtlichen Rechtsschutz zu bieten, sei daher die Unabhängigkeit der Gerichte erforderlich. Der EuGH stellt weiterhin fest, dass für diese Unabhängigkeit bestimmte Garantien, wie etwa die der Unabsetzbarkeit, notwendig seien. Für Richter bedeute dies, dass diese bis zum obligatorischen Ruhestandsalter oder Ablauf ihrer (von vornherein) befristeten Amtszeit im Amt bleiben müssten. Ausnahmen seien lediglich durch zwingende Gründe gerechtfertigt und müssten verhältnismäßig sein. Da die Gesetzesreform auf im Amt befindliche Richter anwendbar ist, genüge das Gesetz diesen Anforderungen nicht.

Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 24. Juni 2019

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