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Newsletter vom 23. Oktober 2019

Bildung

© Sächsische Staatskanzlei

Mehrsprachigkeit in grenzüberschreitender Zusammenarbeit

(BG) Immer noch sind fehlende Sprachkenntnisse das größte Hindernis, um in Europa grenzüberschreitend zu kooperieren. Mehr als ein Drittel der EU-Bürger lebt und arbeitet in Europas Grenzregionen, weshalb es gerade dort unerlässlich ist, die Sprache der Nachbarn zu erlernen. Anders als im konventionellen Sprachunterricht ist es häufig nicht notwendig, künstlich Sprachanlässe zu schaffen. Sie finden sich quasi vor der Haustür. Kitas arbeiten genauso zusammen wie Schulen und Institutionen der beruflichen Bildung.

Während der Europäischen Woche der Regionen und Städte vom 07.-11. Oktober 2019 wurden mehrere Seminare und Werkstätten zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit angeboten. Im Seminar »Ein Fall für Mehrsprachigkeit und kulturelle Kooperation« wurden bewährte Praktiken zum Erlernen der Nachbarsprachen vorgestellt. Neben dem »Weltenbummler«, einem deutsch-französischen Online-Spiel, das zukünftig auch in anderen Regionen Verwendung finden könnte, weil die Entwicklung mit europäischen Mitteln finanziert wurde und die Codierung demnächst frei verfügbar sein wird, stellte Dr. Regina Gellrich im Beisein des Görlitzer Landrats Bernd Lange die Sächsische Landesstelle für frühe nachbarsprachige Bildung vor. »Mit Biedronka, Maus und Žába spielend auf dem Weg zur Nachbarsprache von Anfang an in Sachsens Grenzregionen«.

Die sächsische Landesstelle arbeitet seit 2014 im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus für Kitas im gesamten sächsisch-polnischen und sächsisch-tschechischen Grenzraum. Sie informiert, berät und unterstützt die Kitas und beteiligt sich an der Qualifizierung des Personals. So werden in Zusammenarbeit mit der Landesstelle u. a. Spiel- und Lernmaterialien entwickelt und zur Ausleihe zur Verfügung gestellt. Besondere Beachtung fand die von Regina Gellrich vorgestellte Weiterentwicklung der Projekte.

Während lange Zeit der sächsische Blick im Vordergrund stand, ermöglichte ein Interreg-Projekt die intensivere Zusammenarbeit mit den polnischen Nachbarn. So hätten sich die Erzieherinnen und Erzieher dank des Projekts gemeinsam fortgebildet und gemeinsam Materialien entwickelt. Für die Zuhörer war dies so interessant, dass im Anschluss an die Veranstaltung eine Vertreterin der Europäischen Kommission darum bat, dass Regina Gellrich doch bei einer geplanten Peer-Learning-Aktivität im Dezember 2019 online als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehen möge.

Der gute Ruf Sachsens im Bereich der Mehrsprachigkeit wurde ebenfalls vom Referatsleiter für Bildung und Mehrsprachigkeit der Europäischen Kommission, Michael Teutsch, bestätigt. Dieser betonte auf einer Sitzung des Bildungsausschusses des Europäischen Parlaments anlässlich des Europäischen Tages der Sprachen am 26. September 2019 insbesondere im Dreiländereck bewährte Praktiken für das Erlernen der Sprache des Nachbarn angetroffen zu haben.

Bei einer weiteren Veranstaltung in der Vertretung des Landes Brandenburg stellte sich die Doppelstadt Frankfurt an der Oder/Slubice vor. Auch hier wurden Beispiele aus dem Kita-Bereich, von Grundschulen oder aus der beruflichen Bildung vorgestellt. Bedauert wurde, dass es im Gegensatz zur Frankreich-Strategie des Saarlandes noch kein durchgängiges Konzept für das Erlernen der Nachbarsprache gebe, sodass die Anschlussfähigkeit nicht durchgängig gegeben sei.

Finanzen

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Verhandlungen über das künftige EU-Budget 2021 – 2027 kommen nicht voran

(JB) Obwohl die Zeit langsam knapp wird, schaffte es der Europäische Rat am 17./18. Oktober 2019 nicht, sich substantiell über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021 - 2027 auszutauschen. Nach wie vor bestehen große Unterschiede zwischen den Positionen der Mitgliedstaaten. Daher sind auch die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates sehr allgemein gehalten.

So beharren Staaten wie Deutschland, Österreich und die Niederlande weiterhin darauf, das Volumen des Haushalts auf 1,0 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung zu begrenzen. Dagegen fordern neben dem Europäischen Parlament (1,3 Prozent) insbesondere die ost- und südeuropäischen Länder eine Anhebung des von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Haushaltsvolumens von 1,14 Prozent. Darüber hinaus gibt es heftigen Streit unter den Mitgliedstaaten über die künftige Verwendung der Haushaltsmittel (z. B. keine Kürzungen bei der Kohäsions- und Agrarpolitik). Aber auch die schrittweise Abschaffung der Rabatte sowie die Verknüpfung mit der Einhaltung rechtstaatlicher Grundsätze sind besonders umstritten.

Es bleibt also zu hoffen, dass bis zum nächsten Europäischen Rat am 12./13. Dezember 2019 der Brexit – in welcher Form auch immer – soweit geklärt ist, dass die finnische Ratspräsidentschaft tragfähige Zahlen vorlegen kann, mit denen zum einen gerechnet und zum anderen dann auch substantiell verhandelt werden kann.

Europäisches Parlament fordert mehr Investitionen im EU-Haushalt für 2020 in den Klimaschutz

(JB) Am 23. Oktober 2019 haben die Abgeordneten ihren Standpunkt zum EU-Haushalt 2020 festgelegt. Er soll »einen soliden Ausgangspunkt für den Start einer neuen Generation von Programmen« der Europäischen Union bieten.

Das Europäische Parlament betont in seiner Entschließung, dass der EU-Haushalt 2020 für die Europäische Union die letzte Möglichkeit bietet, der Erfüllung ihrer für diesen Zeitraum festgelegten politischen Verpflichtungen näher zu kommen, unter anderem der Verwirklichung des Klimaziels der Europäischen Union. Er sollte den Weg für den neuen langfristigen EU-Haushalt 2021 – 2027, den sogenannten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), ebnen.

Die Abgeordneten haben den Haushaltsentwurf der Europäischen Kommission um insgesamt mehr als 2 Mrd. Euro beim Klimaschutz aufgestockt. Darüber hinaus haben sie die Mittel für die Jugendbeschäftigungsinitiative (YEI) und die Erasmus+-Programme erhöht und zusätzliche Unterstützung, im Einklang mit den Prioritäten des Europäischen Parlaments, in Bereichen wie kleine und mittlere Unternehmen, Forschung, Digitalisierung, Migration und Außenpolitik, einschließlich Entwicklung und humanitäre Hilfe, beschlossen.

Das Europäische Parlament hat für einen Haushalt in Höhe von fast 171 Mrd. Euro an Verpflichtungsermächtigungen (d. h., was die Europäische Union im Jahr 2020 oder in den Folgejahren investiert, da Projekte und Programme über mehrere Jahre laufen) gestimmt, was einer Erhöhung von rund 2,7 Mrd. Euro gegenüber dem Haushaltsentwurf der Europäischen Kommission entspricht. Die Zahlungsermächtigungen (d. h. die Mittel, die im Jahr 2020 konkret ausgegeben werden) hat das Europäische Parlament auf 159,1 Mrd. Euro festgelegt.

Noch am gleichen Tag wies der Rat der Europäischen Union einen Teil der Forderungen des Europäischen Parlaments zurück, hob aber gleichzeitig mit Blick auf die anstehenden Vermittlungsgespräche auf die Gemeinsamkeiten in den jeweiligen Haushaltspositionen, wie z. B. Schaffung von Arbeitsplätzen oder Klimaschutz, hin. Die am 3. September 2019 festgelegte Ratsposition verringerte die Verpflichtungsermächtigungen auf 166,8 Mrd. Euro und die Zahlungsermächtigungen auf 153,1 Mrd. Euro.

Die Europäische Kommission hatte in ihrem Haushaltsentwurf für 2020 die Verpflichtungen mit 168,3 Mrd. Euro und die Zahlungen mit 153,6 Mrd. Euro beziffert.

Aufgrund der Ablehnung des Standpunktes des Europäischen Parlaments beginnt am 29. Oktober 2019 die dreiwöchige Vermittlungsphase. Sollte es bis zum 18. November 2019 keine Einigung zwischen dem Rat der Europäischen Union und Europäischen Parlament geben, muss die Europäische Kommission einen neuen Haushaltsentwurf vorlegen.

Justiz

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Rat der Europäischen Union verabschiedet »Whistleblower«-Richtlinie

(KS) Der Rat der Europäischen Union hat die Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern förmlich angenommen, so dass diese nunmehr unterzeichnet und im Amtsblatt veröffentlicht werden kann. Die neuen Regeln garantieren Hinweisgebern, sogenannten Whistleblowern, künftig EU-weit einheitliche Standards für ihren Schutz. Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern werden zukünftig verpflichtet, sichere Kanäle für die Meldung von Missständen einzurichten, so dass Hinweisgeber etwaige Verstöße gegen das EU-Recht möglichst gefahrlos melden können.

So werden u. a. Schutzvorkehrungen eingeführt, um Hinweisgeber vor Repressalien wie etwa einer Suspendierung, Herabstufung oder Einschüchterung, zu schützen. Die Richtlinie enthält zudem eine Liste unterstützender Maßnahmen, zu denen Hinweisgeber Zugang haben müssen. Behörden und Unternehmen müssen sodann innerhalb von drei Monaten auf Meldungen von Missständen reagieren und diese weiterverfolgen.

Darüber hinaus werden nationale Behörden verpflichtet, die Öffentlichkeit zu informieren sowie öffentliche Stellen im Umgang mit Hinweisgebern zu schulen. Bereits im März hatten sich das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission auf einen Kompromisstext geeinigt. Die Mitgliedstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen. Die neuen Regeln decken ein breites Spektrum an EU-Rechtsbereichen ab, unter anderem die öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche, Produkt- und Verkehrssicherheit, nukleare Sicherheit, die öffentliche Gesundheit sowie den Verbraucher- und Datenschutz.
(Quelle: Pressemitteilung des Rates der Europäischen Union)

Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn verschärft

(KS) Die Europäische Kommission hat beschlossen, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn zu verschärfen. Bereits im Juli 2018 hatte sie vor dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Klage gegen Ungarn betreffend der Inhaftnahme von Asylbewerbern in den ungarischen Transitzonen erhoben, die weiterhin anhängig ist.

Grund für die nun erfolgte Verschärfung ist die unterlassene Nahrungsmittelbereitstellung für abgelehnte Asylbewerber. Es geht dabei um in den ungarischen Transitzonen an der Grenze zu Serbien festgehaltene Menschen, deren Anträge auf internationalen Schutz abgelehnt wurden und die in ein Drittland rückgeführt werden sollen.

Nach Ansicht der Europäischen Kommission gelten die zur Rückkehr verpflichteten Personen, die gezwungen sind, in den ungarischen Transitzonen zu bleiben, als de facto inhaftiert im Sinne der EU-Rückführungsrichtlinie. Die Europäische Kommission sieht daher in der Unterlassung der Bereitstellung von Nahrungsmitteln einen Verstoß gegen Artikel 16 der Rückführungsrichtlinie sowie gegen Artikel 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

Bereits am 26. Juli 2019 übermittelte die Europäische Kommission diesbezüglich ein Aufforderungsschreiben, dessen Beantwortung die Bedenken jedoch nicht ausräumen konnte bzw. diese nicht berücksichtigte. Aufgrund der Dringlichkeit der Lage, hat die Europäische Kommission nun eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelt und fordert die ungarischen Behörden dazu auf, innerhalb der Stellungnahmefrist von einem Monat die Einhaltung der einschlägigen EU-Vorschriften herbeizuführen. Andernfalls kann die Europäische Kommission beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage einreichen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits mehrfach einstweilige Anordnungen erlassen, mit denen Ungarn verpflichtet wird, Lebensmittel für Personen bereitzustellen, die in den Transitzonen festgehalten werden.
(Quelle: Pressemitteilung der Europäischen Kommission)

Europäische Kommission verklagt Polen wegen Unabhängigkeit der Justiz vor dem Europäischen Gerichtshof

(KS) Die Europäische Kommission hat beschlossen, wegen der neuen in Polen geltenden Disziplinarregelung für Richter Klage beim Europäischen Gerichtshof zu erheben. Das am 3. April 2019 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren hatte die Europäische Kommission damit begründet, dass die neue Disziplinarregelung die richterliche Unabhängigkeit der polnischen Richter beeinträchtige und nicht die vom Gerichtshof der Europäischen Union geforderten notwendigen Garantien für den Schutz der Richter vor politischer Kontrolle biete.

Nach dem polnischem Recht können Richter an ordentlichen Gerichten wegen des Inhalts ihrer richterlichen Entscheidungen disziplinarrechtlich verfolgt werden. Dies beinhaltet auch das Recht, den Gerichtshof der Europäischen Union, gemäß Artikel 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), um Vorabentscheidungen zu ersuchen. Auch werde nach dem neuen Recht die Disziplinarkammer des Obersten Gerichts nunmehr ausschließlich mit Richtern besetzt, die vom Landesrat für Gerichtswesen, einem vom polnischen Parlament nach politischen Kriterien ernannten Gremium, bestimmt wurden.

Der Präsident der Disziplinarkammer sei darüber hinaus ermächtigt, für ein konkretes Verfahren gegen einen ordentlichen Richter das Disziplinargericht erster Instanz ad hoc und nach fast freiem Ermessen zu bestimmen. Ebenso sei nicht mehr gewährleistet, dass Disziplinarsachen innerhalb einer angemessenen Frist bearbeitet werden. Der Justizminister verfüge vielmehr über die Möglichkeit, über von ihm ernannte Disziplinarbeamte anhängige Verfahren nach Belieben in die Länge zu ziehen.

Schließlich beeinträchtige die neue Regelung die Verteidigungsrechte der Richter. Richter seien somit vor einer politischen Kontrolle nicht geschützt. Nach Ansicht der Europäischen Kommission habe die Antwort der polnischen Behörden auf das Aufforderungsschreiben vom 3. April 2019 die rechtlichen Bedenken nicht entschärft. In der nächsten Verfahrensstufe richtete die Europäische Kommission daher eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Polen, in deren Erwiderung es Polen ebenfalls nicht gelungen ist, die Bedenken der Europäischen Kommission auszuräumen.

Wegen der potenziellen Auswirkungen der Disziplinarregelung auf die richterliche Unabhängigkeit hat die Europäische Kommission beschlossen, ein beschleunigtes Verfahren zu beantragen. Sie folgt damit ihrem in der Mitteilung vom 17. Juli 2019 zur Rechtsstaatlichkeit aufgestellten strategischen Ansatz.
(Quelle: Pressemitteilung der Europäischen Kommission)

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