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Newsletter vom 22. Juli 2020

Newsletter macht Pause

Liebe Leserinnen und Leser,

in Brüssel hat die alljährliche Sommerpause begonnen. Deshalb geht auch der Newsletter »Woche in Brüssel« in eine Pause und wird Sie Anfang September wieder mit den Neuigkeiten aus der Europäischen Union versorgen. Wir wünschen Ihnen eine erholsame Zeit und einen schönen Sommer.

Ihr Team des Sachsen-Verbindungsbüros Brüssel

Einigung im Europäischen Rat, Faire und einfache Besteuerung, Finanzhilfen und ReactEU

© Sächsische Staatskanzlei

Der erste Schritt ist getan!

(JB) Endlich nach vier Tagen äußerst schwieriger Verhandlungen und teils erbitterter Diskussionen gelang den 27 EU-Staats- und Regierungschefs am 21. Juli 2020 die Einigung auf ein »historisches« Finanzpaket zur Bewältigung der Corona-Pandemie und für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 - 2027 (MFR). Die Einzelheiten dazu wurden in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates festgelegt.

Das Gesamtvolumen liegt bei 1,8 Billionen Euro, wovon rund 1.074 Mrd. Euro für den Mehrjährigen Finanzrahmen zur Verfügung stehen und 750 Mrd. Euro in das Wiederaufbauprogramm »Next Generation EU« gegen die Auswirkungen der Corona-Krise fließen. Die 750 Mrd. Euro teilen sich wiederum auf in 390 Mrd. Euro nicht-rückzahlbarer Zuschüsse und 360 Mrd. Euro an Krediten auf. Damit die Beiträge der Mitgliedstaaten nicht zu stark ansteigen, soll zur Finanzierung dessen in einem ersten Schritt eine Abgabe auf nicht-verwertetes Plastik ab 2021 als neues Eigenmittel eingeführt werden.

Besonders wichtig für Sachsen sind das »Sicherheitsnetz« für die Übergangsregionen (Dresden, Chemnitz) von mind. 65 Prozent der Förderung 2014 – 2020 sowie die Sonderzahlungen an Deutschland im Bereich der Landwirtschaft (Entwicklung des ländlichen Raums) und Kohäsion von jeweils 650 Mio. Euro.

Die Einigung beim Europäischen Rat war jedoch nur der erste Schritt auf dem langen Weg zur Annahme des Haushalts und des Wiederaufbaufonds. Als nächstes muss das Europäische Parlament darüber abstimmen (voraussichtlich September-Plenum, 14. - 17. September 2020). Dabei gilt es nicht als sicher, dass die Abgeordneten, die sich über Parteigrenzen hinweg zuletzt sehr kritisch über die Verhandlungen geäußert hatten, ihre Zustimmung geben.

Parlamentspräsident David Sassoli erinnerte die Staats- und Regierungschefs zu Beginn des Gipfels an das Vetorecht des Europäischen Parlaments und sagte, dass es seine Zustimmung verweigern werde, wenn die wichtigsten Bedingungen nicht ausreichend erfüllt seien. Es könnte somit sein, dass das Europäische Parlament die Zustimmung an Bedingungen knüpft, die vom Rat der Europäischen Union dann noch einmal aufgenommen bzw. berücksichtigt werden müssten. Außerdem müssen noch die 27 nationalen Parlamente ihre Zustimmung zur Anhebung der Eigenmittelobergrenze erteilen.

Das Europäische Parlament will so rasch wie möglich seine Position festlegen und unterbricht dazu seine Sommerpause, um am 23. Juli 2020 in einer Sondersitzung die Einigung im Europäischen Rat zu erörtern.

Neues Paket für eine faire und einfache Besteuerung

(JB) Am 15. Juli 2020 hat die Europäische Kommission eine Mitteilung, einen Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung sowie einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie für die Verwaltungszusammenarbeit (DAC7) veröffentlicht.

Die Europäische Kommission will mit diesem Paket sicherstellen, dass die Steuerpolitik der Europäischen Union die wirtschaftliche Erholung und das langfristige Wachstum in Europa unterstützt. Die Maßnahmen des Pakets beruhen auf den Grundsätzen Fairness und Einfachheit. So soll damit die Steuergerechtigkeit gefördert werden, indem die Bekämpfung von Steuermissbrauch, die Eindämmung des unlauteren Steuerwettbewerbs und die Erhöhung der Steuertransparenz intensiviert werden. Gleichzeitig sollen Steuervorschriften und -verfahren vereinfacht werden, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen in der gesamten Europäischen Union zu verbessern. Dazu gehört auch die Beseitigung steuerlicher Hindernisse und des Verwaltungsaufwands für die Steuerzahler in vielen Sektoren.

Das jetzt vorgelegte Steuerpaket besteht aus drei getrennten, aber miteinander zusammenhängenden Initiativen:

  • Der Aktionsplan enthält 25 verschiedene Maßnahmen, um die Besteuerung in den kommenden Jahren einfacher und gerechter zu gestalten sowie besser auf die moderne Wirtschaft abzustimmen. Die vorgesehenen Maßnahmen sollen Hindernisse in jedem Schritt von der Registrierung bis hin zur Steuererklärung, Zahlung, Überprüfung und Streitbeilegung abbauen. Der Aktionsplan soll den Mitgliedstaaten dabei helfen, das Potenzial von Daten und neuen Technologien auszuschöpfen, Steuerbetrug besser zu bekämpfen, die Einhaltung der Vorschriften zu verbessern und den Verwaltungsaufwand zu verringern.
  • Mit dem Vorschlag über die Verwaltungszusammenarbeit (DAC 7) sollen die EU-Steuertransparenzvorschriften auf digitale Plattformen ausgeweitet werden, so dass auch diejenigen, die durch den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen auf Plattformen Geld erwirtschaften, einen gerechten Anteil am Steueraufkommen leisten. Mit dem neuen Vorschlag soll sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten automatisch Informationen über die von Verkäufern auf Online-Plattformen erzielten Einnahmen austauschen. Der Vorschlag konsolidiert und präzisiert auch die Vorschriften in anderen Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um Steuermissbrauch zu bekämpfen, beispielsweise durch gemeinsame Steuerprüfungen.
  • In der Mitteilung über verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich liegt der Schwerpunkt auf der Förderung einer fairen Besteuerung und der Bekämpfung unlauteren Steuerwettbewerbs in der Europäischen Union und auf internationaler Ebene. Zu diesem Zweck schlägt die Europäische Kommission eine Reform des Verhaltenskodexes vor, der den Steuerwettbewerb regelt und schädliche Steuerpraktiken in der Europäischen Union bekämpft. Ferner wird eine Aktualisierung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete vorgeschlagen, in der Drittländer aufgeführt werden, die sich weigern, international vereinbarte Standards einzuhalten. Außerdem wird das Konzept der Europäischen Union für die steuerliche Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern im Einklang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung skizziert.

Das Steuerpaket ist der erste Teil einer umfassenden steuerpolitischen Agenda der Europäischen Union für die kommenden Jahre. Dazu wird auch an einem neuen Konzept für die Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert gearbeitet, um die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft anzugehen und sicherzustellen, dass sich alle multinationalen Konzerne in gerechter Weise am Steueraufkommen beteiligen. Im Rahmen des Grünen Deals will die Europäische Kommission Vorschläge unterbreiten, wie auch die Steuerpolitik der Europäischen Union einen Beitrag leisten kann, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Dieser vielschichtige Ansatz zur Reform der Besteuerung in der EU zielt darauf ab, die Besteuerung gerechter und umweltfreundlicher zu gestalten und besser auf die moderne Wirtschaft abzustimmen und so zu langfristigem, nachhaltigem und integrativem Wachstum beizutragen.

(Quelle: Europäische Kommission)

Keine Finanzhilfen für Steueroasen

(JB) Am 14. Juli 2020 hat die Europäische Kommission eine Empfehlung an die EU-Mitgliedstaaten herausgegeben, damit Unternehmen mit Verbindungen zu Steueroasen keine finanzielle Unterstützung erhalten.

Vor dem Hintergrund einer beispiellosen Situation, in der Unternehmen wegen der Corona-Pandemie in außergewöhnlichem Umfang staatliche Beihilfen erhalten, will die Europäische Kommission mit ihrer Empfehlung den Mitgliedstaaten Orientierungshilfen an die Hand geben, wie sie im Einklang mit EU-Recht verhindern können, dass öffentliche Unterstützung im Rahmen von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung, Steuervermeidung, Geldwäsche oder zur Terrorismusfinanzierung verwendet wird. Insbesondere sollten Unternehmen, die Verbindungen zu Ländern beziehungsweise Gebieten haben, die in der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete aufgeführt sind (z. B. Unternehmen, die in einem solchen Land beziehungsweise Gebiet steuerlich ansässig sind), keine öffentliche Unterstützung erhalten.

Die Europäische Kommission schlägt vor, dass Mitgliedstaaten, die solche Bestimmungen in ihre nationalen Rechtsvorschriften aufnehmen wollen, die Gewährung finanzieller Unterstützung von einer Reihe von Voraussetzungen abhängig machen sollten. Die EU-Liste nichtkooperativer Länder und Gebiete bildet eine sehr gute Grundlage für die Anwendung solcher Beschränkungen, da die Mitgliedstaaten mit ihrer Hilfe kohärent handeln können und Alleingänge, die möglicherweise gegen EU-Recht verstoßen, vermieden werden. Darüber hinaus bringt es mehr Klarheit und Sicherheit für die Unternehmen mit sich, wenn die Umsetzung der Beschränkungen auf Basis dieser Liste erfolgt. Gleichzeitig ist die Europäische Kommission bereit, mit den Mitgliedstaaten die konkreten Pläne zu erörtern, anhand deren sie sicherstellen wollen, dass die Gewährung staatlicher Beihilfen, insbesondere in Form von Rekapitalisierungen, auf Unternehmen beschränkt wird, die einen angemessenen Steueranteil zahlen.

Die Europäische Kommission empfiehlt auch Ausnahmen von diesen Beschränkungen. Um den Schutz ehrlicher Steuerzahler zu gewährleisten, sollten für diese Ausnahmen strenge Voraussetzungen gelten. Selbst wenn ein Unternehmen Verbindungen zu Ländern bzw. Gebieten hat, die in der EU-Liste nichtkooperativer Länder und Gebiete aufgeführt sind, sollte es unter bestimmten Umständen finanzielle Unterstützung erhalten können. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn das Unternehmen nachweisen kann, dass es in dem jeweiligen Mitgliedstaat während eines bestimmten Zeitraums(z. B. in den letzten drei Jahren) einen angemessenen Steuerbetrag entrichtet hat, oder wenn es eine echte wirtschaftliche Präsenz in dem auf der Liste aufgeführten Land beziehungsweise Gebiet hat. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, geeignete Sanktionen einzuführen, um Antragsteller davon abzuhalten, falsche oder ungenaue Angaben zu machen. Zudem sollten die Mitgliedstaaten in Bezug auf den Nachweis, dass keine Verbindung zu einem Land bzw. einem Gebiet auf der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete besteht, angemessene Anforderungen an die Unternehmen stellen.

In der Empfehlung werden Grundsätze zur diesbezüglichen Unterstützung der Mitgliedstaaten vorgeschlagen. Und schließlich sollten die Mitgliedstaaten die Europäische Kommission im Einklang mit den EU-Grundsätzen des verantwortungsvollen Handelns über die Maßnahmen unterrichten, die sie ergreifen werden, um der Empfehlung nachzukommen. Die Europäische Kommission wird innerhalb von drei Jahren einen Bericht über die Auswirkungen dieser Empfehlung veröffentlichen.

(Quelle: Europäische Kommission)

Europäischer Rechnungshof bewertet ReactEU

(JB) In seiner Stellungnahme vom 14. Juli 2020 bewertete der Europäische Rechnungshof den Vorschlag der Europäischen Kommission zu ReactEU und verwies dabei insbesondere auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Ziel des Vorschlags, die zusätzlichen finanziellen Mittel so rasch wie möglich bereitzustellen, und der Zielsetzung, die Mittel dort zur Verfügung zu stellen, wo sie am dringendsten benötigt werden und die größte Wirkung entfalten. Die Prüfer heben außerdem warnend hervor, dass in dem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Krisenreaktionsmechanismus Bestimmungen fehlen, die der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung beim Einsatz von EU-Mitteln förderlich sind.

Der Europäische Rechnungshof würdigt, dass die Europäische Kommission vorgeschlagen hat, die ReactEU-Finanzmittel im Rahmen der in den Mitgliedstaaten bestehenden Strukturen für die ESI-Fonds zu verwalten, ein ihrer Ansicht nach »sinnvoller, pragmatischer Gedanke«. Der Vorschlag lässt den Mitgliedstaaten jedoch hinsichtlich der Verwendung der zusätzlichen Mittel freie Hand und enthält keine Einzelheiten dazu, wie sie mit anderen EU-Instrumenten und nationalen Regelungen koordiniert werden sollen. Dadurch entsteht die Gefahr, dass die EU-Unterstützung fragmentiert oder dupliziert wird. Außerdem müssten die Mitgliedstaaten die zusätzlichen Mittel bis 2022 binden (d. h. für spezielle Zwecke vorsehen), wodurch sie im Hinblick auf ihre Fähigkeit, sie ordnungsgemäß und sinnvoll auszugeben, zusätzlich unter Druck gerieten. Infolgedessen bestünde die Gefahr übereilter Ausgaben, bei denen der Ausschöpfung der Mittel Vorrang vor deren optimaler Verwendung gegeben würde, weil ungenutzte Mittel verfallen (»use it or lose it«), und auch das Risiko von Unregelmäßigkeiten sowie Betrug wäre höher. Ein solches Risiko ergäbe sich insbesondere für die Mitgliedstaaten, die wahrscheinlich am härtesten von der Pandemie getroffen werden und niedrigere Ausschöpfungsquoten verzeichnen. Schließlich unterstreichen die Prüfer, dass die neue Methode zur Zuweisung der Mittel an die Mitgliedstaaten durch deren zu niedrig angesetzte Arbeitslosenzahlen verzerrt werden könnte.

Mit den vorgeschlagenen Änderungen in der Verordnung der Allgemeinen Bestimmungen für die Strukturfonds für einen »Krisenreaktionsmechanismus« soll die Fähigkeit der Europäischen Union, auf außergewöhnliche Umstände zu reagieren, gestärkt werden. Sie würde aber für jede Situation gelten, die der Rat der Europäischen Union als Krise einstuft, und die Europäische Kommission in die Lage versetzen, vorübergehend im Wege von »Durchführungsbeschlüssen« schneller zu reagieren. Die Europäische Kommission führt in ihrem Vorschlag jedoch nicht an, wann ihre vorübergehende Ermächtigung enden würde. Zudem fehlen Angaben zu einer Reihe von Aspekten, die die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung betreffen, etwa zur Minderung des Risikos von »Mitnahmeeffekten« (Finanzierung von Projekten, die ohnehin durchgeführt worden wären) bei der nachträglichen Genehmigung von Projekten. Daher wird die Europäische Kommission möglicherweise nicht umhinkommen, später noch weitere Vorschriften in Bezug auf Krisensituationen vorzusehen, wenn derartige Situationen eintreten. Positiv wird angemerkt, dass der Vorschlag verbesserte Bestimmungen hinsichtlich der Verfolgung von Nothilfemitteln (Stichwort: Transparenz) vorsieht.

(Quelle: Europäischer Rechnungshof)

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